<> = Datenbanken der deutschen Geheimdienste = == Verfassungsschutz und Nachrichtendienste == Die Geheimdienste heißen in Deutschland euphemistisch Nachrichtendienste bzw. Verfassungsschutz. Der Bundesnachrichtendienst ist dabei für die Auslandsspionage zuständig (zumindestens ursprünglich; nach 9/11 ist das ein wenig aufgeweicht worden). Der Verfassungsschutz ist für die Inlandsspionage, d.h. offiziell ist er für die Beobachtung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen zuständig. Auf Grund des Föderalismus gibt es in der BRD neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit Sitz in Köln, in jedem [[Datenbanken auf Länderebene|Bundesland]] auch ein eigenenes Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) bzw. analoge Behörden. <> == Rechtslage == === Gesetze === * [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/|Verfassungsschutzgesetz]] -- Gesetz für das Bundesamt für Verfassungsschutz * [[http://www.gesetze-im-internet.de/g10_2001/index.html|G10 Gesetz]] -- regelt die Eingriffsrechte zum Briefe öffnen und Abhören * [[http://www.gesetze-im-internet.de/bndg/index.html|BND-Gesetz]] -- Gesetz für den Bundesnachrichtendienst * [[http://www.gesetze-im-internet.de/madg/index.html|MAD-Gesetz]] -- Gesetz für den Militärischen Abschirmdienst * [[Datenbanken auf Länderebene| Verfassungsschutzgesetze der Länder]] === Rechtliches zum Verhältnis Bund und Länder beim VS === Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf nur im [[Benehmen]] mit dem Landesamt für Verfassungsschutzes des Wohnortes des Betroffenen Daten sammelt, andere Ländesämter nur im Einvernehmen. Das [[Benehmen]] herstellen ist dabei nur eine juristische Floskel, wogegen das Einvernehmen klare Begrenzungen für andere Landesbehörden auferlegt. Dieses ist genau geregelt im [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/|Verfassungsschutzgesetz]] und in den jeweiligen Verfassungsschutzgesetzen der [[Datenbanken auf Länderebene|Länder]]. == Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) == Offiziell gibt es die [[/NADIS|NADIS]] Datenbank und die behördeneigenen Amtsdateien. Dazu kann das BfV dank des [[Otto-Katalog]]s (siehe [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/__8a.html|§8a BverfSchG]]) und Erweiterungen durch das [[Schäuble-Katalog|TBEG]] im wesentlichen alle [[Datenbanken]] von Finanzinstitutionen sowie von Post, Telekom und Airlines nutzen (d.h. es sind inoffizielle Datenbanken des BfV). Wie weit diese Datenquellen regelmäßig genutzt werden, entzieht sich (wohl nicht nur) unserer Kenntnis. Rollengemäß kümmern sich die Leute vom VS wenig um Datenschutz. Hier ein Zitat aus dem <>, 5.5.2 (S. 76f): {{{#!blockquote Die Observation ist eine Methode zur heimlichen Informationsbeschaffung über Personen, Objekte und Ereignisse (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Bundesverfassungsschutzgesetz ­ BVerfSchG). Ausgeführt werden die Observationsmaßnahmen durch mobile Observationsteams (sog. Observationstrupps) im Auftrag der jeweiligen Fachabteilungen des BfV. Bei der Kontrolle habe ich festgestellt, dass eine Datei ohne die gesetzlich vorgeschriebene Dateianordnung (vgl. § 14 Abs. 1 BVerfSchG) geführt worden ist. Darüber hinaus sind personenbezogene Daten in Dateien entgegen gesetzlichen Vorgaben und der geltenden Dateianordnung gespeichert worden. Im Kontrolltermin hat das BfV die umgehende Beseitigung dieser Mängel zugesagt. Insofern habe ich von einer förmlichen Beanstandung abgesehen. }}} === Projektdatei "Gewaltbereite Linksextremisten" === In <> wird eine Projektdatei "Gewaltbereite Linksextremisten" erwähnt, <> schlägt ergänzend das Kürzel „GBL” vor.. Alle Details sind, logisch, VS-NfD. Laut [[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,766666,00.html|Spiegel vom 6.06.2011]] sind in der Datenbank 767 Personen gespeichert. === Amtsdateien zur "Rechtsextremismus" === In <> (S. 20) erwähnt die Bundesregierung eine ganze Reihe von Amtsdateien zur Bekämpfung des "Rechtsextremismus", die "personen- und sachbezogene Informationen" enthalten. Details sind Verschlusssache-NfD, da ihr Bekanntwerden nach Ansicht von VS und Regierung die Arbeitsfähigkeit des VS gefährden würde. === Neonazi-Verbund-Datei === Wegen des [NSU-Skandal]]s 2011-2012 wurde als vermeintliche Gegenmaßnahme zur Vermeidung solcher Skandale in Zukunft eine Nazi-Verbunddatei initiert, nach derselben gesetzlichen Grundlage wie die [["Anti-Terror-Datei"]] initiert. Kritiker meinen dagegen, dass die Datei vom eigentlichen Ursachen (Rassismus, Vorurteile bei den Sicherheitsbehörden) ablenkt und nicht hilft. (vgl [[http://www.zeit.de/news/2011-11/16/kriminalitaet-schaar-neue-neonazi-datei-waere-aktionismus-16081402|zeit]]) === Skandale === Die Skandale des BfV sind unendlich, deswegen nur exemplarische Beispiele ==== Datenschutz als Schutzbehauptung wegen Beweisvernichtung ==== Im Zuge des [[NSU-Skandal]]s (eine Neonazi-bande zog über 10 Jahre mordend durchs Land) hat das BfV kurz ńachdem die Nazi-Zelle im November 2011 zufällig entarnt wurde, Akten zur Observation des Umfeldes aus vermeintlichen Datenschutzgründen geschreddert. Der damalige Chef des BfV Heinz Fromm trat deswegen zurück, insbesondere weil versucht wurde, ihm die Aktion zu verheimlichen. Der Datenschutzbehauptung hat der BfDI massiv widersprochen, da dieses seiner Meinung datenschutzrechtlich schwachsinn ist ([[https://www.bfdi.bund.de/bfdi_forum/showthread.php?t=3420|BfDI Forum]]). == Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) == === Islamismus-Datenbanken === Laut einer [[http://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_16_5000/2501-3000/16-2770.pdf|Drucksache 16/2770 des niedersächsischen Landtags]] werden bundesweit von den Geheimdiensten zwei Datenbank für den Bereich Islamismus betrieben. Eine heißt BLB - Bundesdatei „Bundeslagebilddatei islamistischer Terrorismus“ und die andere Mujahedin-Datei. === IMSI-Catcher === Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf seit dem [[Otto-Katalog]] [[IMSI-Catcher]] zur '''Bestimmung des Aufenthaltes von Mobiltelefonen''' einsetzen. Diese wurden nach einem [[http://www.taz.de/!78238/|taz Artikel vom 16.09.2011]] vom BfV auch am 19 Februar in Dresden während der Gegenproteste gegen den Naziaufmarsch eingesetzt (vgl [[Datenbanken Sachsen]]). Der Einsatz war nach Auffassung des [[BfDI]] Peter Schaar rechtswidrig, entsprechende Beanstandungen wurden allerdings vom BfV ignoriert, weswegen er einen vertraulichen Brief an den Innenausschuss des Bundestages geschickt hat, der dann an die taz geleakt wurde. === Strategische Kontrolle (E-Mail/Webforen Rasterfahndung anhand von Suchbegriffen) === Die Geheimdienste filzen eMails, Webforen und weitere Telekommunikation nach verdächtigen Wörtern, wie "Bombe" oder "Atom", was verharmlosend als "Strategische Beschränkungen" im G10-Gesetz bezeichnet wird. Auf Grund dessen wurden allein im Jahre 2011 über 37 Millionen E-Mails bzw. Datenverbindungen näher geprüft, von denen dann ca. 280 einen irgendwie gearteten Anfangsverdacht ergaben (vgl. [[http://www.heise.de/tp/blogs/8/151497|heise vom 25.02.2012]] oder <>). == Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) == Informationen zu von den Landesämtern für Verfassungsschutz unterhaltenen Datenbanken -- soweit verfügbar -- finden sich in den Landesbeschreibungen unter [[Datenbanken auf Länderebene]], bekannt ist z.B. eine Analysedatenbank in [[Schleswig-Holstein]]. [[/NADIS|NADIS]] wird als gemeinsame Datenbank von allen benutzt. == BND == Neben [[/NADIS|NADIS]] verfügt der BND laut einem [[http://www.heise.de/ct/hintergrund/meldung/85995|Ct-Artikel]] ein eigenes Intranet namens VeNaGUA (Verbund Nachrichtengewinnung und Aufklärung) über eine Sammlung von mehr als 100 Datenbanken, auf die über eine Suchmaschine zugegriffen werden kann. ''Anmerkung: Insgesamt klingt das stark so, als käme die Auskunft aus Gebrasel von Geheimdienstlern eher bescheidener technischer Kompetenz.'' Wenig überraschend hat der BND endlose Probleme mit Löschfristen. Im <>, S. 80, wird dazu ausgeführt, {{{#!blockquote Wie ich bedauerlicherweise bei einer zwischenzeitlich durchgeführten weiteren Kontrolle einer Datei beim BND feststellen musste, sind als Folge eines schwerwiegenden Datenschutzverstoßes neue Altdatenbestände entstanden (vgl. Nr. 5.7.6), die in dem bisherigen Lösungskonzept nicht berücksichtigt waren. So sind bei vielen Datensätzen die gesetzlich vorgegebenen Prüffristen nicht nur nicht eingehalten, sondern wegen fehlender Sachkenntnis der eingesetzten Bearbeiter pauschal, d. h. ohne Einzelfallprüfung, um jeweils ein Jahr verlängert worden (vgl. a. a. O.). Aufgrund dieses von mir beanstandeten Verstoßes habe ich den BND aufgefordert, ein aktualisiertes Altdatenbereinigungskonzept vorzulegen, durch das derartige Mängel in der Zukunft ausgeschlossen werden. Dies hat der BND zugesagt; bis Redaktionsschluss lag aber noch kein neues Konzept vor. }}} == MAD == Der MAD (Militärische Abschirmdienst) nutzt auch [[/NADIS|NADIS]]. Das seit 2005 laufende MAD-Dokumentenmanagementsystem EXA 21 erlaubt ebenfalls Recherche, und natürlich auch nach Personen, wobei allerdings technische Maßnahmen dafür sorgen sollen, dass nur recherchiert werden darf, was dem MAD-Auftrag entspricht. Das soll nach Darstellung in <> (S. 77) durch "elektronische Markierung" passieren, die von "zuständigen Bearbeitern" vorgenommen werden. Natürlich hat dieses haarsträubende Verfahren -- der BfDI berichtet -- auf Anhieb nicht funktioniert. <> (S. 22) berichtet, die personenbezogenen Einträge in EXA 21 beträfen zu 90% Personen aus dem Nazi-Spektrum. <>, S. 77, berichtet weiter von Plänen, eine Computerunterstützung von Sicherheitsüberprüfungen mit dem Arbeitstitel PGS21 zu errichten. <> (S. 22) aus dem Jahr 2012 nennt noch ein Anfang 2011 in Betrieb gegangenes "Analysesystem Extremismus-/Terrorismusabwehr" (fürwahr ideologieschwangere Namen), das sich zu 90% mit Nazis beschäftigen soll. == Gemeinsame Datenbanken == === Verbunddatei der Geheimdienste NADIS === Die gemeinsame Verbundatenbank der Geheimdienste heißt [[/NADIS|NADIS]]. In ihr stehen (noch) nur die Personen oder Gruppendaten und die entsprechenden Aktenzeichen für die Sachakten bei den jeweiligen Geheimdiensten. === "Anti-Terror"-Datei" === Die erste gemeinsame Datei von Geheimdiensten und der Polizeibehörden von [[Datenbanken der Bundespolizeien|Bund]] und [[Datenbanken auf Länderebene|Ländern]], die [["Anti-Terror-Datenbank"]] === Gemeinsames EU Aufklärungszentrum SitCen === Innerhalb der [[EU]] tauschen die Geheimdienste mit der [[EU]]-Kommission auf niedrigster Geheimhaltungsstufe Informationen durch das gemeinsame Aufklärungszentrum [[SitCen]] aus. === SIS Auschreibungen zur verdeckten Beobachtung === Das BfV, der BND und der MAD dürfen seit dem [[Schäuble-Katalog]] (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz) nach [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/__17.html|§ 17 BVerfSchG]] Personen zur verdeckten Beobachtung in die [[SIS]]-Datenbank der [[EU]] einstellen. == Kontrolle der Geheimdienste == === PKGr === Offiziell werden die Geheimdienste durch das PKGr (Parlamentarische Kontrollgremium) der Parlamente kontrolliert. Nur sind die Kompentenzen der Mitglieder trotz Geheimhaltungspflicht bei weiten nicht ausreichend, um eine wirkliche Kontrolle zu gewährleisten. Gesetzlich geregelt wird die Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium Gesetz (PKGrG), die Befugnisse des PKGr stehen in [[http://www.gesetze-im-internet.de/pkgrg/__5.html|§ 5 PKGrG]]. Vgl [[http://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentarisches_Kontrollgremium|Wikipedia-Artikel zum PKGr]] === G10 Komission === Für die Einzelfallkontrolle bei Grundrechten ist die G10-Kommission zu ständig. Sie kontrolliert offiziell, ob die Grunrdechtseingriffe (Abhören, Briefkontrolle, ...) dem gesetzlichen Rahmen entsprechend. Real ist die Kontrolle so wirkungslos wie beim PKGr. Offiziell hat auch jeder Einwohner der BRD das Recht sich an die G10-Komission zu wenden, falls er Grundrechtsverletzungen durch die Geheimdienste vermutet. Geregelt wird die Kontrolle durch [[http://www.gesetze-im-internet.de/g10_2001/__15.html| §15]] des G10 Gesetzes. == Auskunftsrecht == Das Auskunftsrecht wird durch [[Datenbanken der Dienste#§15 BVerfSchG|§15 BVerfSchG]] geregelt. Bei den Bundesbehörden ist das Auskunftsrecht daran gekoppelt, dass der/die Auskunftsersuchende einen konkreten Sachverhalt angibt. Genauer spezifiziert wird [[Datenbanken der Dienste#§15 BVerfSchG|§15 BVerfSchG]] durch die Entscheidung des [[http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20001010_1bvr058690.html|BVerfG vom 10.10.2000]]. (Siehe auch [[RechtsLage/Auskunftsrecht|Auskunftsrecht]] ) === §15 BVerfSchG === Der [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/__15.html|§ 15 Verfassungsschutzgesetz]] regelt, dass nur Auskunft erteilt wird, wenn der Auskunftverlangende einen konkreten Sachverhalt angibt und ein besonderes Interesse an der Auskunft naheliegt. Desweiteren kann die Auskunft bei Gefährdung der Inneren Sicherheit, des Geheimdienstes oder [[V-Leute]]n unterbleiben. De facto hat der Bundesverfassungsschutz nach unserer Kenntnis nie auch nur eine einzige Auskunft über das von den Anfragenden selbst gelieferte hinaus gegeben -- die Behörde hält sich für weit über allen Gesetzen stehend. == Weiterführende Links und Infos == [[Datenbanken der Dienste/WDR_Feature_VS | WDR Feature zum Verfassungsschutz]] mit dem Fall Ulrich Schmöker, dem Celler Loch und anderen VS-Skandalen [[http://alternativlos.cdn.as250.net/alternativlos-8.mp3|Alternativlos-Sendung über Geheimdienste]] Betrachtung der Geheimdienste von der amüsierten Seite. ---- CategoryHomepage