Revision 43 vom 2011-02-21 20:55:12

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Software zur Datenspeicherung auf Landesebene

Dank des Föderalismus ist die Polizei ländersache, daher gibt es auch auf Länderebene unterschiedliche Systeme. Es wird hier versucht eine Übersicht zu geben.

Welche Datenbanken es gibt

Die "klassischen" Polizeidatenbanken sind "Nachweissysteme", d.h. Verdächtigenkarteien. Sie werden gepflegt, um einen Überblick über die Kriminalakten zu behalten und schnell auf deren wesentliche Inhalte zugreifen zu können. Dazu gehören die Teildateien von INPOL, die POLAS-Instanzen oder ihnen entsprechende weitere Hacks auf Länderebene, der Bundespolizeiaktennachweis usf. Grob in diese Kategorie lassen sich auch die eher dispositiv ausgerichteten Finsterdatenbanken aus der SpuDok-Ecke einordnen (d.h. Datenbanken die Versuchen Zusammenhänge zu speichern).

Seit Anfang des Jahrhunderts führen die Behörden zunehmend so genannte Vorgangsverwaltungen (VVen) ein. Bei ihnen ging es erstmal darum, die alte Schreibmaschinenwirtschaft durch den Rechner zu ersetzen. Die populärste Software dieser Art, ComVor, verwaltet aber, wie ihre diversen Schwestern, durchaus auch umfangreiche Datenbestände über all die Vorgänge, die dann zwischen drei Monaten und fünf Jahren normalerweise nach Namen recherchierbar bleiben. Auf diese Weise haben die Behörden nochmal eine Größenordnung mehr Daten.

Verdächtigenkarteien und Nachweissysteme

In einer Verdächtigenkartei stehen alle Personen, die nach Strafprozessordnung (StPO) verdächtigt oder verurteilt wurden. Allerdings bleiben teilweise auch eingestellte Verfahren in der Kartei. Zudem stehen inzwischen dort auch Personen, die eine Straftat von erheblicher Bedeutung, nach Meinung der Polizei begehen werden. Zudem dürfen bei Straftaten von erheblicher Bedeutung dort noch die Personendaten von Kontakt- und Begleitpersonen stehen.

Verwendete Software zur Verdächtigenspeicherung

  • Das Softwaresystem POLAS wird von den meisten Ländern als Verdächtigenkartei inzwischen verwendet.

  • In Bayern wird KAN verwendet.

  • In Berlin und Bremen wird Poliks verwendet (Poliks ist ein integriertes System, d.h. sowohl Nachweis als auch Vorgangverwaltung)

Vorgangsverwaltungen

Vorgangsverwaltungen dienen zur Dokumentation des Arbeitsaltags der Polizei. Hier kommt alles rein, was die Polizeibeamten aufnehmen, wie z.B. Max Mustermann ist mit dem Fahrrad durch die Fußgängerzone gefahren oder Marina Mustermann hat Aufkleber auf eine Laterne geklebt. Dazu kann dann in dem Textteil noch stehen, dass Max Mustermann den Eindruck machte, dass er grundsätzlich etwas gegen die Polizei hat. Diese Fälle werden dann nach Personen suchbar gespeichert.

In Vorgangsverwaltungenen stehen Dinge wie:

  • 110 angerufen, wann, warum?
  • Anzeigen, die mensch selbst aufgegeben hat, natürlich z.B. auch wg. Fahrraddiebstahl
  • Anzeigen, die gegen einen liefen

Die Speicherfristen waren in den Vorgangsverwaltungen zuerst recht schlecht spezifiziert, da bei der Einführung der datenschutzrechtliche Aspekt ignoriert wurde. In Bayern waren z.B. Meldungen vom Typ "Vor meinen Haus plärrt seit 30 Minuten eine Auto-Alarmanlage" noch nach über fünf Jahren über den Namen des/der Meldenden recherchierbar. Inzwischen ist die Speicherfrist auf 1-5 Jahre festgelegt.

Gefahren durch Vorgangsverwaltungen

Mit Hilfe von Data Mining Programmen können dann aus den Vorgangsdaten, Daten für Verdächtige werden. Wenn z.B. Marina Mustermann Antifa Aufkleber verklebt hatte und in der Nähe sich eine Nazi-Kneipe befindet, welche einige Monate später mit Graffiti verschönert wurde, wird sie zu einer Verdächtigen.

Verwendete Software

Data-Mining Software

Data Mining Software sollen dazu dienen aus den Datenmengen das Wesentliche zu extrahieren, von den Kriminalbeamten wird dafür meist der Begriff Fallbearbeitungssoftware verwendet. In der Regel werden zur Fallbearneitung aus Daten aus der Vorgangsverarbeitung, den Nachweisakten und zusätzlich werden noch weitere Daten, wie z.B. die Auswertung der registrierten Handys einer Funkzellen bei einer Tat oder sonstiger durch Überwachungstechnik gesammelter Daten, ausgewertet. Teilweise stellen auch Vorgangsverwaltungen schon einige Verknüpfungen her, die Übergänge von der Vorgangsverwaltung zu Data-Mining Programmen sind daher fließend.

Verwendete Software

  • rsCase ist ein Software-Paket zur "praktische[n] Arbeit im Bereich operativer Ermittlungen von Behörden" und unterstützt "vernetzte Fallbearbeitung, Auswertung und weltweites Incident Reporting" (Produktbeschreibung), das von der Schweizer Firma rola Security Systems für verschiedene Landespolizeien angepasst wurde. In Bayern}} heißt das entsprechende System z.B. EASY, in [[Datenbanken Schleswig Holstein Merlin und in NRW CASE. Auch wenn es gerne als Data Mining System angepriesen wird, sind die Fähigkeiten noch nicht besonders weitreichend. Das verkleinert die Problematik, die durch solche Programme entsteht, allerdings nicht unbedingt. Laut Telepolis geht die Vergabepraxis für die Programme nicht besonders koscher ab. Rola bekommt anscheinend die meisten Ausfträge, weil sie gute Beziehungen zum BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter) pflegt und öffentliche Ausschreibungen aus Sicherheitsgründen vermieden werden.

  • SPSS ist ein Data-Mining Programm von IBM, welches von der Hessischen Polizei und vermutlich noch weiteren Ländern verwendet wird.

  • ViCLAS ist eine Teildatenbank von INPOL welche teilweise Data Mining verwendet.

Weitere Infos

Telepolis: Schon heute wissen, was morgen sein wird -- über Trends im Data Mining für die Sicherheitsbehörden