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Inzwischen ist das Gesetz zur Einrichtung der ATD (das beim Bundestag jetzt nicht mehr ATDG, sondern Gemeinsame-Dateien-Gesetz, GDG, heißt) nach vielen Interventionen von Innenministern (und auch des Bundesrats, z.B. ist [http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2006/0601-700/672-1-06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/672-1-06.pdf Drucksache 672/1/06] recht aufschlussreich) im Bundestag angekommen, relevant ist hier [http://dip.bundestag.de/btd/16/029/1602950.pdf Drucksache 16/2950]. Erste Lesung war am 20.10.2006, wann der Beschluss erfolgen soll, ist derzeit nicht bekannt. | Inzwischen ist das Gesetz zur Einrichtung der ATD ist Teil des Gemeinsame-Dateien-Gesetzes (GDG), das zusätzlich etliche Änderungen an anderen Gesetzen vornimmt, um in Zukunft Dateien nach dem Vorbild der ATD ohne weitere öffentliche Beteiligung einrichten zu können. Es kam nach vielen Interventionen von Innenministern (und auch des Bundesrats, z.B. ist [http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2006/0601-700/672-1-06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/672-1-06.pdf Drucksache 672/1/06] recht aufschlussreich) zustande. Die verabschiedete Fassung findet sich in [http://dip.bundestag.de/btd/16/029/1602950.pdf Drucksache 16/2950]. Das Gesetz wurde im Dezember 2006 verabschiedet, die Datei am 30.3.2007 mit Schäuble und Pomp "freigeschaltet". |
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Alles, was hier steht, ist demnach derzeit noch als "so ist es geplant" zu verstehen. | == Erfahrungen == Hier ist vorerst noch nicht viel zu holen. [http://www.tagesspiegel.de/politik/nachrichten/innere-sicherheit/97925.asp BKA-Chef Zierke sprach] bei der Eröffnung im März 2007 von 13000 Personen und 15000 Datensätzen in der ATD, zu 75% bezogen auf im Ausland lebende Personen oder sich befindliche Dinge. Zu diesem Zeitpunkt waren offenbar keine "erweiterten Grunddaten" gespeichert. |
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Kosten laut Bundestagsbeschluss: Rund 15 Millionen Euro einmalig, rund 6 Millionen Euro pro Jahr. | Kosten laut Bundestagsbeschluss: Rund 15 Millionen Euro einmalig, rund 6 Millionen Euro pro Jahr. http://www.heise.de/newsticker/meldung/85247 berichtet, das BKA habe 72 "Datenbankspezialisten" für die ATD eingestellt. |
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Drastisch sind die Verfügungen zu "Kontaktpersonen". Es ist völlig unklar, wer dabei alles erfasst wird. Ganz offenbar hat die Regierung hier dem Konglomerat von politischer Polizei und Diensten einen Freibrief gegeben, Daten zu z.B. Asylberatungsstellen und ihren Mitarbeiter``Innen beliebig zu halten. Immerhin: gegenüber einer Vorfassung ist im eigentlichen Gesetz immerhin verfügt, ein flüchtiger oder zufälliger Kontakt reiche nichtt zur Speicherung. |
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In diesem Zusammenhang besonders dramatisch ist, dass das Gesetz nicht vorschreibt, rechtswidrig (etwa durch Folter) gewonnene Erkenntnisse der Geheimdienste seien nicht speicherungsfähig. Es mag nach all den Nummern, die das BKA gerade in Nahost geschmissen hat, mehr eine akademische Frage sein, aber offensichtlich kann die ATD auch als Informationssäuberungsmaschine dienen: Erkenntnisse, die die Polizei weder erwerben noch verwenden dürfte (wohl aber, leider, die Geheimdienste) gelangen in den normalen operativen Datenpool der Polizei. |
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Wer hier das Sammeln anfängt, wird nicht fertig -- trotzdem wäre das eine dankbare Aufgabe, vor allem, wenn die Links strukturiert werden. Ein guter Startpunkt ist der Heise-Artikel | Wer hier das Sammeln anfängt, wird nicht fertig -- trotzdem wäre das eine dankbare Aufgabe, vor allem, wenn die Links strukturiert werden. Ein guter Startpunkt ist der Heise-Artikel. |
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* http://www.humanistische-union.de/terror/ -- die Humanistische Union bewertet hier den "Anti-Terror-Kampf" insgesamt. |
"Anti-Terror-Datenbank"
Die ATD soll als gemeinsame Datei der deutschen Sicherheitsbehörden geführt werden und vor allem Verweise in die Datenbestände der beteiligten Behörden enthalten.
Die Verfechter eines autoritären Staates hatten, als sie 2001 Morgenluft witterten, wohl nicht damit gerechnet, wie schwer sie sich untereinander würden einigen können. Bereits der vorparlamentarische Prozess war außerordentlich kompliziert, da auch innerhalb der Law-And-Order-Fraktion erheblich Interessensgegensätze bestehen und etwa in der Frage der Einspeisung von Geheimdienstdaten plötzlich BürgerrechtlerInnen und Geheimdienste gemeinsame Interessen hatten (denn die Dienste fürchteten um ihre Top-Secret-Daten, die eben nicht jedem Straßenpolizisten zugänglich sein sollten).
Inzwischen ist das Gesetz zur Einrichtung der ATD ist Teil des Gemeinsame-Dateien-Gesetzes (GDG), das zusätzlich etliche Änderungen an anderen Gesetzen vornimmt, um in Zukunft Dateien nach dem Vorbild der ATD ohne weitere öffentliche Beteiligung einrichten zu können. Es kam nach vielen Interventionen von Innenministern (und auch des Bundesrats, z.B. ist [http://www.bundesrat.de/cln_051/SharedDocs/Drucksachen/2006/0601-700/672-1-06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/672-1-06.pdf Drucksache 672/1/06] recht aufschlussreich) zustande. Die verabschiedete Fassung findet sich in [http://dip.bundestag.de/btd/16/029/1602950.pdf Drucksache 16/2950]. Das Gesetz wurde im Dezember 2006 verabschiedet, die Datei am 30.3.2007 mit Schäuble und Pomp "freigeschaltet".
Erfahrungen
Hier ist vorerst noch nicht viel zu holen. [http://www.tagesspiegel.de/politik/nachrichten/innere-sicherheit/97925.asp BKA-Chef Zierke sprach] bei der Eröffnung im März 2007 von 13000 Personen und 15000 Datensätzen in der ATD, zu 75% bezogen auf im Ausland lebende Personen oder sich befindliche Dinge. Zu diesem Zeitpunkt waren offenbar keine "erweiterten Grunddaten" gespeichert.
Formalia
Die Datei wird beim BKA geführt.
Daten anliefern und abrufen dürfen BKA, Bundespolizei, LKAs, Verfassungsschutze von Bund und Ländern, MAD, BND, Zollkriminalamt. Die Gummiregelung aus §1, Abs. 2 sieht vor, dass auch andere Polizeibehörden Zugriff bekommen können; vermutlich bezieht sich das vor allem auf die Staatsschutz-Leute, für die die Innenminister der Länder ein Wort eingelegt hatten.
Laut [http://dip.bundestag.de/btd/16/028/1602877.pdf Antwort auf eine Parlamentsanfrage] werden weder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (mithin dürften auch keine Datensätze aus dem AZR direkt in die ATD kommen) noch das Bundesamt für Katastrophenschutz Daten liefern.
Selbstverständlich unterbleibt eine Kopplung mit Internationalen Datenbanken (etwa SIS oder Europol) -- alles andere wäre für deutsche Geheimdienste eine kleine Revolution gewesen.
Kosten laut Bundestagsbeschluss: Rund 15 Millionen Euro einmalig, rund 6 Millionen Euro pro Jahr. http://www.heise.de/newsticker/meldung/85247 berichtet, das BKA habe 72 "Datenbankspezialisten" für die ATD eingestellt.
Inhalte
Gespeichert werden sollen Daten zu Personen, die in Sachen §129a oder §129b aufgefallen sind, wobei ein "internationaler Bezug" gefordert wird (der aber z.B. bei WTO- und G8-Sachen schnell zu konstruieren sein wird...); hier reicht "Unterstützung". Weiter sollen Daten gesammelt werden zu Personen, die "rechtswidrig Gewalt als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religöser Belange anwenden oder [...] unterstützen" oder in Verbindung mit ihnen stehen (!). Schließlich sollen auch Vereinigungen, Firmen, Internetseiten, Mailadressen usf. gespeichert werden, die in diesem Gebiet nützlich sein können.
So nett es ist, dass im Gesetz versucht wird, die Aushöhlung des Trennungsgebots so zu beschränken, dass BRD-interne Konflikte ("internationaler Bezug") unberührt bleiben, so wertlos ist diese Bestimmung in der Praxis -- natürlich haben z.B. Castorleute Verbindungen nach Frankreich. Man darf diese Regelung wohl so verstehen, dass die Meldung von Daten im Bereich des Linksaktivismus für die beteiligten Behörden nach Gutdünken erfolgen kann, während sie für "Moslems und ähnliche" nach §2 wohlweislich verpflichtet sind, ihre Daten abzuliefern.
Zu den einzelnen Entietäten sollen gespeichert werden:
Grunddaten:
- Namen (incl. Aliasnamen -- was insofern kitzlig ist, als sowas ja Ermittlungsergebnisse und mithin normalerweise weiche Daten sind)
- Geschlecht
- Geburtsdatum
- Herkunftsland
- Staatsangehörigkeiten (auch ehemalige)
- Anschriften (auch ehemalige)
- besondere Kennzeichen
- Sprachen
- Dialekte
- Lichtbilder
- eine Bezeichnung der Fallgruppe
- Passnummern o.ä.
erweiterte Grunddaten
- Telefonnummern, Mailadressen u.ä
- Bankkontakte
- genutzte Fahrzeuge
- Familienstand
"Volkszugehörigkeit"
- Religionszugehörigkeit (amusanterweise ausgerechnet hier eingeschränkt auf "wo nötig")
- "besondere Fertigkeiten" (z.B. chemische Kenntnisse usf.)
- Schulabschluss
- Angaben zu (auch weit zurückliegenden) Tätigkeiten, die eine Sicherheitsüberprüfung voraussetzen
- "Angaben zur Gefährlichkeit"
- Führerschein, Flugschein
besuchte Orte
- Kontaktpersonen
- konkrete Angaben zu Organisation(en), der/denen die Person angehören soll
- Datum der letzten Zuspeicherung
Freitext
- Bei Organisationen "Angaben zur Identifizierung"; dabei scheint alles erlaubt zu sein, hier dürfte es also weitere Freitextfelder geben.
- Natürlich werden bei den Daten die Herkunft sowie Aktenzeichen weiterführender Informationen vermerkt.
Nach dieser Auflistung ist klar, dass es sich hier nicht um eine Indexdatei handelt. Tatsächlich geht dieser Datenbestand weit über das hinaus, was übliche Ermittlungsdatenbanken enthalten (dürfen). Besonders bedenklich erscheinen natürlich die Freitextfelder, mit denen erfahrungsgemäß beliebiger Schindluder getrieben wird. Zurück in die große Zeit deutscher Geheimpolizeien verweist natürlich auch das Feld zur "Volkszugehörigkeit".
Drastisch sind die Verfügungen zu "Kontaktpersonen". Es ist völlig unklar, wer dabei alles erfasst wird. Ganz offenbar hat die Regierung hier dem Konglomerat von politischer Polizei und Diensten einen Freibrief gegeben, Daten zu z.B. Asylberatungsstellen und ihren MitarbeiterInnen beliebig zu halten. Immerhin: gegenüber einer Vorfassung ist im eigentlichen Gesetz immerhin verfügt, ein flüchtiger oder zufälliger Kontakt reiche nichtt zur Speicherung.
Verdeckte Speicherung
Die beteiligten Behörden haben das Recht, erweiterte Grunddaten oder Angaben zu Organisationen verdeckt zu speichern, d.h. abfragende Behörden sehen die Daten nicht und merken noch nicht mal, dass es sie gibt. Bei einer Abfrage wird die speichernde Behörde benachrichtigt und soll nach Einzelfallabwägung Kontakt zur abfragenden Behörde aufnehmen.
Die erweiterten Grunddaten sind grundsätzlich in der Regel nur mit Einverständnis der speichernden Behörde einzusehen -- aber es gibt mal wieder den Gummiparagraphen, dass das in Eilfällen auch anders sein kann.
Organisatorisches
Die eingespeicherten Daten bleiben quasi im Besitz der speichernden Behörde -- nur sie kann sie z.B. löschen oder berichtigen. Das lässt ein amusantes Behördenhopping erwarten, wenn man erstmal in der ATD gelandet ist.
Während bei den üblichen Polizeidateien typischerweise nur jeder zehnte Zugriff geloggt wird (na ja, werden soll), soll bei der ATD jeder Zugriff protokolliert werden, und zwar mit Angabe zum Grund der Anfrage. Die Logs werden vom BfD eingesehen. Seine Berichte werden recht unterhaltsam werden.
Für die ATD sind keine Speicherfristen vorgesehen. Die Daten sollen gelöscht werden, wenn die Speicherfrist bei den einspeisenden Behörden abgelaufen ist. Angesichts vieler Erfahrungen ist nicht damit zu rechnen, dass das funktionieren wird (d.h. die Antiterrordatei hat das Zeug, zu einem gewaltigen Datenfriedhof für allerlei Daten von LKAs zu werden -- bei INPOL etwa gibt es ja noch eigene Speicherfristen, so dass Gammeldaten dort früher oder später auffallen).
Auskunftsrecht
Auskunftsersuchen werden für den nicht verdeckten Bereich ans BKA zu richten sein. Verdeckte Daten muss man bei der Behörde rauskriegen, die sie eingespeichert hat. Wir sind schon gespannt, ob das BKA die Herkunft der Grunddaten rausrücken wird, dann wie oben gesagt darf das BKA ja keine Löschung veranlassen.
Geheimpolizei
Das besondere an der ATD ist die Nonchalance, mit der die Regierung zugibt, hier das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten aufzuheben (an dieser Stelle vermisst man das gute, alte Besatzungsstatut). So heißt es im neuen §22a Verfassungsschutzgesetz:
- Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann für die Dauer einer befristeten projektbezogenen Zusammenarbeit mit den Landesbehörden für Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst, dem Bundesnachrichtendienst, den Polizeibehörden des Bundes und der Länder und dem Zollkriminalamt eine gemeinsame Datei errichten.
In diesem Zusammenhang besonders dramatisch ist, dass das Gesetz nicht vorschreibt, rechtswidrig (etwa durch Folter) gewonnene Erkenntnisse der Geheimdienste seien nicht speicherungsfähig. Es mag nach all den Nummern, die das BKA gerade in Nahost geschmissen hat, mehr eine akademische Frage sein, aber offensichtlich kann die ATD auch als Informationssäuberungsmaschine dienen: Erkenntnisse, die die Polizei weder erwerben noch verwenden dürfte (wohl aber, leider, die Geheimdienste) gelangen in den normalen operativen Datenpool der Polizei.
Talk about verfassungsfeindliche Bestrebungen...
Links
Wer hier das Sammeln anfängt, wird nicht fertig -- trotzdem wäre das eine dankbare Aufgabe, vor allem, wenn die Links strukturiert werden. Ein guter Startpunkt ist der Heise-Artikel.
http://rabe.supersized.org/archives/808-Der-Beschluss-zur-Anti-Terror-Datenbank.html
http://www.de.internet.com/index.php?id=2044959§ion=Security
http://www.humanistische-union.de/terror/ -- die Humanistische Union bewertet hier den "Anti-Terror-Kampf" insgesamt.