Größe: 5289
Kommentar: + 23. TB BfDI, EU-BürgerInnen im AZR
|
Größe: 5762
Kommentar: + Fingerabdrücke im AZR und elektronischer Aufenthaltstitel
|
Gelöschter Text ist auf diese Art markiert. | Hinzugefügter Text ist auf diese Art markiert. |
Zeile 65: | Zeile 65: |
Forderungen, das AZR solle auch Fingerabdrücke enthalten, wie sie nichtdeutschen Menschen inzwischen regelmäßig abgenommen werden (vgl. etwa [[http://www.heise.de/newsticker/meldung/90908|Heise online-Artikel von 2007]]), bekamen neuen Schwung, nachdem der "Elektronische Aufenthaltstitel", eine dem elektronischen Personalausweis ähnliche Identifikation für AusländerInnen, jetzt zwingend Fingerabdrücke speichert. Immerhin hält der BfDI nicht viel von der Aufnahme dieser Daten ins AZR (Erklärung im <<Doclink(2011-BfDI-TB23.pdf,23. TB (2011))>>, 8.2.2, S. 100f). |
|
Zeile 93: | Zeile 102: |
* [[http://www.heise.de/newsticker/meldung/90908|AZR soll auch Fingerabdrücke speichern]], Heise online, 2007 |
Inhaltsverzeichnis
Ausländerzentralregister (AZR)
Das Ausländerzentralregister ist eine der Datenbanken gegen MigrantInnen. Es enthält Personalien, Wohnsitze, Aufenthaltsverfügungen sowie weitere Daten von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die sich nicht nur vorübergehend in der BRD aufhalten oder aufgehalten haben (Aussonderungsprüffrist sind 10 Jahre). Es wird vom Bundesverwaltungsamt in Köln geführt (BVA über AZR). Einträge im AZR sind über INPOL recherchierbar.
Rechtsgrundlage
Das AZR wird im Gesetz über das Ausländerzentralregister geregelt. Bezüglich EU-BürgerInnen wurde das Gesetz 2008 vom EuGH als gegen Gemeinschaftsrecht verstoßend beurteilt. Vor Verabschiedung des AZRG wurde das Register bzw. seine Vorgängersysteme 40 Jahre lang ohne gesetzliche Grundlage betrieben.
Inhalt des AZR
Im AZR waren 2010 laut BVA 20.4 Millionen personenbezogene Datensätze gespeichert (1999: über 11 Millionen), was es zur Einschätzung brachte, es handele sich um "eines der großen automatisierten Register der öffentlichen Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland". In §2 AZR werden derzeit 16 Tatbestände aufgezählt, die eine Speicherung rechtfertigen. Neben dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt sind das u.a.
Asylantrag gestellt (vermutlich enthält das AZR also einen Teil von EURODAC
- Hat Aufenthaltserlaubnis
- Verdacht auf Staatsfeind, Wehrkraftzersetzer
- falsche Volksdeutsche (als Spätaussiedler abgelehnt)
- An oder durch die BRD ausgeliefert
Im Groben Formulierungen nach Artikel 96 bis 99 SDÜ (vgl. SIS), so dass
- vermutlich eine Ausschreibung in SIS auch einen Eintrag im AZR nach sich zieht.
- Abgeschoben
§3 AZR regelt, dass zu Personen gespeichert werden kann:
- Speichergrund (Tatbestand nach §2)
- Grundpersonalien plus Aliase etc
- Foto
Familienstand, letzter Wohnort "im Herkunftsland", "freiwillig" Religionszugehörigkeit, Daten zu EhepartnerInnen
- Sterbedatum
Hinweise/Angaben zu behördlichen Entscheidungen (BA für Arbeit, AusländerInnenbehörden, etc)
- Quelle (Behörde, Aktenzeichen)
Auf das AZR greifen nach Auskunft der BVA "mehr als 6500 Partnerbehörden" zu: "Es dient den Verwaltungsbehörden zur Erfüllung von Aufgaben im ausländer- und asylrechtlichen Bereich, hat Unterstützungsfunktion als Instrument der inneren Sicherheit und wird für ausländerpolitische Planungen sowie für die Ermittlung steuerungsrelevanter Größen verwendet." Insbesondere kann wohl praktisch alle Polizei-EDV mehr oder minder direkt in AZR suchen; für NIVADIS (vgl. Datenbanken Niedersachsen ist das so publiziert). Ggf. können Gespeicherte versuchen, unter Hinweis auf "schutzwürdige[n] Interessen oder die einer anderen Person" eine Übermittlungssperre zu erwirken (§4). Unterhalb einer Einbürgerung ist eine Löschung wohl aussichtlos, solange mensch in der BRD lebt und kein rechtsgerichteter Ex-Diktator ist.
Ein Beschluss der Innenministerkonferenz von 2003 zur Bereinigung dieser Daten legt nahe, dass die Inhalte des AZR eher heterogene Qualität haben.
Forderungen, das AZR solle auch Fingerabdrücke enthalten, wie sie nichtdeutschen Menschen inzwischen regelmäßig abgenommen werden (vgl. etwa Heise online-Artikel von 2007), bekamen neuen Schwung, nachdem der "Elektronische Aufenthaltstitel", eine dem elektronischen Personalausweis ähnliche Identifikation für AusländerInnen, jetzt zwingend Fingerabdrücke speichert. Immerhin hält der BfDI nicht viel von der Aufnahme dieser Daten ins AZR (Erklärung im 23. TB (2011), 8.2.2, S. 100f).
Big Brother Award
Das Bundesverwaltungsamt bekam 2006 für das AZR den Big Brother Award(Laudatio) für sein Lebenswerk.
Skandale
EU-Recht ist wurst
Im 23. TB des BfDI (2011 wird berichtet (8.2.1, S. 100), das EuGH-Urteil C-524/06 vom 16.12.2008, nach dem das volle AZR-Programm die Rechte von EU-BürgerInnen massiv verletzt, sei vom Bundesverwaltungsamt insbesondere im "automatisierten Abrufverfahren und damit für einen Großteil der Abrufe" ignoriert worden; es seien auch bestehende Suchvermerke nicht gelöscht worden, was das AZR weiter als Sonderinstrument gegen straffällige AusländerInnen wirken lässt. Der BfDI leitet daraus ab, im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu einer Überarbeitung der AZR-Regularien sei
sowohl de[r] Umfang der im AZR gespeicherten Daten zu Unionsbürgern deutlich zu reduzieren als auch die Übermittlung dieser Daten ausschließlich zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken und nur an die in diesem Bereich zuständigen Behörden zuzulassen.
Weiteres
17. Tätigkeitsbericht LfD NRW: Aus dem AZR gingen 5 Millionen Datensätze zur Post-9/11-Rasterfahndung ans BKA (vgl. auch Datenbanken NRW#Rasterfahndung)