Unterschiede zwischen den Revisionen 16 und 17
Revision 16 vom 2013-02-03 21:27:11
Größe: 8525
Autor: anonym
Kommentar: Anm. Stephan Urbach
Revision 17 vom 2013-02-05 16:55:18
Größe: 9334
Autor: anonym
Kommentar: Berichterstattung bei netzpolitik.org ergänzt
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Über die Untätigkeit des Berliner VS bezüglich Auskunftsersuchen von Betroffenen und die anschließende parlamentarische "Nachbereitung" der "Missstände" wurde bei Netzpolitik.org berichtet:
 * [[https://netzpolitik.org/2012/unfahig-untatig-und-uberflussig-der-verfassungsschutz-nicht-nur-in-berlin/|Unfähig, untätig und überflüssig – der “Verfassungsschutz” (nicht nur) in Berlin]]
 * [[https://netzpolitik.org/2013/auskunftsersuchen-beim-berliner-verfassungsschutz-acht-monate-sind-nicht-vollig-ungewohnlich/|Auskunftsersuchen beim Berliner “Verfassungsschutz”: Acht Monate sind “nicht völlig ungewöhnlich”]]
Das entsprechende Protokoll des parlamentarischen Ausschuss kann [[http://www.parlament-berlin.de/ados/17/VerfSch/protokoll/vfs17-013-ip.pdf|hier]] nachgelesen werden.

Datenbanken in Berlin

Rechtsgrundlage

Auskunftssysteme der Polizei

Ein altes System namens ISVB, Informationssystem Verbrechensbekämpfung Berlin, wurde zum 30.03.2005 durch POLIKS (das auch in Bremen zum Einsatz kommt) abgelöst (Näheres zu POLIKS). Das neue System ist eine Entwicklung der Software-Firma gedas. POLIKS wird im IT-Dienstleistungszentrum Berlin betrieben. Im 30. TB LfD Berlin (1.3.2) wird das Logging von POLIKS-Anfragen diskutiert. Der Kram klingt etwas konfus, denn es gibt offenbar zwei Logs, in dessen einem Anfragen landen sollen, die "keinem datenschutzrechtlichen Kontrollinteresse unterliegen".

Microsoft gibt die Berliner Polizei als Referenzkunden an (wobei das System serverseitig wohl wesentlich auf J2EE basiert). Die Zugriffskontrolle selbst geht dann (30. TB LfD Berlin, 1.3.2) durch Zuweisung von Rechten im Microsoft Active Directory, wobei es offenbar im Wesentlichen fünf Berechtigungsstufen gibt.

Federführung bei Poliks reklamiert T-Systems für sich. Die geben an, das System habe 17000 Nutzer und würde (2008) "über 300000 Transaktionen" pro Tag abarbeiten. Im Datenblatt gibt T-Systems weiter Schnittstellen zu INPOL, AZR, ZEVIS, dem Melderegister, BIDAVIS (ein erkennungsdienstliches System -- weiß wer was dazu?), CASA (Fallbearbeitung?) sowie einem "Datawarehouse" (d.h. Data Mining ) an.

Zur Natur dieser Schnitstellen führt dr 30. TB LfD Berlin (1.3.2) aus, sie erfolgten "meist mit gesichertem Webservice, in einigen Fällen per File-Transfer, selten auch nur in Papierform."

Die Berliner Polizei führt zwecks "Erkennen von Personen- und Sachzusammenhängen, der Dokumentation polizeilichen Handelns und der Unterstützung, Koordination und Anregung von Ermittlungen" eine Auswertedatenbank "Polizeilicher Staatsschutz" (30. TB LfD Berlin, 2/3.1.6). Als Aussonderungsprüffrist genehmigt sich der Staatsschutz 10 Jahre (bei Kindern (!) 2, bei Jugendlichen und Personen über 70 Jahre 5). "Gespeichert werden die Daten von Beschuldigten und Tatverdächtigen, von Personen, deren Daten bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen (§ 24 ASOG) oder durch verdeckte Ermittlungsmaßnahmen nach §§ 25, 26 ASOG erhoben wurden, sowie bestimmter anderer Personen wie z.B. Zeugen, Hinweisgeber und andere Auskunftspersonen... Selbst innerhalb der polizeilichen Abteilung Staatsschutz bestehen keine generellen, sondern abgestufte Zugriffsrechte auf die Datei." (30. TB, aaO). Wie diese Abstufung aussieht, ist unklar.

Vorgangsbearbeitung

Poliks scheint ein integriertes System zu sein (ansonsten hätte es ISVB wohl nicht ablösen können). Könnte wer aus Berlin mal eine IFG-Anfrage ans Innenministerium stellen? Datenschutzrechtlich ist eine Zusammenlegung von Auskunftssystem und Vorgangsbearbeitung wohl jedenfalls kritisch.

Verfassungsschutz

NADIS, wie alle VS-Behörden

Laut Drucksache 17 / 10 058 (Januar 2012) verfügt der VS Berlin "nicht über ein Dokumentenmanagementsystem und führt auch keine elektronischen Sachakten". Es gibt aber eine 2006 eingeführte "Amtsdatenbank", wobei der Zugriff auf die dort gespeicherten Daten angeblich Beschränkungen unterliegt. Angeblich ist "die Möglichkeit einer Volltextsuche technisch ausgeschlossen", was zumindest aus Sicht eines Datenbankadministrators nicht schlüssig scheint.

Weiteres

In einem Artikel über Poliks wird über Schwierigkeiten beim Datenaustausch zwischen Asta (vgl. Staatsanwaltschaften) und Poliks berichtet. Laut 30. TB LfD Berlin, 1.2.3 setzt die Berliner Staatsanwaltschaft mittlerweile auf ein System namens MODESTA (Zusammenhang mit MESTA?), das bereits elektronische Akten enthält und mit POLIKS, BZR, ZStV usf. Daten austauscht.

Die Kopplung zwischen Polizei und Meldebehörde ist laut 30. TB LfD Berlin, 2/4.1.4 in Berlin (für Passdaten) nur "halbautomatisch", was offenbar meint, die Polizei brauche für die Recherche die Passnummer (und kann also nicht umgekehrt etwa nach Namen, Augenfarbe, besonderen Kennzeichen oder gar gegen die Fotos suchen).

Skandale

2003 bezeichnete der LfD das ISVB als "Kriminalitätsschwerpunkt", weil es beliebig zur privaten Recherche der MitarbeiterInnen genutzt wurde -- in einem Fall hat ein solcher Missbrauch auch mal zu 100 Tagessätzen geführt.

Es traten bei der Einführung von POLIKS zahlreiche Schwierigkeiten auf, die sowohl der Berliner Datenschutzbeauftragte (heise-Meldung dazu), als auch die Benutzer (heise zum Thema, Erklärung der Berliner Polizei) bemängeln.

2005 führen diese Schwierigkeiten zur Ablehnung von POLIKS durch Brandenburg, was natürlich im Hinblick auf die nach wie vor angestrebte Länderfusion bitter ist. Der zitierte Artikel nennt auch Kosten von 73 Millionen Euro für das System.

Im 30. TB LfD Berlin (1.3.3) wird kritisiert, die Berliner Polizei würde recht willkürlich Auskünfte verweigern.

30. TB LfD Berlin, 2/3.1.5: Der Senat gibt an, Einzelfallprüfungen bei der Löschung von Fällen könnten aus Kapazitätsgründen nicht vorgenommen werden, da es um 40000 Fälle pro Jahr gehe. Diese Auskunft zeugt von kräftigem Selbstbewusstsein, da sämtliche Gerichtsurteile immer darauf abheben, eine Speicherung, speziell bei Einstellungen nach 170 (2), sei immer an einer Einzelfallprüfung gebunden. Die Einlassung erfolgt auf einen Fall hin, in dem jemand bei der Polizei "Beobachtungen" berichten wollte und daraufhin mit zwei Speicherungen nach 170 (2) konfrontiert worden war; diese wurden nach zweimaliger Intervention des LfD gelöscht.

Die Antwort eines Auskunftsersuchens eines Berliner Mitarbeiters der Piratenfraktion konnte angeblich nicht an die angegebene Antwortadresse zugestellt werden. Das LfV hatte deswegen an seine (nicht angegebene) Emailadresse eine Mail geschickt (stephanurbach.de/2013/01/der-berliner-verfassungsschutz-und-ich-eine-geschichte-voller-missverstandnisse/).

  • Es ist schon etwas skurril, dieses schlechte Beispiel hier unter der Überschrift "Skandale" anzuführen und die wirklichen Skandale (vgl. z.B. Berichterstattung bei Netzpolitik.org) nicht zu erwähnen. Die Zustellprobleme liegen in Berlin nämlich eher in der Beauftragung der PIN AG begründet, als im dilettantischen Verhalten des Berliner VS, der nebenbei gesagt auch kein "LfV" sondern eine Abteilung des Innensenats ist. Aber soweit reichen die Kenntnisse bei der Piratenfraktion (deren Vertreter im Ausschuss für mehr Personal beim VS votiert hat) sicherlich nicht.

Über die Untätigkeit des Berliner VS bezüglich Auskunftsersuchen von Betroffenen und die anschließende parlamentarische "Nachbereitung" der "Missstände" wurde bei Netzpolitik.org berichtet:

Das entsprechende Protokoll des parlamentarischen Ausschuss kann hier nachgelesen werden.