Inhaltsverzeichnis
- Rechtsgrundlagen
- Auskunftssysteme der Polizei
- Verfassungsschutz
-
Skandale
- Illegale Weitergabe von der Polizei an Private Sicherheitsdienste
- Polizei gibt Auskunfts über Kontaktpersonen ans Ordnungsamt
- Nutzlose DNA Massenabgabe
- Ein MdL landet im PASS
- Extremismusklausel
- § 129 Verfahren gegen Antifas
- Funkzellenauswertung dient für Bagatellverfahren
- Massenabfragen nach Brandanschlag
- BTM-Einträge nach Durchsuchung
- Errichtungsanordnung ist Verschlusssache
Rechtsgrundlagen
Auskunftssysteme der Polizei
PASS
Das Nachweisssystem in Sachsen heißt PASS (Polizeiliches Auskunftssystem Sachsen).
Der LfDI stuft PASS als Verbundsystem ein (d.h. das LKA betreibt es als "Service" für die Polizeien in Sachsen). Sowas ist aber im Polizeigesetz von Sachsen eigentlich nicht vorgesehen. Der Innenminister ignoriert einen diesbezüglichen Hinweis des LfDI. Der verzichtet dennoch auf eine weitere Beanstandung, weil das System für die Polizei so wichtig ist und der Landtag ja eh jedes Gesetz abnicken würde (was der LfDI nicht ganz mit diesen Worten schreibt).
vgl 14. Tätigkeitsbericht LfD Sachsen (2009)
Operative Fallbearbeitung
Das Programm zur operativen Fallanalyse bzw Data Mining heißt in Sachsen laut FAZ-Artikel schlicht elektronisches Fall-Analyse-System; ein MDR-Artikel zur OBI-Auswertung nennt das System EFAS.
Mehr Infos zu EFAS finden sich in dieser kleinen Anfrage: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=6326&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1
Vorgangsbearbeitung IVO
Laut Ak Datenbanken in Sachsen dient das integrierte Vorgangsbearbeitungssystem IVO als zentrales Verfahren der Erfassung, Speicherung, Weiterverarbeitung und Auswertung polizeilich relevanter Daten im Freistaat Sachsen. Es dient dem vollständigen Nachweis vollzugspolizeilichen Handelns, unterstützt und vereinheitlicht die polizeiliche Vorgangsbearbeitung und die Steuerung polizeilicher Ermittlungsvorgänge auf Landesebene.
Verknüpfung mit anderen Datenbanken
Über Schnittstellen finden regelmäßig selektive Datenübermittlungen unter anderem zum Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) sowie das Informationssystem der Polizei des Bundes und der Länder (INPOL) statt. Darüber hinaus wird über IVO die Abrufbarkeit weiterer Datenbanken gewährleistet, die nicht zu polizeilichen Zwecken der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten angelegt wurden: dem kommunalen Melderegister und dem Ausländerzentralregister und der Visadatei (AZR/VISA).
Speicherdauer
Im Gesetz heißt es (§ 43 Abs. 3 Sächsisches Polizeigesetz): “Die Dauer der Speicherung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. Für automatisierte Dateien sind Termine festzulegen, an denen spätestens überprüft werden muss, ob die suchfähige Speicherung von Daten weiterhin erforderlich ist.” Die Staatsregierung führt in Beantwortung der kleinen Anfrage aus: „Höchstens 24 Monate nach Abschluss des Vorgangs im IVO. Bei Übermittlung an das Polizeiliche Auskunftssystem PASS gibt es andere Löschfristen.“ Eine Speicherung weit über einen Zeitraum von 2 Jahren ist offensichtlich möglich. Die Speicherdauer ist von der Einschätzung der Polizei abhängig, wann der Vorgang abgeschlossen ist.
Zugriffsberechtigte
Gegenwärtig sind für das IT-Verfahren 12.572 Personen zugriffsberechtigt.
Verfassungsschutz
NADIS, wie alle VS-Behörden
Skandale
Illegale Weitergabe von der Polizei an Private Sicherheitsdienste
Der LfDI Sachsen berichtet in seinem Tätigkeitsbericht von 2005, dass private Sicherheitsdienste seit Dezember 2002 in mindestens 556 bekannten Fällen personenbezogene Daten von sächsischen Polizeidienststellen übermittelt bekamen. Obwohl selbst im öffentlichen Dienst das Führungszeugnis (also der Auszug aus dem Bundeszentralregister) reichen muss. Die Praxis wurde in dieser Form nach Intervention des LfDI gestoppt, wurde aber teils auf der Basis "freiwilliger" Auskunftsersuchen fortgeführt.
12. Tätigkeitsbericht des LfDI (2005)
Polizei gibt Auskunfts über Kontaktpersonen ans Ordnungsamt
2009 fragt ein Ordnungsamt fragt bei der Polizei nach Informationen über einen Anmelder einer Veranstaltung und bekommt sie incl. Daten zu seinem "Umfeld". Treudoof fragt das Ordnungsamt, ob diese Daten in der Verbotsverfügung auftauchen dürfen. Irrerweise findet der LfDI die Datenübermittlung auch noch ok; Daten über Leute aus seinem Umfeld dürfen aber nicht in der Verfügung sein, um sie vor dem Anmelder zu schützen.
14. Tätigkeitsbericht LfDI Sachsen (2009)
Nutzlose DNA Massenabgabe
Eine DNA-Reihenuntersuchung mit 14000 Opfern war komplett nutzlos. Der Fall wurde schließlich mit Datenbank-Hilfe gelöst, wobei ZEVIS und die Meldedaten verknüpft wurden ("Fahrzeuge mit Kennzeichen DD-D-irgendwas, die von Leuten gefahren werden, die in der Nähe des Tatorts wohnen").
Ein MdL landet im PASS
Ein sächsischer Landtagsabgeordneter der Grünen hatte sich eingemischt, nachdem er gesehen hatte, wie eine Frau von PolizistInnen außerhalb des Sichtfeldes gebracht wurde und er Angst hatte, dass die Frau misshandelt werden könnte. Die PolizistInnen zeigten ihn daraufhin wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt an. Dieses Verfahren wurde wegen eines entlastenden Videos eingestellt. Dennoch stand weiterhin in PASS die Sichtweise der Polizei. Ak Datenbanken: Widerstand gegen die Staatsgewalt – oder Wie sich die Polizei ihre Feindbilder selber bastelt
Extremismusklausel
Die Sächsiche Landesregierung hatte im Jahre 2010 zur Voraussetzung für die Zahlung von Fördermitteln für Demokratieprojekte gemacht, dass der Zuwendungsempfänger für die Verfassungstreue seiner Partner bürgt und über sie Informationen beim Verfassungsschutz einholt (sogenannte ExtremistInnen Klausel). Auf Grund von zahlreichen Protesten aus der Öffentlichkeit ändert die Regierung dieses in ein Bekenntnis zur Demokratie um, obwohl der wissenschaftliche Dienst des Bundestages festgestellt hatte, dass Bekenntnisse zum Grundgesetz nur bei Einbürgerungen und Verbeamtungen verlangt werden dürfen.
Lafontaines-Linke: Einseitige Förderung
§ 129 Verfahren gegen Antifas
Nach der Protesten gegen den Naziaufmarsch 2011 in Dresden wurde das Büro des Dresdner Bündnis gegen Nazis durchsucht wegen eines 129 Verfahrens durchsucht. Offensichtlich hatte die Polizei bei der Observation laut eines Indy-Artikelseine Saniübung mit terroristischen Aktionen verwechselt. Im Zuge dieses Verfahrens wurden Überwachungstechnik#Funkzellenauswertung am 18 und 19 Februar 2011 getätigt, wobei es laut Sachsens Demokratie 800.000 Verkehrsdaten und 40.000 Telefonnummern ermittelt wurden. Am 12. April und 02. Mai 2011 kam es in Brandenburg, Sachsen und speziell in Dresden laut der Soli-Seite zu weiterens Hausdurchsuchungen gegen Linke aus verschiedenen politischen Zusammenhängen. Polizei und Staatsanwaltschaft werfen ihnen unter anderem „schweren Landfriedensbruch“ (§125a), „Aufruf zu Straftaten“ (§111), Sachbeschädigung (§303), Körperverletzung (§223) und „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (§129 StGB) vor. Zunächst liefen die Ermittlungen unter identischem Aktenzeichen, zwischenzeitlich wurden sie wohl offiziell getrennt, können aber jederzeit wieder zusammengeführt werden. Am 10 August wurde dann eine Hausdurchsuchung beim Jenaer Jugenpfarrer in Thüringen durchgeführt und gegen ihn auch wegen Mitgliedsschaft in der kriminellen Vereinigung ermittelt. Dieses führte zu breiten Protesten bis zu einem offenem Brief des Jenaer SPD-Bürgermeisters an den Sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich. Welchen dieser laut Sachsens Demokratie durch die Staatsanwaltschaft beantworten ließ.
Funkzellenauswertung dient für Bagatellverfahren
Die Daten einer Funkzellenabfrage nach einer Anti-Nazi Demonstration in Dresden im Februar 2011, welche für die Ermittlung wegen dem #§ 129 Verfahren gegen Antifas erlangt wurden, wurden von der Dresdener Polizei in anderen harmlosen Verfahren zweckentfremdet. Offizielle wurden die Daten laut Sachsens Demokratie zur Ermittlung von Landfriedensbruch übergeben. Laut taz wurden die Daten allerdings auch für Verstöße gegen das Versammlungsgesetz benutzt. Ausgewertet wurden die Daten mit einem Fallanalyse-Programm namens EFAS. Ende Okober kam durch eine Antwort auf eine Anfrage von dem MdL Johannes Lidchi heraus, dass die Polizei trotz der Beanstandung durch den LfDI 12.000 weitere Anschlussteilnehmer der bei Funkzellenabfrage registrierten SIM-Karten ermittelt hat.
Massenabfragen nach Brandanschlag
Nach einem Brandanschlag auf Fahrzeuge der Bundeswehr im April 2009 hat die sächsische Polizei 162000 Belege von der Baumarktkette Obi übernommen (TODO: Hat Obi die freiwillig rausgegeben oder auf Gerichtsbeschluss?). Der diese Zahl nennende taz-Artikel vom 27.7.2011 macht aber nicht klar, was dann damit gemacht wurde.
Die im Rahmen dieses Verfahrens ebenfalls ausgewerteten 1.120.535 Verbindungsdatensätze aus einer Funkzellenauswertung sollen jedenfalls aus Tatortnähe (dafür aber über mehrere Tage) stammen. Aus diesen hat das LKA nach unklaren Kriterien 250 Personen zur Bestandsdatenabfrage ausgesucht. Ein Provider hat allerdings offenbar gleich mit der Funkzellenabfrage alle erwähnten Bestandsdaten mitgeliefert (82.665 Personen).
TODO: Anfrage aus Parlamentsdoku in Sachsen raussuchen und sehen, ob das mehr hergibt als der taz-Artikel: http://www.landtag.sachsen.de/de/suche/suchen.do
Weiteres dazu:
BTM-Einträge nach Durchsuchung
Etliche (mindestens 8) Betroffene der Stürmung des Rotebaum-Zentrums im Zuge des #§ 129 Verfahren gegen Antifas nach der 2011-Nazidemo waren danach in der #Vorgangsbearbeitung IVO mit etwas wie einem BTM (Betäubungsmittel) PHW markiert, da bei der Stürmung ca. 6 g Haschisch gefunden wurden, die keiner Person zuzuordnen gewesen waren. Quelle ?
Errichtungsanordnung ist Verschlusssache
Unglaublicherweise musste MdL Johannes Lichdi 2011 klagen, um die Errichtungsanordnung für die #Vorgangsbearbeitung IVO zu bekommen (PE von Lichdi dazu). Das ist um so bizarrer, als die Errichtungsanordnungen in aller Regel im Wesentlichen etwas wie "wir dürfen alles" aussagen (vgl. z.B. FIT) für eine Errichtungsanordnung auf Bundesebene, die das BKA übrigens anstandslos rausgerückt hat).