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Revision 8 vom 2010-02-06 11:14:50
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Kommentar: + 29. TB BaWü: Keine Verkehrsdelikte in POLAS
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POLAS ist der Quasistandard bei den Auskunftssystemen der Landespolizeien der BRD. Aus der [[http://www3.landtag-bw.de/wP13/Drucksachen/1000/13_1748_d.pdf|Drucksache 13/1748]] des Baden-Württembergischen Landtags (S. 28) geht hervor, dass Hamburg und [[http://home.t-online.de/home/polizei-marburg/presse/meld_hmdi/hmdi_polas_comvor.htm|Hessen hier Vorreiter]] waren. Inzwischen läuft es jedenfalls auch in NRW (siehe unten) und auch in Ba''''''Wü. (POLizeiAuskunftsSystem) ist der Quasistandard bei den Auskunftssystemen der [[Datenbanken auf Länderebene|Landespolizeien]] der BRD. POLAS bietet die Möglichkeit, Auskünfte aus dem Schengener Informationssystem ([[SIS]]) einzuholen, sowie Direktanfragen an das Zentrale Verkehrsinformationssystem ([[ZEVIS]]) und an das Ausländerzentralregister ([[AZR]]) zu stellen.
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Eigenartig an der zitierten Drucksache ist übrigens, dass Polas als Ersatz für INPOL bezeichnet wird. Das ist ziemlich sicher unzutreffend, auch wenn die [[http://www3.landtag-bw.de/wP13/Drucksachen/1000/13_1042_d.pdf|Drucksache 13/1042]] davon spricht, dass INPOL-Neu nach dem in InpolFragen berichteten 2002er-Desaster auf POLAS basiert sein soll (S. 6). Man weiß zwar nicht recht, auf was die Jungs von KPMG, die INPOL-Neu "rausgerissen" haben, zurückgegriffen haben, nach allem, was öffentlich bekannt ist, dürften sie aber ihren Oracle-Kram ziemlich von Grund auf hochgezogen haben. Eine brauchbare Übersicht über aktuelle Praktiken rund um POLAS (mit speziellem
Blick auf Baden-Württemberg) bietet [[http://www.landesarchiv-bw.de/sixcms/media.php/120/58907/Transferarbeit2015_Kathke.pdf|Kathke (2015)]].
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Anfragen der Beamten, die über Funk ablaufen, sprechen in Hamburg zwar auch von einer "POLAS-Abfrage", aber das System oder der Begriff scheint weitergehend zu besetzt zu sein. Das Innenministerium NRW informiert auf [einer eigenen Seite http://www.im.nrw.de/sch/151.htm] relativ freimütig über die Technik: == Geschichte ==
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 "Das Computernetz POLAS verbindet landesweit 26 000 Polizeirechner in über 450 Dienststellen der nordrhein-westfälischen Polizei. Durch moderne Web-Technik sind Datenauskünfte an jedem PC möglich. Polizeibeamte können so an allen vernetzten Arbeitsplätzen mit POLAS schneller und effektiver ermitteln als bisher. Sie können sich schneller über aktuelle Fahndungsdaten informieren. Beispielsweise über gefährliche, gesuchte Personen oder gestohlene Fahrzeuge. POLAS ist eine Weiterentwicklung des ursprünglich vom [[BKA]] für die [[Länder]] betriebenen INPOL-Land von [[Hamburg]], [[Hessen]] und [[Baden-Württemberg]] im Rahmen des gemeinsamen INPOL-Land-POLAS-Competence-Center (IPCC). vgl [[http://de.wikipedia.org/wiki/INPOL-Land-POLAS-Competence-Center|Wikipedia:IPCC]]
 
== Inhalt der Daten ==
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 [...]  * Nachname, Geburtsname, Vornamen, Spitzname, Geburtsort, Geburtsland, Staatsangehörigkeiten, Geschlecht
 * Haftdaten (Aufnahmedatum, Entlassung, Dauer der Strafe etc.), kriminalaktenführende Dienststelle
 * Personenbeschreibung (incl. körperlicher Merkmale und besonderem Aussehen) die im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung für Zwecke des Erkennungsdienstes erhoben werden durfte ([[ED-Daten]]).
 * Personengebundene Hinweise [[PHW]] (gewalttätig, bewaffnet, BtM-Konsument, BtM-Konsument Konsument harter Drogen, Sexualtäter, geisteskrank, Fluchtgefahr, Ausbrecher, Prostitution, Dieb, Betrüger, Scheckkartenfälscher, Straftäter rechts motiviert, Straftäter links motiviert, Straftäter politisch krimineller Ausländer, Gewalttäter Sport, Ansteckungsgefahr)
g * Falldaten zu begangenen Straftaten
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 Die Internet-Technologie von POLAS ist auf einem Zentral-Rechner in Duisburg gespeichert. Notwendige Änderungen können dort eingegeben werden und sind sofort im ganzen Land verfügbar. Die Landesregierung hat für die Gesamtentwicklung von POLAS 2,6 Millionen Euro investiert. == Verknüpfung von POLAS und INPOL ==
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 POLAS ist auf die zukünftigen Bedürfnisse der Polizei zugeschnitten. So kann es sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene mit benachbarten polizeilichen Fahndungs- und Auskunftssystemen verknüpft werden. Die Software ist zudem ausbaufähig und veränderbar. Technisch ist es möglich, Daten über drahtlose Verbindungen des Polizeinetzes abzufragen. Bei den Anfragen der Beamten, die über Funk ablaufen, sprechen die Beamten in [[Hamburg]] zwar auch von einer "POLAS-Abfrage", aber das System oder der Begriff scheint für einen größeren Bereich verwendet zu werden. Zumindestens werden jedenfalls in BaWü die Abfragen regelmäßig
simultan bei POLAS-BW, [[INPOL]] (also vermutlich dem dortigen [[KAN]]) und
[[SIS]] gestellt, wie aus dem 28. Teilbericht des [[LfDI]] BaWü hervorgeht.
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 Das neue Verfahren löst das System PIKAS (Polizeiliches Informations-, Kommunikations- und Auswertesystem) ab, das vor über 28 Jahren in NRW eingeführt wurde. Die Großrechnertechnik der 70er Jahre war schwer zu warten und musste bei Ausfällen kostspielig repariert werden. Die 2 000 speziellen Datenstationen für Fahndungsauskünfte konnten nur besonders geschulte Mitarbeiter nutzen. Diese mussten die Abfragen telefonisch oder über Funk beantworten."  <<Doclink(2007-LfDBaWue-Bericht28.pdf,28. TB LfD BaWü)>> (pdf) Kapitel 2.1/3
 
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== Details == == Technics ==
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Im <<Doclink(2008-LfDBaWue-Bericht29.pdf,29. TB LfD BaWü)>>, 2.1, 2.2.3 wird von "PKS-Fällen" berichtet. Idee ist offenbar, dass die Auskunftssysteme auch zur Erstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik verwendet werden und die Polizei einfach alles reinschreibt, was ihre Arbeit dokumentiert. Die entsprechenden Eintragungen sind dann mit einer Löschfrist von 13 Monaten versehen. Dass hier Zweckbindung und (weil der Kram offenbar durchaus suchbar ist) Verhältnismäßigkeit völlig vor die Hunde gehen, ist der Polizei wurst. Ein konkreter Fall, den der LfD gefunden hat: Jemand hisst eine BRD-Fahne mit einer Banane drauf, der Staatsanwalt prüft und findet, das sei keine Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole; das Resultat ist eine PKS-Speicherung in POLAS-BW. Das Innenministerium informiert(e) auf http://www.im.nrw.de/sch/151.htm
relativ freimütig über die Technik:
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<<Doclink(2008-LfDBaWue-Bericht29.pdf,29. TB LfD BaWü)>>, 2.1, 2.2.4: Verkehrsdelikte werden nicht in POLAS-BW gespeichert. {{{#!wiki note
 "Das Computernetz POLAS verbindet landesweit 26 000 Polizeirechner in über 450 Dienststellen der nordrhein-westfälischen Polizei. Durch moderne Web-Technik sind Datenauskünfte an jedem PC möglich. Polizeibeamte können so an allen vernetzten Arbeitsplätzen mit POLAS schneller und effektiver ermitteln als bisher. Sie können sich schneller über aktuelle Fahndungsdaten informieren. Beispielsweise über gefährliche, gesuchte Personen oder gestohlene Fahrzeuge. (..) Die Internet-Technologie von POLAS ist auf einem Zentral-Rechner in Duisburg gespeichert. Notwendige Änderungen können dort eingegeben werden und sind sofort im ganzen Land verfügbar. Die Landesregierung hat für die Gesamtentwicklung von POLAS 2,6 Millionen Euro investiert. POLAS ist auf die zukünftigen Bedürfnisse der Polizei zugeschnitten. So kann es sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene mit benachbarten polizeilichen Fahndungs- und Auskunftssystemen verknüpft werden. Die Software ist zudem ausbaufähig und veränderbar. Technisch ist es möglich, Daten über drahtlose Verbindungen des Polizeinetzes abzufragen. Das neue Verfahren löst das System PIKAS (Polizeiliches Informations-, Kommunikations- und Auswertesystem) ab, das vor über 28 Jahren in NRW eingeführt wurde. Die Großrechnertechnik der 70er Jahre war schwer zu warten und musste bei Ausfällen kostspielig repariert werden. Die 2 000 speziellen Datenstationen für Fahndungsauskünfte konnten nur besonders geschulte Mitarbeiter nutzen. Diese mussten die Abfragen telefonisch oder über Funk beantworten."
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[[http://de.indymedia.org/2006/02/140159.shtml|Diese Indymedia-Geschichte]] über kreative Verwendung des hessischen POLAS illustriert, weswegen man sehen sollte, was die Polizei so gespeichert hat. === TODO ===

Dieser [[http://de.indymedia.org/2006/02/140159.shtml|Indymedia-Artikel]] aus [[Hessen]] über kreative Verwendung des POLAS illustriert, weswegen man sehen sollte, was die Polizei so gespeichert hat.

=== POLAS und die PKS ===

In seinem <<Doclink(2008-LfDBaWue-Bericht29.pdf,29. TB (2008)>> berichtet der
LfDI BaWü in Kapitel 2 von Konsequenzen aus Nutzung von POLAS zur Erstellung
der Polizeiliche Kriminalitäts-Statistik (PKS). Damit die Statistik am Schluss
stimmt, muss logischerweise jede Menge Kram reingeschrieben werden, der gemäß
der eigentlichen Zweckbestimmung von POLAS (Aufklärung und Prävention von
Straftaten) nicht gespeichert werden dürften. Die entsprechenden Eintragungen
sind dann mit einer Löschfrist von 13 Monaten versehen. Dass hier
[[Zweckbindung]] und (weil der Kram offenbar durchaus suchbar ist)
Verhältnismäßigkeit völlig vor die Hunde gehen, war der Polizei wenigstens 2008
gleichgültig. Der LfDI nennet auch einen konkreten Fall, der gut illustriert,
was für irre Folgen die Missachtung elementarer Grundsätze des Datenschutzes
hat: Jemand hisst eine BRD-Fahne mit einer Banane drauf, der Staatsanwalt prüft
und findet, das sei keine Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole;
trotzdem taucht er nun bei allen möglichen Suchen in POLAS BaWü auf.

POLAS

(POLizeiAuskunftsSystem) ist der Quasistandard bei den Auskunftssystemen der Landespolizeien der BRD. POLAS bietet die Möglichkeit, Auskünfte aus dem Schengener Informationssystem (SIS) einzuholen, sowie Direktanfragen an das Zentrale Verkehrsinformationssystem (ZEVIS) und an das Ausländerzentralregister (AZR) zu stellen.

Eine brauchbare Übersicht über aktuelle Praktiken rund um POLAS (mit speziellem Blick auf Baden-Württemberg) bietet Kathke (2015).

Geschichte

POLAS ist eine Weiterentwicklung des ursprünglich vom BKA für die Länder betriebenen INPOL-Land von Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg im Rahmen des gemeinsamen INPOL-Land-POLAS-Competence-Center (IPCC). vgl Wikipedia:IPCC

Inhalt der Daten

  • Nachname, Geburtsname, Vornamen, Spitzname, Geburtsort, Geburtsland, Staatsangehörigkeiten, Geschlecht
  • Haftdaten (Aufnahmedatum, Entlassung, Dauer der Strafe etc.), kriminalaktenführende Dienststelle
  • Personenbeschreibung (incl. körperlicher Merkmale und besonderem Aussehen) die im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung für Zwecke des Erkennungsdienstes erhoben werden durfte (ED-Daten).

  • Personengebundene Hinweise PHW (gewalttätig, bewaffnet, BtM-Konsument, BtM-Konsument Konsument harter Drogen, Sexualtäter, geisteskrank, Fluchtgefahr, Ausbrecher, Prostitution, Dieb, Betrüger, Scheckkartenfälscher, Straftäter rechts motiviert, Straftäter links motiviert, Straftäter politisch krimineller Ausländer, Gewalttäter Sport, Ansteckungsgefahr)

g * Falldaten zu begangenen Straftaten

Verknüpfung von POLAS und INPOL

Bei den Anfragen der Beamten, die über Funk ablaufen, sprechen die Beamten in Hamburg zwar auch von einer "POLAS-Abfrage", aber das System oder der Begriff scheint für einen größeren Bereich verwendet zu werden. Zumindestens werden jedenfalls in BaWü die Abfragen regelmäßig simultan bei POLAS-BW, INPOL (also vermutlich dem dortigen KAN) und SIS gestellt, wie aus dem 28. Teilbericht des LfDI BaWü hervorgeht.

Technics

Das Innenministerium informiert(e) auf http://www.im.nrw.de/sch/151.htm relativ freimütig über die Technik:

  • "Das Computernetz POLAS verbindet landesweit 26 000 Polizeirechner in über 450 Dienststellen der nordrhein-westfälischen Polizei. Durch moderne Web-Technik sind Datenauskünfte an jedem PC möglich. Polizeibeamte können so an allen vernetzten Arbeitsplätzen mit POLAS schneller und effektiver ermitteln als bisher. Sie können sich schneller über aktuelle Fahndungsdaten informieren. Beispielsweise über gefährliche, gesuchte Personen oder gestohlene Fahrzeuge. (..) Die Internet-Technologie von POLAS ist auf einem Zentral-Rechner in Duisburg gespeichert. Notwendige Änderungen können dort eingegeben werden und sind sofort im ganzen Land verfügbar. Die Landesregierung hat für die Gesamtentwicklung von POLAS 2,6 Millionen Euro investiert. POLAS ist auf die zukünftigen Bedürfnisse der Polizei zugeschnitten. So kann es sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene mit benachbarten polizeilichen Fahndungs- und Auskunftssystemen verknüpft werden. Die Software ist zudem ausbaufähig und veränderbar. Technisch ist es möglich, Daten über drahtlose Verbindungen des Polizeinetzes abzufragen. Das neue Verfahren löst das System PIKAS (Polizeiliches Informations-, Kommunikations- und Auswertesystem) ab, das vor über 28 Jahren in NRW eingeführt wurde. Die Großrechnertechnik der 70er Jahre war schwer zu warten und musste bei Ausfällen kostspielig repariert werden. Die 2 000 speziellen Datenstationen für Fahndungsauskünfte konnten nur besonders geschulte Mitarbeiter nutzen. Diese mussten die Abfragen telefonisch oder über Funk beantworten."

Skandale

TODO

Dieser Indymedia-Artikel aus Hessen über kreative Verwendung des POLAS illustriert, weswegen man sehen sollte, was die Polizei so gespeichert hat.

POLAS und die PKS

In seinem 29. TB (2008 berichtet der LfDI BaWü in Kapitel 2 von Konsequenzen aus Nutzung von POLAS zur Erstellung der Polizeiliche Kriminalitäts-Statistik (PKS). Damit die Statistik am Schluss stimmt, muss logischerweise jede Menge Kram reingeschrieben werden, der gemäß der eigentlichen Zweckbestimmung von POLAS (Aufklärung und Prävention von Straftaten) nicht gespeichert werden dürften. Die entsprechenden Eintragungen sind dann mit einer Löschfrist von 13 Monaten versehen. Dass hier Zweckbindung und (weil der Kram offenbar durchaus suchbar ist) Verhältnismäßigkeit völlig vor die Hunde gehen, war der Polizei wenigstens 2008 gleichgültig. Der LfDI nennet auch einen konkreten Fall, der gut illustriert, was für irre Folgen die Missachtung elementarer Grundsätze des Datenschutzes hat: Jemand hisst eine BRD-Fahne mit einer Banane drauf, der Staatsanwalt prüft und findet, das sei keine Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole; trotzdem taucht er nun bei allen möglichen Suchen in POLAS BaWü auf.