Revision 4 vom 2009-12-19 19:41:01

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VIS soll eine Datenbank werden, in der die Schengenstaaten Informationen über die von ihnen ausgestellten Visa austauschen, inklusive Fingerabdrücke der Antragsteller (Größenordnung: 20 Millionen Datensätze pro Jahr). 2009 lief noch nichts.

Die Datenbank dürfte BürgerInnen der EU im wesentlichen nicht bedrohen, da sie keine Visa für den Schengenraum beantragen dürften. AusländerInnen trifft es allerdings hart; für sie kehrt diese Datenbank die Unschuldsvermutung de facto um, jedenfalls im Bereich von politischen und "schweren" Straftaten.

Nach 9/11 wollte der Rat eine Verschärfung der durch den Schengen-Acquis vorgeschriebenen gegenseitigen Konsultation in Visafragen über ein "Netzwerk" namens VISION (vgl. Ratsmitteilung 5148/02). Dazu sollte eine Visa-Datenbank eingerichtet werden; genauere Pläne dafür wurden beim Sevilla-Gipfel 2002 geschmiedet, der Ratsbeschluss 2004/512/EC hat dann die VIS-Entwicklung in die Wege geleitet.

Nach diesem Beschluss lehnt sich VIS in seiner Struktur eng an SIS an (wahrscheinlich wird es auch die gleich Infrastruktur nutzen, so wie VISION längst auf SISNET aufsetzt): Es gibt ein CS-VIS und ein NI-VIS, die Behörden der Mitgliedstaaten greifen auf ihre NI-VIS zu, die ihrerseits mit CS-VIS synchronisieren (Art. 1). VIS sollte ursprünglich von der Kommission betrieben werden (Art. 2); inzwischen (2009) gehen die Pläne aber zu einer eigenen Agentur.

Näheres zu VIS folgte dann 2005 in der Beschlussvorlage 15142/05 (Gibts das irgendwo als Beschluss?). Darin werden u.a. folgende Punkte festgehalten:

  1. Die Staatssicherheitsbehörden der Mitgliedsstaaten sollen auf jeden Fall Zugriff auf VIS haben.
  2. Europol soll Zugriff auf VIS haben.
  3. Aber natürlich nur, wenn sie Terrorismus schreiben können. VIS soll erstmal keine "regular crime fighting database" werden.

Zu diesem Zweck sollen Daten zu 20 Millionen Visa-Anträgen pro Jahr gespeichert werden, inklusive Fingerabdrücke. Bei einer Speicherfrist von fünf Jahren rechnet die Kommission mit 70 Millionen Fingerabdrucksätzen, die in VIS vorliegen sollen. Um das Nehmen von Fingerabdrücken mit dem Vorsatz "individuals whose data are processed in the VIS [...] are to be treated as innocent individuals and not as suspects in a criminal investigation" (15142/05, S. 6) zusammenzubringen, fordert der Rat die Mitgliedsstaaten auf, "to lay down effective, proportionate and dissuasive sanctions to be imposed in case of infringement of data protection provisions, including criminal sanctions for particularly serious and intentionally committed infringements," was durch einen jährlichen Audit unterstützt werden soll. Ob der Rat an diese Sorte Märchen glaubte, ist nicht überliefert, aber die Audit-Berichte sollen immerhin öffentlich sein (Art. 8 (6)). Alle VIS-Zugriffe durch Staatssicherheitsorgane sollen geloggt werden (Art. 10 (1)).

Tatsächlich sieht Artikel 5 (1b) vor: "access for consultation must be necessary for the purpose of the prevention, detection or investigation of terrorist offences or other serious criminal offences" (Hervorhebung datenschmutz). Also: Die Fingerabdrücke werden so oder so in die normale Mühle gehen.

Die Staatssicherheitsbehörden und Europol sollen folgenden Datensatz bekommen (Art. 5 (2)):

  • Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort
  • Nationalität
  • Daten zu Ausweisdokumenten, Visumtyp, Visumnummer
  • Reiseziel und -zweck, geplante Aufenthaltsdauer, Einreisedatum, Ausreisedatum
  • Eintrittsort
  • Wohnort
  • Fotografien
  • Fingerabdrücke

Im Wesentlichen beliebige weitere Daten können auf Anfrage übermittelt werden (Art. 5 (3)).

Datenbanken EU