Unterschiede zwischen den Revisionen 12 und 13
Revision 12 vom 2020-10-13 15:43:43
Größe: 3552
Autor: anonym
Kommentar: Struktur-Fix
Revision 13 vom 2020-10-13 16:06:34
Größe: 6940
Autor: anonym
Kommentar:
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= Fallbearbeitung =

Weil alle Länder inzwischen rsCase verwenden, wird wohl auch Brandenburg
eine Instanz laufen haben.

== KESY ==

Seit 2010 hat die Brandenburger Polizei ein Kennzeichenerfassungssystem,
kurz KESY. In seinem 21. TB (2019) schreibt der LfD darüber:

{{{#!blockquote
Strafverfolgung nach Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO)
eingesetzt. Das System umfasst mehrere stationäre Anlagen mit Kameras,
die an definierten Standorten in Brandenburg digitalisierte
Bilder von Kraftfahrzeugkennzeichen und die rückwärtige Ansicht
des Fahrzeugs aufnehmen. Das Verfahren kann im sogenannten
Fahndungsmodus betrieben werden, bei dem erfasste Kennzeichen
mit einem konkreten Fahndungsbestand abgeglichen, Nichttreffer
automatisiert gelöscht und nur sogenannte „Treffer“ für die weitere
Bearbeitung gespeichert werden. Im sogenannten Aufzeichnungsmodus werden
dagegen alle Kennzeichen von Fahrzeugen, die eine Erfassungskamera
passieren, eingelesen, aufgezeichnet und gespeichert. Diese
Datenbestände sind, solange keine Löschung erfolgt, dauerhaft
recherchierbar (S. 100)f
}}}

Der Aufzeichnungsmodus wird dabei für Ringfahndungen (§111 StPO) und
Observationen nach §100h (1) StPO eingesetzt – was von der
Argumentation her schon sehr abwegig erscheint, da ja hunderttausende
Datensätze anfallen, die mit den Fahndungsmaßnahmen überhaupt nichts zu
tun haben; diese Probleme sieht auch der LfD (21. TB, 2019, S. 103).

Bei einer Kontrolle hat er zudem festgestellt, dass die Polizei die
Aufzeichnung auch noch ultraexzessiv eingesetzt haben: Allein wegen ein
paar Einbrecher_innen wurde insgesamt 23 Monate (!) lang mitgeschnitten
und flächendeckend gespeichert. Und offenbar hat die Polizei das System
auch sonst gerne aufzeichnen lassen – für längere Aufzeichnungszeiten
waren gar keine Anordnungen von Staatsanwaltschaft oder Gericht zu
finden, und es gab auch keine erkennbaren Bemühungen, offensichtlih
widerrechtlich gespeicherte Daten zu löschen. Darüber hinaus waren die
Zugriffsrechte weit gestreut; die Intervention des LfD hat zu einer
Halbierung der Zugriffsberechtigten geführt, was dieser aber immer noch
für zu breit hält (21. TB, 2019, S. 104f).

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== Frei drehendes Kennzeichenscanning ==

Brandenburg hat etliche Verkehrskameras, die zumindest in der zweiten
Hälfte der 2010er Jahre mehr oder minder durchweg alle Kennzeichen
mitgeschnitten haben (vgl. KESY oben). Das hat jahrelang offenbar
keine_n Polizist_in, Richter_in oder Staatsanwält_in gestört und ist
erst hochgegangen, als in 2019 bei Ermittlungen ein Autofahrer
vorgeladen wurde, weil er auf einer Straße gefahren sei, und zwar unter
Berufung auf die Kennzeichenscanner.

Der LfD berichtet auf 10 Seiten in einem 21. TB von der folgenden
Skandalkette, bei der sich die Polizei nicht mal schämte, dem LfD den
Einblick in die Daten zu verweigern; vor allem aber zeigte sich, dass
die Polizei einfach wild und ohne jeden Respekt für Bürgerrechte
aufgrund von untauglichen Rechtsgrundlagen und weit jenseits jeder
Notwendigkeit oder auch konkreten Eignung speicherte, und dazu noch
zumeist in einem doch eher nebensächlichen Verfahren von, wie es
aussieht, einer banalen Einbrecherbande.

Dass sich an dem ernstehenden Datensee auch die Berliner Polizei gütlich
tat, ist das Extra-Apercu.

Rechtsgrundlagen

Auskunftssysteme der Polizei

Inzwischen ist auch Brandenburg bei POLAS.

Zuvor hat sich das Land offenbar bereits zu Polas-Zeiten ein eigenes Auskunftssystem namens PASS (Polizeiliches Auskunfssystem Straftaten) schreiben lassen.

Brandenburg wäre nicht das Land Schönbohms (gewesen), wenn es nicht eine extra fiese Datenbank vom Spudok-Typ hätte: ASS, das Auswerte-System Staatsschutz Brandenburg. Der LfD schreibt, das System enthalte Daten, "die lediglich auf Grund bestimmter Merkmale eingestellt werden, ohne dass ihre Relevanz bereits nachweisbar ist". Immerhin ist ASS "zweistufig" gebaut, so dass in einem "Rootsystem" Grunddaten und in "Vorsystemen" einzelne Nutzer Daten "zur Unterstützung laufender Ermittlungsverfahren und Gefahrenabwehrvorgängen" vorhalten können, ohne dass sie in den allgemeinen Datenbestand geraten.

Brandenburg betreibt wohl auch eine Instanz der Sexualstraftäter-Datei HEADS (vgl Datenbanken Bayern; näheres recherchieren).

Vorgangsbearbeitung

Ab 2007: ComVor.

Dazu schreibt der LfD in seinem 21. TB (2019) über ein „Einsatzleitsystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben ELBOS“ (S. 98); das klingt erstmal nach etwas, das in anderen Ländern die Vorgangsverwaltung mit macht. Wenn jemand Auskünfte daraus bekommt, wären wir neugierig, was die wohl sind.

Fallbearbeitung

Weil alle Länder inzwischen rsCase verwenden, wird wohl auch Brandenburg eine Instanz laufen haben.

KESY

Seit 2010 hat die Brandenburger Polizei ein Kennzeichenerfassungssystem, kurz KESY. In seinem 21. TB (2019) schreibt der LfD darüber:

Strafverfolgung nach Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) eingesetzt. Das System umfasst mehrere stationäre Anlagen mit Kameras, die an definierten Standorten in Brandenburg digitalisierte Bilder von Kraftfahrzeugkennzeichen und die rückwärtige Ansicht des Fahrzeugs aufnehmen. Das Verfahren kann im sogenannten Fahndungsmodus betrieben werden, bei dem erfasste Kennzeichen mit einem konkreten Fahndungsbestand abgeglichen, Nichttreffer automatisiert gelöscht und nur sogenannte „Treffer“ für die weitere Bearbeitung gespeichert werden. Im sogenannten Aufzeichnungsmodus werden dagegen alle Kennzeichen von Fahrzeugen, die eine Erfassungskamera passieren, eingelesen, aufgezeichnet und gespeichert. Diese Datenbestände sind, solange keine Löschung erfolgt, dauerhaft recherchierbar (S. 100)f

Der Aufzeichnungsmodus wird dabei für Ringfahndungen (§111 StPO) und Observationen nach §100h (1) StPO eingesetzt – was von der Argumentation her schon sehr abwegig erscheint, da ja hunderttausende Datensätze anfallen, die mit den Fahndungsmaßnahmen überhaupt nichts zu tun haben; diese Probleme sieht auch der LfD (21. TB, 2019, S. 103).

Bei einer Kontrolle hat er zudem festgestellt, dass die Polizei die Aufzeichnung auch noch ultraexzessiv eingesetzt haben: Allein wegen ein paar Einbrecher_innen wurde insgesamt 23 Monate (!) lang mitgeschnitten und flächendeckend gespeichert. Und offenbar hat die Polizei das System auch sonst gerne aufzeichnen lassen – für längere Aufzeichnungszeiten waren gar keine Anordnungen von Staatsanwaltschaft oder Gericht zu finden, und es gab auch keine erkennbaren Bemühungen, offensichtlih widerrechtlich gespeicherte Daten zu löschen. Darüber hinaus waren die Zugriffsrechte weit gestreut; die Intervention des LfD hat zu einer Halbierung der Zugriffsberechtigten geführt, was dieser aber immer noch für zu breit hält (21. TB, 2019, S. 104f).

Verfassungsschutz

NADIS, wie alle VS-Behörden

Brandenburg hat im bundesweiten Vergleich ein recht liberales Auskunftsrecht.

Der Deutschlandfunk berichtete 2004, dass der VS Brandenburg ein Siebel-CRM (!) einsetzt, um seine Daten zu halten. Diese Konvergenz privater und staatlicher Schnüffellust ist schon deshalb bedenklich, weil privatem Wissensdurst rechtlich (noch) weit weniger Grenzen gesetzt sind als staatlichem und zumindest mal Begehrlichkeiten geweckt werden. "Sicherheitsbehörden nutzen nur einen Bruchteil der Fähigkeiten, die Privatindustrie nutzt oder nutzen könnte... das macht natürlich auch etwas nachdenklich," sagt etwa NRW VS-Boss Hartwig Möller. Interessanterweise verweist der VS Brandenburg in dieser Sache auf die Öffentlichkeitsarbeit des DLF.

Skandale

Anonymisieren für blutige Anfänger_innen

Reizvoll ist eine Geschichte aus dem 2003er Tätigkeitsbericht des LfD, nach der die Polizei Daten in PASS, die sie eigentlich hätte löschen sollen, einfach nur "anonymisierte", in dem sie Name und Vorname überschrieb, nicht aber Geburtsdatum und Wohnort.

Frei drehendes Kennzeichenscanning

Brandenburg hat etliche Verkehrskameras, die zumindest in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre mehr oder minder durchweg alle Kennzeichen mitgeschnitten haben (vgl. KESY oben). Das hat jahrelang offenbar keine_n Polizist_in, Richter_in oder Staatsanwält_in gestört und ist erst hochgegangen, als in 2019 bei Ermittlungen ein Autofahrer vorgeladen wurde, weil er auf einer Straße gefahren sei, und zwar unter Berufung auf die Kennzeichenscanner.

Der LfD berichtet auf 10 Seiten in einem 21. TB von der folgenden Skandalkette, bei der sich die Polizei nicht mal schämte, dem LfD den Einblick in die Daten zu verweigern; vor allem aber zeigte sich, dass die Polizei einfach wild und ohne jeden Respekt für Bürgerrechte aufgrund von untauglichen Rechtsgrundlagen und weit jenseits jeder Notwendigkeit oder auch konkreten Eignung speicherte, und dazu noch zumeist in einem doch eher nebensächlichen Verfahren von, wie es aussieht, einer banalen Einbrecherbande.

Dass sich an dem ernstehenden Datensee auch die Berliner Polizei gütlich tat, ist das Extra-Apercu.