Inhaltsverzeichnis
Im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung werden in vielen Ländern der EU (derzeit aber nicht von Staats wegen in der BRD) von Telekommunikationsunternehmen TK-Verkehrsdaten 6 Monate bis 2 Jahre gespeichert.
Die Vorratsdatenspeicherung ist eine der Privat-Öffentliche Datenbanken welche für die Sicherheitsbehörden von Bund und Länder zur Verfügung gestellt werden müssen.
Begriffserklärung
Vorratsdatenspeicherung heißt verdachtsunabhängige Speicherung von Telekommunikation-Verkehrsdaten von allen Personen auf Vorrat. Bei Bedarf soll dann auf dieses zugegriffen werden; zum Zugriff auf ohnehin gespeicherte Daten vgl. TK-Verkehrsdaten. Die Vorratsdatenspeicherung ist natürlich keine Datenbank von BKA oder der Länderpolizeien, da die eigentliche Datenhaltung von privaten Stellen vorgenommen wird. Allerdings sollen die Telekommunikationsdienstleister die Vorratsdatenspeicherung für die Repressionsorgane vornehmen, damit diese bei Bedarf darauf zugreifen können. Dieses geht auf eine EU-Richtlinie zurück, die dieses für alle EU-Länder vorschreibt.
Was soll gespeichert werden?
Die Internetprovider sollen bei der Vorratsdatenspeicherung sämtliche IP-Verbindungen von allen Bürger_innen speichern. Die Mobilfunkbetreiber müssen sämtliche Verbindungsdaten (d.h. Funkzelle bei einem Gespräch, wer mit wem (d.h. die IMSI) telefoniert und wie lange, ansonsten die Stadt wo das Handy gerade ist und die Gerätenummer (IMEI) des Handys) von allen Bürger_innen speichern. Bei Internetprovidern sollen die Dauer der Internetverbindung und die zugewiesene IP Adresse gespeichert werden. Bei E-Mail Diensten sollen die Empfänger und Sender von Emails samt und Absendezeiten gespeichert werden. Dazu soll noch die IPs geseichert werden von wo die eMails abgeschickt wurde.
Siehe auch:Ak Vorrat Hintergrundinformationen
Auswirkungen der Speicherungen
Erstellung eines Bewegungsprofils mit Hilfe der Vorratsdatenspeicherung
Um zu zeigen, was durch die Vorratsdatenspeicherung alles enthüllt werden kann, hat der Grünenpolitiker Malte Spitz sich entschlossen, seine Vorratsdaten aus dem Zeitraum August 2009 bis Februar 2010 zu veröffentlichen. Die Daten hat er ZEIT-Online zur Verfügung gestellt und von der ZEIT wurde mit Hilfe von Tweets und Blogeinträgen ein Bewegungsprofil erstellt
ZEIT-Online: Was Vorratsdaten über uns verraten
Daten zur Überwachung von politischen Oppositionellen
In einer geleakten Werbe-Broschüre der Firma Elamann wird eine Analysesoftware (Data Mining) angepriesen mit welcher sich mit der Vorratsdatenspeicherung oppositionelle überwachen lassen (vgl Fefes blog vom 8.12.2011).
Honeypots in politischen Verfahren
Das BKA hat mehrfach IP-Adressen bei Zugriffen auf präparierte Webseiten geloggt und versucht, sie aufzulösen. Das war zwar in keinem bekannten Fall wirksam, hat aber jedenfalls im mg-Verfahren mindestens 120 Menschen in den Fokus von BKA-Ermittlungen gerückt (die das BKA aber durchweg wieder in Ruhe lassen musste). Näheres bei Datenbanken BKA#Honeypots.
Geschichte
Die Frühgeschichte der VDS haben wir ein einem get connected von 2007 beleuchtet.
Was folgte, waren permanente Versuche von Politik und Repressionsorganen, den Kram durchzusetzen und auszuweiten, und recht stringente Zurückweisungen durch Gerichte – weit mehr, als wir hier nachvollziehen wollen. Nur ein paar Punkte:
Pressemitteilung des BVerfG zum Stopp der VDS 2011
Setellungnahme der Neuen Richter-Vereinigung zu Plänen des Justizministeriums, die Vorgaben des BVerfG zu umgehen.
Laut BMJ wurde von August 2008 bis Februar 2009 in 1.946 Ermittlungsverfahren auf Daten aus der VDS zugegriffen
In einem besonders originellen Winkelzug hat die Regierung in Frankreich 2011 dekretiert, auch Zugangsdaten und Passwörter müssten von Dienstebetreibern in Frankreich gespeichert werden. In Frankreich ist die Speicherfrist generell ein Jahr.
In Österreich hat sich Ende März 2011 der Datenschutzrat einstimmig gegen Vorratsdatenspeicherung in Europa ausgespochen. Die Einstimmigkeit erstaunt, finden sich unter den Mitgliedern des Datenschutzrates doch auch etliche Vertreter der ÖVP, die immer vehement für besonders scharfe Varianten der Vorratsdatenspeicherung eingetreten ist.
Ende 2011 schreibt eine Arbeitsgruppe der Kommission in Ratsdokument 18620/11 (geleakt bei Statewatch weil "limite"), es gebe "no monitoring system", das die Bürger_innen vom Nutzen der augenblicklichen Direktive überzeugen könnte Außerdem würden zu viele Daten gespeichert, die Begriffe seien unklar, sowohl, was "serious crime" sei als auch was alles unter Verkehrsdaten fallen solle (endlich fällt auch dort auf, dass es etwas wie instant messaging gibt), was auch zu Unsicherheit in der Industrie führt, die Behörden fragen endlos an, ohne ein Gefühl für die Kosten zu haben (schockierend, dass gerade das Argument sie zu bürgerrechtskonformem Verhalten bringen soll!). Die Kommission soll im Juli 2012 einen Vorschlag vorlegen, wie das alles repariert wird, denn obwohl alles Bruch sei, sei es doch nützlich.
Nachdem der EuGH bereits im Laufe der 2010er Jahre mehrfach bestehende Regelungen zur VDS als menschenrechtswidrig kassiert hatte, macht er mit Urteil vom 02.03.2021 - C-746/18 klar, dass in jeden Fall nicht die Staatanwaltschaft den Zugriff auf diese Daten kontrollieren darf (bei beck-online).
Vgl. auch AK Vorrat.