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Die Bundespolizei ist eine der Polizeibehörden des Bundes.

Rechtsgrundlage

Gesetz über die Bundespolizei

Nachweissysteme

Bundesgrenzschutzaktennachweis (BAN)

Der BAN ist insbesondere für Nichtdeutsche und Castorgegner_innen interessant -- letztere, weil die Bundespolizei ja die Bahnpolizei beerbt hat.

Das Bundespolizeigesetz legt fest, dass in BAN Personendaten und besondere Merkmale, die Kriminalaktennummer, Tatzeite und Tatorte und natürlich Tatvorwürfe (durch Gesetz und nähere Beschreibung beschrieben) speichern darf. Alles andere ist nicht erlaubt. War nur ein Scherz: Natürlich darf die Bundespolizei speichern, was sie will, weil sie nämlich zusätzlich alles speichern darf, was der Eigensicherung dient oder künftigen Straftaten vorbeugen könnte.

Im Jahr 2009 gab es 280000 Datensätze in der Datenbank (Bt-DS 16/13563); Bundestags-Drucksache 17/7307 gibt für 2011 172899 zur Prävention gespeicherte Datensätze.

Im November 2019 nennt Bundestags-Drucksache 19/15346 39.4 Millionen Datensätze zu 840000 Personen im BAN.

INPOL

Die Bundespolizei nimmt über die INPOL-Land-Schnittstelle am INPOL des BKA teil. Als Hausnummer, auch im Hinblick auf entsprechende Systeme bei den Ländern, nennt Bundestags-Drucksache 18/12471 einen jährliches Supportaufwand von 235000 Euro im Jahr.

PIAV

Die Bundespolizei ist natürlich auch beim PIAV dabei.

Bundestags-Drucksache 19/15346 erwähnt in diesem Zusammenhang zwei Datenbestände, nämlich „PIAV Rauschgiftkriminalität“ mit 198 Personen (und 12817 Datensätzen insgesamt) und PIAV Gewaltdelikte/gemeingefährliche Straftaten (1477 Leute/12817 Datensätze).

Das ist höchst kryptisch, denn an sich soll PIAV ja „anwendungsunabhängige Einfacherfassung“ machen – diese Aushebelung der Zweckbindung war ja großes Ziel des Projekts. Die Bundespolizei erklärt dazu aaO etwas kryptisch:

...bildet das technishce Bindeglied zwischen der Datei der Bundespolizei und der Datei des BKA. Alle anlieferungspflichtigen Daten werden aus dem Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) und der Fallbearbeitungssystem (FBS) in die Datei WSK PAIV-O BPOL übertragen und von dort in die Verbunddatei des BKA gespiegelt. Als technisches Bindeglied zur zentralen Datei des BKA PIAV [Deliktbereich] ermöglicht sie die Datenbereitstellung und -verwaltung und gewährleistet damit die Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung.

– was alles überhaupt nicht so klingt, als würde die BPol demnächst ihre Datenbankgeschichten beim BKA machen wollen…

GGFB (Geschützter Grenzfahndungsbestand)

"Geschützter Grenzfahndungsbestand" – Fahndung nach Personen und Sachen an den Grenzen, z.B. zwecks Festnahme, Kontrolle, Zurückweisung usf. Fahndung nach Sachen umfasst etwa Autos oder Ausweispapiere. Offenbar sind dies Daten, die aus irgendwelchen Gründen nicht in das offenere INZOLL-System dürfen. Im Jahre 2009 gab es 5000 Datensätze (Bt-DS 16/13563), für 2011 gibt Bundestags-Drucksache 17/7307 4899 (aber nur aus dem Präventionsbereich; vermutlich sind das hier aber alle).

Im November 2019 gibt Bundestags-Drucksache 19/15346 7534 Personen im GGFB.

TaFaS (Taschendiebstahlsfahndungssystem)

Das Taschendiebstahlsfahndungssystem TeFaS scheint eine Art Profiling-System für Taschendiebstahl darzustellen. Es tut wohl, dass es offenbar auch innerhalb der Bundespolizei Anarchisten oder Kommunikationsguerilleras gibt. Vielleicht ist der Überwachungswahn aber auch wirklich schon derart fortgeschritten.

EAO Video Bahn

2006 (aber noch vor den "Kofferbombern") eingerichtete Datei, die offenbar tatsächlich Videodaten aus der Videoüberwachung speichert speichert. Das Bundeministerium des Innern räumt ein, dass grundsätzlich "die Aufzeichnungen unverzüglich zu vernichten" seien, sofern sie nicht zur "Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit erforderlich" seien. Wie das mit der Hoffnung zusammengeht, damit dann eine "retrograde Auswertung" vornehmen zu können, ist wohl nicht nur uns unklar -- es sei denn, man akzeptiert, dass die Bundespolizei hier geltendes Datenschutzrecht ignoriert. Was dann auch nicht so überraschend wäre.

PIKUS

"Polizeiliches Informations-, Kommunikations-, und Unterstützungssystem", seit 2005. Dies scheint eine Art "Führungsinformationssystem" zu sein, in dem alle möglichen Fälle gespeichert werden, damit die Sekretärinnen ihren Chefs dreidimensionale Tortengrafiken zaubern können. Zu dem Zweck werden personenbezogene Daten gespeichert, aber nach einem Jahr anonymisiert. 2009 waren nach Bt-DS 16/13563 850000 Datensätze gespeichert, wie viele davon was mit der Realität zu tun hatten, ist nicht bekannt.

Vorgangsverwaltungen

2004 startete die BPol zunächst mit einem eigenen Systemen (PAVOS-Zentral, Elektronisches Tagebuch ETB). Hierfür gab es laut Bundestags-Drucksache 17/8544 sogar eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, die dann offenbar locker auf @rtus übertragen wurde.

Inzwischen hat die Bundespolizei (Bundestags-Drucksache 18/12906 nennt den 1.1.2006 als Fertigstellungstermin, der Betrieb startete im Juni 2015 haben) auf das teils auch auf Länderebene genutzte @rtus-System der Firma Dataport umgestellt.

In ihm werden Personen gespeichert, die z.B. an Bahnhöfen auffallen, Speicherfirst ist zwischen 1 und 5 Jahren, "regelmäßig 2 Jahre". Im Jahre 2009 gab es 4.8 Millionen Datensätze (Bundestags-Drucksache 16/13563).

Im November 2019 nennt Bundestags-Drucksache 19/15346 3.27 Millionen Vorgänge und 3.09 Personen als in @rtus verwaltet.

Das System wird nach 21. TB BfDI (2006) (S. 73) zentral im Rechenzentrum der Bundespolizeidirektion (Koblenz) betrieben, wobei lokale BP-Dienststellen ihre Daten zunächst unabhängig voneinander füllen und sich auch selbst um Löschungen u.ä. kümmern sollen (@rtus-Bund). Es gibt offenbar noch ein gemeinsam genutzes System namens @rtus-Zentral, das "deutlich weniger Daten" (BfDI) speichern und der "Recherche" dienen soll. Das klingt nach dem Unterbau des BAN. TODO: Ist das so?

Um mal eine Hausnummer für die direkten Kosten eines solchen Systems zu nennen: Bundestags-Drucksache 18/12906 nennt 605000 Euro jährliche Supportkosten für 2013.

Elektronische Kriminalakte

Offenbar verschieden von @rtus ist ein 2011 noch im Aufbau befindliches System zur Verwaltung einer elektronischen Kriminalakte. Im 23. TB des BfDI (2011), 7.3.3 (S. 90f) heißt es dazu:

Mit den Verfahren „@rtus“ (vgl. 21. TB Nr. 5.3.1) und „Bundespolizeiaktennachweis“ (vgl. 20. TB Nr. 5.3.2) werden zudem Dateien bei der Bundespolizei betrieben, deren Aufgaben und Zwecke sich zum Teil mit denen der eKA überschneiden. Dies kann zu Mehrfachspeicherungen personenbezogener Daten führen. Die Ausgestaltung der elektronischen Kriminalakte macht es daher erforderlich, darüber nachzudenken, ob andere Datenbestände hinfällig werden und damit gelöscht werden können und wie Missbrauch vermieden werden kann, wenn nun sehr viel mehr Bundespolizisten mit einem Mausklick und einigen zusätzlichen Angaben Zugriff auf fast alle in der elektronischen Kriminalakte enthaltenen Daten erhalten. [...] Ein besonderer Mehrwert der elektronischen Kriminalakte wird von der Bundespolizei zudem darin gesehen, dass die neue Datei ein Eingabefeld zu Informationen über die Persönlichkeit des Betroffenen enthält.

Im November 2019 gibt Bundestags-Drucksache 19/15346 an, in der eKA der Bundespolizei seien 250000 Personen gespeichert, was wohl bedeutet, dass die BPol so viele Kriminalakten führt.

Fallbearbeitung

Nach einigen anderweitigen Versuchen (die Bundespolizei nutzte z.B. zeitweise auch IBVS) hat die BPol nach Bundestags-Drucksache 17/8544 spätestens 2012 auch rsCase am Laufen.

ERA (Ermittlung, Recherche und Analyse)

"Ermittlung, Recherche und Analyse" ist eine in Bundestags-Drucksache 16/13563 (2009) erwähnte "Fallbearbeitung mit komplexen Ermittlungen der Recherche und der Analyse von Informationen zur Aufklärung und Verhütung von Straftaten".

Die Datenbank wurde 2007 eingerichtet, 2008 in den „Wirkbetrieb“ genommen, und im Jahr 2009 gab es schon 13000 Datensätze (Bt-DS 16/13563).

Bundestags-Drucksache 19/15346 nennt für November 2019 18.5 Millionen Datensätze zu 370000 Personen und 10000 Organisationen. Die große Zahl der Datensätze ließe sich noch durch Funkzellenabfragen erklären, aber wie eine Drittelmillion Menschen die Aufmerksamkeit der Bundespolizei brauchen könnte (die Speicherung soll ja zur Verhütung von Straftaten dienen) ist schwer vorstellbar.

Aufgaben der Bundespolizei

Die Bundespolizei ist der ehemalige Bundesgrenzschutz. Er wurde umbenannt, weil er mittlerweile regelmäßig auch weit abseits jeder Grenze operiert. Ihm wurden von der Schleierfahndung über Ermittlungen, Observationen und Lauschangriffen eine Reihe bedenklicher Eingriffsbefugnisse zugestanden.

Aufgaben der Bundespolizei auf dem Gelände der Deutschen Bahn

Die Aufgaben der Bundespolizei auf den Bahnanlagen (Bahnhöfe, Gleisanlagen, Versorgungseinrichtungen, aber auch Bahnumfeld) lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:

  • Abwehr von Gefahren, die vom Betrieb der Eisenbahnen ausgehen (also Abwehr von Gefahren der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen oder beim Betrieb entstehen oder von den Bahnanlagen ausgehen;
  • Überwachung der öffentlichen Ordnung mittels Übertragung des Hausrechts. Die Übertragung des Hausrechts rechtfertigt sich jedoch nur aus Sondersituationen bis zum Eintreffen der zuständigen Stellen.
  • Verfolgung von Zuwiderhandlungen auf dem gesamten Bahngelände und dessen Umfeld im Zuge des "ersten Angriffs"

Dabei nutzt sie die Videoüberwachung der Deutschen Bahn.

Rechtliche Problematiken durch die Aufgaben der BP bei Bahn

Im Zusammenhang mit dem Einsatz privater Sicherheitsdienste ist zudem umstritten, ob das Hausrecht der Bahn AG auch privatrechtlicher oder rein öffentlich-rechtlicher Natur ist; das Bundesbahnvermögen war als nichtrechtliches Sondervermögen des Bundes hoheitsrechtlich verankert, wird aber jetzt privatrechtlich ausgeübt (vgl. Bueß 1997: 199f); jedenfalls spart die Bahn AG nach eigenen Angaben mit der Übertragung des Hausrechts an die BP jährlich allein 240 Millionen Mark an Personalkosten ein.

Diese Aufgabenbeschreibung der Bundespolizei stellt somit zunächst eine Verknüpfung von staatlicher Strafverfolgung und Hausrecht dar, wird aber durch die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten erweitert. Die Übertragung des Hausrechts an die Bundespolizei schafft die Möglichkeit, bereits "niedrigschwellig", also vor Auftreten einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat, einzuschreiten. Mit dem Bundespolizeigesetz wird der BP auch die Aufgabe übertragen, zur "Verhütung von Straftaten", also präventiv, einzugreifen. Dieser Präventionsauftrag stellt damit die Grundlage für die Bundespolizei dar, jenseits strafrechtlicher Relevanz zur Steigerung des "subjektiven Sicherheitsgefühls" tätig zu werden. Hier liegt auch die zentrale Verknüpfung mit den zahlreichen Gefahrenabwehrverordnungen, Präventionsratsmodellen und Sicherheitspartnerschaften, die sich auf Länder- und kommunaler Ebene etabliert haben.

Die Übertragung des Hausrechts an die Bundespolizei und damit dessen Zuständigkeit für z.B. den noch immer als Straftatbestand gehandelten § 265a StGB (Beförderungserschleichung durch ein Verkehrsmittel, sog. "Schwarzfahren"). Im Kern stellt die Übertragung von Ordnungs- und betriebswirtschaftlich gewollten Aufgaben an die Bundespolizei einen klassischen Fall der Sozialisierung von Verlusten und Privatisierung von Gewinnen dar.

Weitere Infos

Die Aufgaben der BP auf dem Bahngelände : Das 3-S Konzept der Deutschen Bahn

Die Bundespolizei auf Europäischer Ebene

Auf europäischer Ebene hat die Bundespolizei Zugriff auf Europol und SIS bzw SIS II. Daneben arbeitet die Bundespolizei mittels FRONTEX aktiv auf europäischer Ebene mit anderen Grenzbehörden und Gendarmerien der EU zusammen.