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= Datenbanken in Schleswig-Holstein =

== Rechtsgrundlagen ==

 * [http://www.landesregierung-sh.de/landesrecht/20-1.htm "Polizeigesetz ist gleich Abschnitt III - IV (§162 - §261)" aus Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -)]
 * [http://www.landesregierung-sh.de/landesrecht/204-4.htm Schleswig-Holsteinisches Gesetz zum Schutz personenbezogener Informationen (Landesdatenschutzgesetz - LDSG -)]
 * [http://www.landesregierung-sh.de/landesrecht/204-4-1.htm Landesverordnung über die Sicherheit und Ordnungsmäßigkeit automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzverordnung - DSVO -)]
 * [http://www.landesregierung-sh.de/landesrecht/2041.2h.htm Hinweise zur Durchführung des Landesdatenschutzgesetzes]
 * [http://www.landesregierung-sh.de/landesrecht/12-2.htm Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig Holstein (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG -)]


== Auskunftssysteme der Polizei ==

Ehemals eigene Datenbank '''PED''', mittlerweile INPOL-Land. Interessante Auskunfte sind auf Seite 14ff der [http://www.polizei.schleswig-holstein.de/zeitung/4_2003.pdf Polizei-Zeitung SH 4/2003] zu lesen.

== Vorgangsbearbeitung ==

@'''rtus''', das auch von der Bundespolizei eingesetzt wird.
* [http://www.dataport.de/dataport/leistungen/anwendungsverfahren/a-z/artus/start.html Allgemeine @rtus Informationen von dataport]
* [http://www.dataport.de/dataport/publikationen/datareport/0404/datareport-0404-pdf.pdf @rtus im internen Hausblatt der dataport (pdf, 1.6 MB]

== Verfassungsschutz ==

== Weiteres ==

== Skandale ==

["Glossar"]
<<TableOfContents>>

Übersichten über halbwegs aktuelle EDV gibts in
[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]] (2016)
und zum Vergleich
[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1163.pdf|Landtagsdrucksache 18/1163]] (2013).

= Rechtsgrundlagen =

 * [[http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/1m5i/page/bsshoprod.psml?doc.hl=1&doc.id=jlr-VwGSHrahmen:juris-lr00&documentnumber=8&numberofresults=466&showdoccase=1&doc.part=X&paramfromHL=true|Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein LVwG-SH]] (regelt in SH auch die Polizei)
 * [[http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&query=DSG+SH&psml=bsshoprod.psml&max=true|LDSG S-H]]
 * Eine Perle aus dem Verordnungsbereich ist ein <<Doclink(1996-sh-artusloesch.pdf,Löschkonzept für @rtus)>> von 1996, das sicher längst obsolet ist, aber interessante Einblicke in die Literaturgattung unter den strengen Blicken des ULD gibt.

[[https://www.datenschutzzentrum.de/gesetze/|Die einschlägigen Landesgesetze auf der Webseite des ULD]]
= Auskunftssysteme der Polizei =

S-H hatte früher eine Eigenenwicklung namens '''PED''', und ist Mitte der Nullerjahre auf INPOL-Land (vgl [[POLAS]]) migriert (vgl. gegen Ende dieses Abschnitts).

Im Jahr 2016 listet [[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]] allerdings nur noch „Kriminalaktennachweis (eKA) auf; von ihrer Zweckbestimmung, ihrem Umfang her (70000 Datensätze, zu 50000 Personen) wie auch von den Feldern her ist dies offensichtlich entweder eine Weiterentwicklung oder ein Ersatz für das alte INPOL-Land.

Neben dem Üblichen (Sachverhalt, Personalien, Pointer auf ED- und DNA-Daten,
Verfahrensausgänge, wenn der Polizei genehm, Haftdaten) enthält der S-H
Kriminalaktennachweis auch Personalien „von Mittätern” sowie „Freitext, aus dem
sich die Erforderlichkeit der Datenspeicherung ergibt”. Bei letzterem handelt
es sich offenbar um die berühmte Negativprognose. Glücklicherweise dürften
sich da normalerweise nur Floskeln finden, denn an sich ist es schon eine
verwegene Idee, die amtlichen Verschwörungstheorien zur Verderbtheit der
Menschen im Online-Zugriff zu halten. Schließlich gibt es noch „angehängte
Dokumente”, die dann wohl die elektronische Kriminalakte ausmachen (vgl.
unten).

Nach
[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]]
standen am 26.1.2017 37750 (irgendwann 2013: 48367) Personen im KAN.

Dazu werden noch etliche weitere Sammlungen landesweit betrieben; dazu gehört die [[#Staatsschutz-Datei]] sowie Sammlungen zu Fußballfans, Sexualstraftätern und ähnlichen, die in rsCase gehalten werden und drum bei [[#Fallbearbeitung]] stehen (aber da eigentlich nicht hingehören).

Unschön weiter eine Zahl kleinerer Spezialdateien, die bei einzelnen
Polizeidirektionen geführt werden; so hat Flensburg eine Vermisstendatei
für aus „Fachkliniken/Einrichtungen” ausgerückte Menschen, Lübeck, Bad
Segeberg und andere „Jugendkriminalität”, etliche andere
„Intensivtäter”-Dateien und Kiel sogar eine „Täterübersicht PMK”.
Wer in Schleswig-Holstein wohnt, ist herzlich eingeladen, zusätzlich zu
unseren Auskunftsersuchen auch noch bei den PDen anzufragen und uns zu
erzählen, was dabei so rauskommt.

Eine aufschlussreiche Darstellung der Verhältnisse Mitte der Nullerjahre – als gleichzeitg
das alte Auskunfssystem PED durch INPOL-Land ersetzt wurde und die Vorgangsverwaltung
@rtus ausgerollt werden sollte – findet sich auf Seiten 14f der
[[http://web.archive.org/web/20040518051117/http://www.polizei.schleswig-holstein.de/zeitung/4_2003.pdf|Polizei-Zeitung SH 4/2003]].

== Staatsschutz-Datei ==

Es gab die Datei „Innere Sicherheit Schleswig-Holstein“ (ISSH und
Warndatei rechts“ beim LKA. Die [[Errichtungsanordnung]] dazu wurden laut
[[https://www.datenschutzzentrum.de/material/tb/tb31/kap04_2.htm#425|31. Tb ULD, 4.2]]
erst vier Jahre nach in Betriebnahme erstellt.

[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]] erwähnt die Datei auch noch für 2016 und verweigert
Auskünfte zum Umfang. Nicht staatsgefährdend ist immerhin die
Veröffentlichung des Zwecks der Datei:

{{{#!blockquote
„Aufklärung und Verhinderung von politisch motivierten Straftaten,
Feststellung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Abwehr von
im Einzelfall bevorstehnden Gefahren. Verwaltung der Personenakten
gemäß Richtline.
}}}

– dies ist Jargon für „was dem Staatsschutz so einfällt”. Beunruhigend, aber
nicht ganz klar ist der Punkt zu „Verwaltung der Personenakten”.
Offenbar werden „Akten” aber nicht direkt in der Datenbank abgelet, denn
als Felder werden genannt:

{{{#!blockquote
Sachverhaltsdaten, [...Grundpersonalien...],
Fundstelle, Prüf-/Löschdatum, Aktensachgebiet, Bemerkungen, Institution
i.V.m. Sachverhaltsdaten, Objekte i.V.m. Sachverhaltsdaten, Sachen i.V.m. Sachverhaltsdaten
}}}

(er Kram hat aber ziemlich offensichtlich nicht funktioniert. [[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]]
gibt an, das die Datei eingestellt ist.

Kiel betrieb
laut [[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1163.pdf|Landtagsdrucksache 18/1163]]
seit 2010 auch eine
eine „Täterübersicht PMK”. 2017 war diese offenbar
aufgelöst (in 18/5067 heißt die aufgelöste Datei aber „Täterübersicht
PHM”). Details zu Motivation, Praxis und Ende dieses Gebildes sind
nicht bekannt.

== Spezialdateien einzelner PDen ==

Unschön weiter eine Zahl kleinerer Spezialdateien, die bei einzelnen
Polizeidirektionen geführt werden und dann auch nur von
Mitarbeiter_innen der jeweiligen PDen genutzt werden können. Sie werden
aber vom LKA beauskunftet, ein separates Auskunftsersuchen ist nicht
nötig
([[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]], Antwort 3b).

Die folgenden Dateien sind zumeist in [[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1163.pdf|Landtagsdrucksache 18/1163]]
(2013) erwähnt. Weitere Informationen kommen aus [[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]] (2017).

So hat Flensburg eine Vermisstendatei
für aus „Fachkliniken/Einrichtungen” ausgerückte Menschen. Am 25.1.2017
enthielt sie 484 Personen (können wirklich so viele Leute ausgerückt
sein?), die von 30 Personen genutzt wird. Die niedrige Nutzer_innenzahl
wirft die Frage auf, wie das Ding eigentlich genutzt werden soll – ein
Fahndungssystem ist es ja offenbar nicht, sonst müsste es ja auch für
Streifenbeamte zugänglich sein.

Lübeck, Bad
Segeberg und andere betreiben Dateien zu „Jugendkriminalität”.

Einige PDen in S-H haben „Intensivtäter”-Dateien.



= Vorgangsbearbeitung =

Die Polizei Schleswig-Holstein verwendet seit April 2004 @rtus von dataport, das auch von der [[Bundespolizei]] eingesetzt wird.

[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1163.pdf|Landtagsdrucksache 18/1163]]
sagt, dass ca. 350000 Datensätze zu 315000 Personen aus dem Bereich
Strafrecht und Ordnungswidrigkeit liegen (zum Vergleich: S-H
hat knapp 3000000 Einwohner_innen, gespeichert sind also mehr als 10% der
Bevölkerung (tatsächlich ist die Formulierung der Antwort nicht
eindeutig, aber das ist noch die am wenigsten abseitige Interpretation).

[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]]
hat für den 26.1.2017:

 * 1218219 Personen in „Berichtswesen”,
 * 391336 „in Gefahrenabwehr”,
 * 4194268 „in Straftat”.

Es ist unklar, was Gefahrenabwehr und Straftat in einer
Vorgangsverwaltung tun, und schon gar, wie es zu vier Millionen
Straftäter_innen in einem Land mit 3 Millionen Einwohner_innen kommt.
Die plausible Annahme ist, dass die Zahlen über @rtus zugängliche
Untermengen von BKA-Dateine (KAN käme mit 4e6 ganz gut hin)
widerspiegeln.

Das Datenbankschema von Artus wird nicht veröffentlicht, da es „einen
Leitzordner” umfasse. Diese Kapitulation vor der Komplexität privater
Softwareentwicklung ist natürlich extrem bedenklich, da ja die konkrete
Benennung der gespeicherten Datentypen eine der wenigen generellen
Sicherungen und Prüfmöglichkeiten bezüglich eines nicht völlig
menschenrechswidrigen Einsatzes der Datenbanken sind.

 * [[http://www.dataport.de/dataport/leistungen/anwendungsverfahren/a-z/artus/start.html|Allgemeine @rtus Informationen von dataport]] (html)
 * [[http://www.dataport.de/dataport/publikationen/datareport/0404/datareport-0404-pdf.pdf|@rtus im internen Hausblatt der dataport]] (pdf, 1.6 MB)

Dataport selbst spricht in
[[http://www.dataport.de/ueber-uns/publikationen/Seiten/datareport-2011-2/2011-2-artus.aspx|datareport 2/2011]]
von rund 7500 Anwendern der Vorgangsverwaltung in 563 Dienststellen ([[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]] lehnt die Nennung der Zahlen ab, da es ein „differenziertes mit dem Datenschutz abgestimmtes Berechtigungskonzept” gebe). In S-H
werden danach täglich 2500 neue Vorgänge erfasst, das System verwaltet rund 1.9
Millionen Vorgänge (was bei Annahme von Gleichgewicht eine mittlere
Speicherdauer von zwei Jahren bedingt; das klingt nach Maßstäben von
[[Vorgangsverwaltung]]en nicht unplausibel.

Ein <<Doclink(1996-sh-artusloesch.pdf,Löschkonzept für @rtus)>> von 1996 gibt ein paar Einblicke in das, was eine Vorgangsverwaltung wohl so tut, auch wenn sich das Alter in etwas kuriosen Formulierungen („Als Datenträger kommen sowohl herkömmliche Schreibunterlagen als auch elektronische oder elektromagnietische Speichermedien in Betracht“).

= Fallbearbeitung =

[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1163.pdf|Landtagsdrucksache 18/1163]]
listet etliche „Strukturverfahren”, die auf Merlin (das ist in Wirklichkeit
rsCase von rola, vgl. [[Hersteller#rola]])
basieren sollen.
Themen der „Strukturverfahren” sind dann „Rockerkriminalität”, die
unvermeidliche Sexualstraftäterdatei (die hier als „Kieler
Sicherheitskonzept Sexualstraftäter” firmiert; Laut 18/5067 8
Zugriffsberechtigte Beamte bei 400 gespeicherten Personen) oder, genauso
unvermeidlich, Fußballkram. Amüsant in dem Zusammenhang auch „WED”, mit
dem die Kieler offenbar predictive policing („Verhinderung weiterer
Wohnungseinbruchsdiebstähle”) betreiben wollen – das kann
angesichts 60 gespeicherter Fälle, die 107 Personen (vermutlich vor
allem die Geschädigten) betreffen, nur ganz großartig werden.

Da es bei der Anfrage, aus deren Antwort
diese Erkenntnisse stammen, nur um Gefahrenabwehr ging, ist zu vermuten,
dass die Polizei im Bereich Strafverfolgung noch weitere Dateien
betreibt.

Wie wohl üblich, betreibt die Polizei S-H zusammen mit Merlin/rsCase
noch Analyst's Notebook, eine Software, die hübsche Bilder mit vielen
Pfeilen malen und – wohl nützlicher – Geodaten rendern kann.

Zuvor sollte die Fallbearbeitung offenbar als Teil von @rtus durchgeführt werden.
[[http://www.dataport.de/ueber-uns/publikationen/Seiten/datareport-2011-2/2011-2-artus.aspx|datareport 2/2011]]
berichtete, dass @artus Recherche seit 2010 eingesetzt wird, rund
4000 Beamt_innen darauf Zugriff haben und im ersten Jahr gegen 100000
Anfragen daran gestellt wurden. Zur Umsetzung habe man mit "750
Tabellen, 278 Katalogtabellen und 6246 verschiedenen hinterlegten
Attributen" hantiert.

Die [[http://web.archive.org/web/20040518051117/http://www.polizei.schleswig-holstein.de/zeitung/4_2003.pdf|Polizei-Zeitung SH 4/2003]] (S. 14)
erwähnt, dass CRIME „aus Hamburg” „bereits bei 3 Dienststellen in isolierten Netzen eingesetzt” werde.
Es ist scheint, als sei da nicht viel draus geworden.



== Einzelne „Strukturverfahren” ==

[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1163.pdf|Landtagsdrucksache 18/1163]]
hat ein „Strukturverfahren Rocker”, in dem 2013 1078 Personen
gespeichert waren, am 25.1.2017 dann schon 1927. Damit beschäftigen
sich immerhin 95 Beamt_innen.

Drucksache 18/1163 erwähnt „WED”, mit dem das LKA offenbar etwas
wie predictive policing („Verhinderung weiterer
Wohnungseinbruchsdiebstähle”) betreiben wollen. 2012 waren das 60
gespeicherte Fälle, die 107 Personen (vermutlich vor allem die
Geschädigten) betreffen. Für den 26.1.2017 gibt
[[http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/5000/drucksache-18-5067.pdf|Landtagsdrucksache 18/5067]]
dann schon 1134 gespeicherte Personen. 18/5067 sagt, dass damit 13
Personen arbeiten.

Bei allem Zweifel an predictive policing scheint der Polizei das
zuzusagen, denn 2016 wurden ähnliche Systeme in Ratzeburg (166 Personen)
und Bad Segeberg (347 Personen) eingerichtet. Erstaunlich ist, dass in
Ratzeburg statt 13 wie in Kiel und 21 wie in BSE satte 500 Personen die
Datei nutzen. Es ist unklar, woher der Unterschied kommt.


= Elektronische Kriminalakte =

S-H hat seit 2007 eine [[Elektronische Kriminalakte]]. Ein paar nicht
allzu erschöpfende Informationen dazzu gibts in einem
[[http://www.iww.de/quellenmaterial/id/82953|Einstellungsbeschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012, 6 Sa 573/10]].


= Skandale =

== LKA verlangt Herausgabe des GPS-Peilsenders ==

Im März 2007 fand ein Antifa aus Bad Oldeslohe einen [[Überwachungstechnik|GPS-Peilsender]] an seinem Auto. Sein Anwalt schrieb auf Grund dessen alle Sicherheitsbehörden an und fragte ob er von ihnen stamme. Alle Behörden verneinten die Antwort. Im Juni 2007 gab es dann bei dem Antifa im Rahmen des [[129a Verfahren]]s in Bad Oldeslohe eine Hausdurchsuchung. Einen Monat später fiel dem LKA ein, dass der Peilsender ihm gehört und verlangte die Rückgabe. Diesem kam der Antifa nicht nach, weswegen das LKA eine zivilgerichtlich gegen den Antifa vorging. Vom Gericht wurde die Herausgabe allerdings verneint, da der LKA seinen Anspruch nicht beweisen konnte.

  [[http://rotehilfegreifswald.blogsport.de/2008/05/30/lka-muss-auf-peilsender-verzichten-peinliche-klage-gescheitert/|Rote Hilfe Greifswald: LKA muß auf Peilsender verzichten – peinliche Klage gescheitert]]

Übersichten über halbwegs aktuelle EDV gibts in Landtagsdrucksache 18/5067 (2016) und zum Vergleich Landtagsdrucksache 18/1163 (2013).

Rechtsgrundlagen

Die einschlägigen Landesgesetze auf der Webseite des ULD

Auskunftssysteme der Polizei

S-H hatte früher eine Eigenenwicklung namens PED, und ist Mitte der Nullerjahre auf INPOL-Land (vgl POLAS) migriert (vgl. gegen Ende dieses Abschnitts).

Im Jahr 2016 listet Landtagsdrucksache 18/5067 allerdings nur noch „Kriminalaktennachweis (eKA) auf; von ihrer Zweckbestimmung, ihrem Umfang her (70000 Datensätze, zu 50000 Personen) wie auch von den Feldern her ist dies offensichtlich entweder eine Weiterentwicklung oder ein Ersatz für das alte INPOL-Land.

Neben dem Üblichen (Sachverhalt, Personalien, Pointer auf ED- und DNA-Daten, Verfahrensausgänge, wenn der Polizei genehm, Haftdaten) enthält der S-H Kriminalaktennachweis auch Personalien „von Mittätern” sowie „Freitext, aus dem sich die Erforderlichkeit der Datenspeicherung ergibt”. Bei letzterem handelt es sich offenbar um die berühmte Negativprognose. Glücklicherweise dürften sich da normalerweise nur Floskeln finden, denn an sich ist es schon eine verwegene Idee, die amtlichen Verschwörungstheorien zur Verderbtheit der Menschen im Online-Zugriff zu halten. Schließlich gibt es noch „angehängte Dokumente”, die dann wohl die elektronische Kriminalakte ausmachen (vgl. unten).

Nach Landtagsdrucksache 18/5067 standen am 26.1.2017 37750 (irgendwann 2013: 48367) Personen im KAN.

Dazu werden noch etliche weitere Sammlungen landesweit betrieben; dazu gehört die #Staatsschutz-Datei sowie Sammlungen zu Fußballfans, Sexualstraftätern und ähnlichen, die in rsCase gehalten werden und drum bei #Fallbearbeitung stehen (aber da eigentlich nicht hingehören).

Unschön weiter eine Zahl kleinerer Spezialdateien, die bei einzelnen Polizeidirektionen geführt werden; so hat Flensburg eine Vermisstendatei für aus „Fachkliniken/Einrichtungen” ausgerückte Menschen, Lübeck, Bad Segeberg und andere „Jugendkriminalität”, etliche andere „Intensivtäter”-Dateien und Kiel sogar eine „Täterübersicht PMK”. Wer in Schleswig-Holstein wohnt, ist herzlich eingeladen, zusätzlich zu unseren Auskunftsersuchen auch noch bei den PDen anzufragen und uns zu erzählen, was dabei so rauskommt.

Eine aufschlussreiche Darstellung der Verhältnisse Mitte der Nullerjahre – als gleichzeitg das alte Auskunfssystem PED durch INPOL-Land ersetzt wurde und die Vorgangsverwaltung @rtus ausgerollt werden sollte – findet sich auf Seiten 14f der Polizei-Zeitung SH 4/2003.

Staatsschutz-Datei

Es gab die Datei „Innere Sicherheit Schleswig-Holstein“ (ISSH und Warndatei rechts“ beim LKA. Die Errichtungsanordnung dazu wurden laut 31. Tb ULD, 4.2 erst vier Jahre nach in Betriebnahme erstellt.

Landtagsdrucksache 18/5067 erwähnt die Datei auch noch für 2016 und verweigert Auskünfte zum Umfang. Nicht staatsgefährdend ist immerhin die Veröffentlichung des Zwecks der Datei:

„Aufklärung und Verhinderung von politisch motivierten Straftaten, Feststellung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Abwehr von im Einzelfall bevorstehnden Gefahren. Verwaltung der Personenakten gemäß Richtline.

– dies ist Jargon für „was dem Staatsschutz so einfällt”. Beunruhigend, aber nicht ganz klar ist der Punkt zu „Verwaltung der Personenakten”. Offenbar werden „Akten” aber nicht direkt in der Datenbank abgelet, denn als Felder werden genannt:

Sachverhaltsdaten, [...Grundpersonalien...], Fundstelle, Prüf-/Löschdatum, Aktensachgebiet, Bemerkungen, Institution i.V.m. Sachverhaltsdaten, Objekte i.V.m. Sachverhaltsdaten, Sachen i.V.m. Sachverhaltsdaten

(er Kram hat aber ziemlich offensichtlich nicht funktioniert. Landtagsdrucksache 18/5067 gibt an, das die Datei eingestellt ist.

Kiel betrieb laut Landtagsdrucksache 18/1163 seit 2010 auch eine eine „Täterübersicht PMK”. 2017 war diese offenbar aufgelöst (in 18/5067 heißt die aufgelöste Datei aber „Täterübersicht PHM”). Details zu Motivation, Praxis und Ende dieses Gebildes sind nicht bekannt.

Spezialdateien einzelner PDen

Unschön weiter eine Zahl kleinerer Spezialdateien, die bei einzelnen Polizeidirektionen geführt werden und dann auch nur von Mitarbeiter_innen der jeweiligen PDen genutzt werden können. Sie werden aber vom LKA beauskunftet, ein separates Auskunftsersuchen ist nicht nötig (Landtagsdrucksache 18/5067, Antwort 3b).

Die folgenden Dateien sind zumeist in Landtagsdrucksache 18/1163 (2013) erwähnt. Weitere Informationen kommen aus Landtagsdrucksache 18/5067 (2017).

So hat Flensburg eine Vermisstendatei für aus „Fachkliniken/Einrichtungen” ausgerückte Menschen. Am 25.1.2017 enthielt sie 484 Personen (können wirklich so viele Leute ausgerückt sein?), die von 30 Personen genutzt wird. Die niedrige Nutzer_innenzahl wirft die Frage auf, wie das Ding eigentlich genutzt werden soll – ein Fahndungssystem ist es ja offenbar nicht, sonst müsste es ja auch für Streifenbeamte zugänglich sein.

Lübeck, Bad Segeberg und andere betreiben Dateien zu „Jugendkriminalität”.

Einige PDen in S-H haben „Intensivtäter”-Dateien.

Vorgangsbearbeitung

Die Polizei Schleswig-Holstein verwendet seit April 2004 @rtus von dataport, das auch von der Bundespolizei eingesetzt wird.

Landtagsdrucksache 18/1163 sagt, dass ca. 350000 Datensätze zu 315000 Personen aus dem Bereich Strafrecht und Ordnungswidrigkeit liegen (zum Vergleich: S-H hat knapp 3000000 Einwohner_innen, gespeichert sind also mehr als 10% der Bevölkerung (tatsächlich ist die Formulierung der Antwort nicht eindeutig, aber das ist noch die am wenigsten abseitige Interpretation).

Landtagsdrucksache 18/5067 hat für den 26.1.2017:

  • 1218219 Personen in „Berichtswesen”,
  • 391336 „in Gefahrenabwehr”,
  • 4194268 „in Straftat”.

Es ist unklar, was Gefahrenabwehr und Straftat in einer Vorgangsverwaltung tun, und schon gar, wie es zu vier Millionen Straftäter_innen in einem Land mit 3 Millionen Einwohner_innen kommt. Die plausible Annahme ist, dass die Zahlen über @rtus zugängliche Untermengen von BKA-Dateine (KAN käme mit 4e6 ganz gut hin) widerspiegeln.

Das Datenbankschema von Artus wird nicht veröffentlicht, da es „einen Leitzordner” umfasse. Diese Kapitulation vor der Komplexität privater Softwareentwicklung ist natürlich extrem bedenklich, da ja die konkrete Benennung der gespeicherten Datentypen eine der wenigen generellen Sicherungen und Prüfmöglichkeiten bezüglich eines nicht völlig menschenrechswidrigen Einsatzes der Datenbanken sind.

Dataport selbst spricht in datareport 2/2011 von rund 7500 Anwendern der Vorgangsverwaltung in 563 Dienststellen (Landtagsdrucksache 18/5067 lehnt die Nennung der Zahlen ab, da es ein „differenziertes mit dem Datenschutz abgestimmtes Berechtigungskonzept” gebe). In S-H werden danach täglich 2500 neue Vorgänge erfasst, das System verwaltet rund 1.9 Millionen Vorgänge (was bei Annahme von Gleichgewicht eine mittlere Speicherdauer von zwei Jahren bedingt; das klingt nach Maßstäben von Vorgangsverwaltungen nicht unplausibel.

Ein Löschkonzept für @rtus von 1996 gibt ein paar Einblicke in das, was eine Vorgangsverwaltung wohl so tut, auch wenn sich das Alter in etwas kuriosen Formulierungen („Als Datenträger kommen sowohl herkömmliche Schreibunterlagen als auch elektronische oder elektromagnietische Speichermedien in Betracht“).

Fallbearbeitung

Landtagsdrucksache 18/1163 listet etliche „Strukturverfahren”, die auf Merlin (das ist in Wirklichkeit rsCase von rola, vgl. Hersteller#rola) basieren sollen. Themen der „Strukturverfahren” sind dann „Rockerkriminalität”, die unvermeidliche Sexualstraftäterdatei (die hier als „Kieler Sicherheitskonzept Sexualstraftäter” firmiert; Laut 18/5067 8 Zugriffsberechtigte Beamte bei 400 gespeicherten Personen) oder, genauso unvermeidlich, Fußballkram. Amüsant in dem Zusammenhang auch „WED”, mit dem die Kieler offenbar predictive policing („Verhinderung weiterer Wohnungseinbruchsdiebstähle”) betreiben wollen – das kann angesichts 60 gespeicherter Fälle, die 107 Personen (vermutlich vor allem die Geschädigten) betreffen, nur ganz großartig werden.

Da es bei der Anfrage, aus deren Antwort diese Erkenntnisse stammen, nur um Gefahrenabwehr ging, ist zu vermuten, dass die Polizei im Bereich Strafverfolgung noch weitere Dateien betreibt.

Wie wohl üblich, betreibt die Polizei S-H zusammen mit Merlin/rsCase noch Analyst's Notebook, eine Software, die hübsche Bilder mit vielen Pfeilen malen und – wohl nützlicher – Geodaten rendern kann.

Zuvor sollte die Fallbearbeitung offenbar als Teil von @rtus durchgeführt werden. datareport 2/2011 berichtete, dass @artus Recherche seit 2010 eingesetzt wird, rund 4000 Beamt_innen darauf Zugriff haben und im ersten Jahr gegen 100000 Anfragen daran gestellt wurden. Zur Umsetzung habe man mit "750 Tabellen, 278 Katalogtabellen und 6246 verschiedenen hinterlegten Attributen" hantiert.

Die Polizei-Zeitung SH 4/2003 (S. 14) erwähnt, dass CRIME „aus Hamburg” „bereits bei 3 Dienststellen in isolierten Netzen eingesetzt” werde. Es ist scheint, als sei da nicht viel draus geworden.

Einzelne „Strukturverfahren”

Landtagsdrucksache 18/1163 hat ein „Strukturverfahren Rocker”, in dem 2013 1078 Personen gespeichert waren, am 25.1.2017 dann schon 1927. Damit beschäftigen sich immerhin 95 Beamt_innen.

Drucksache 18/1163 erwähnt „WED”, mit dem das LKA offenbar etwas wie predictive policing („Verhinderung weiterer Wohnungseinbruchsdiebstähle”) betreiben wollen. 2012 waren das 60 gespeicherte Fälle, die 107 Personen (vermutlich vor allem die Geschädigten) betreffen. Für den 26.1.2017 gibt Landtagsdrucksache 18/5067 dann schon 1134 gespeicherte Personen. 18/5067 sagt, dass damit 13 Personen arbeiten.

Bei allem Zweifel an predictive policing scheint der Polizei das zuzusagen, denn 2016 wurden ähnliche Systeme in Ratzeburg (166 Personen) und Bad Segeberg (347 Personen) eingerichtet. Erstaunlich ist, dass in Ratzeburg statt 13 wie in Kiel und 21 wie in BSE satte 500 Personen die Datei nutzen. Es ist unklar, woher der Unterschied kommt.

Elektronische Kriminalakte

S-H hat seit 2007 eine Elektronische Kriminalakte. Ein paar nicht allzu erschöpfende Informationen dazzu gibts in einem Einstellungsbeschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012, 6 Sa 573/10.

Skandale

LKA verlangt Herausgabe des GPS-Peilsenders

Im März 2007 fand ein Antifa aus Bad Oldeslohe einen GPS-Peilsender an seinem Auto. Sein Anwalt schrieb auf Grund dessen alle Sicherheitsbehörden an und fragte ob er von ihnen stamme. Alle Behörden verneinten die Antwort. Im Juni 2007 gab es dann bei dem Antifa im Rahmen des 129a Verfahrens in Bad Oldeslohe eine Hausdurchsuchung. Einen Monat später fiel dem LKA ein, dass der Peilsender ihm gehört und verlangte die Rückgabe. Diesem kam der Antifa nicht nach, weswegen das LKA eine zivilgerichtlich gegen den Antifa vorging. Vom Gericht wurde die Herausgabe allerdings verneint, da der LKA seinen Anspruch nicht beweisen konnte.