Interpol

Interpol ist die Kurzbezeichnung für Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (IKPO) bzw. "The International Criminal Police Organization – Interpol". Es ist im Wesentlichen ein Informationsaustauschpunkt für die Polizeien von Einzelstaaten, die über Kontaktstellen (National Control Bureau, NCB) mti der Zentrale in Lyon sprechen. Die NCB für die BRD sitzt beim BKA. Interpol wurde 1923 in Wien gegründet.

Aufgaben von Interpol

Die Aufgabe von Interpol ist offiziell die Unterstützung der Repressionsbehörden der 190 (Stand 2013) Mitgliedstaaten -- da das fast alle sind, die es so gibt, ist klar, dass da viel dabei ist, gegen das selbst das BKA noch mild und freiheitsliebend ist.

Zu diesem Zweck unterhält Interpol Datenbanken u.a. über gesuchte Personen, abhanden gekommene Pässe oder gestohlene Autos und Kunstwerke.

Interpol hat von Beginn an Ausschreibungen für gesuchte Personen verbreitet, zunächst vor allem in einer Art Zeitschrift, später dann über Telex und Funk. Die Ausschreibungen wurden nach dem zweiten Weltkrieg ausdifferenziert (Rot: Festnahme zur Auslieferung, Blau: Weitere Informationen, Geld: Ortung vermisster Personen usf.).

Geschichte

Interpols erste Versuche mit Elektronik gehen in das Jahr 1935 zurück, als sie ein "radio network" eingerichtet haben, das vermutlich Ausschreibungen mit irgendwas Telexähnlichem verbretet hat.

Bereits 1982 hat sich Interpol eine Art Datenschutzaufsicht eingerichtet; dies ist auch unter Berücksichtung der Rolle von Interpol als Laden, der im Wesentlichen nur Informationen hin- und herschiebt, erstaunlich früh. Diese Datenschutzkommission wurde 2003 in CCF umbenannt (vgl. unten).

Nach Behördenmaßstäben ebenfalls recht früh fängt Interpol 1990 mit E-Mail-Kommunikation zwischen den Einzelbehörden und dem Generalsekretariat an (allerdings auf Basis von X.400 und nicht dem Internet). 1992 konnten die nationalen Behörden schon im Dialogbetrieb im Interpol-Computer suchen, 2002 haben sie diesen Diaglogbetrieb auf übliche Web-Technologien umgestellt.

1998 wurden die bis dahin offenbar recht ungeplant wuchternden Datenbanken zu etwas zusammengefasst, das im Folgenden ICIS (Interpol Criminal Information System) genannt wurde.

2005 geht ein System namens MIND/FIND online: "allows frontline officers to connect directly to INTERPOL's systems". Es handelt sich also vermutlich um irgendeine VPN-Geschichte..

(Alle Daten nach Interpol-Geschichte).

Datenschutz

Zur offiziellen Wahrung der Grundrechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten von Interpol gibt es seit ca. 1984 auch eine Datenschutzkommission bei Interpol (CCF).

Seit 2003 ist die offizielle Bezeichnung Kommission für die Kontrolle der Interpol-Dateien. Die Komission hat gegenüber Interpol eine "beratende Funktion" und ist für die Bearbeitung von Auskunftsersuchen über eventuelle Datenspeicherungen bei Interpol zuständig. Zudem gibt die Kommission jährlich einen mehr oder minder aufschlussreichen Rechenschaftsbericht heraus.

Die Kommission besteht aus fünf Mitgliedern; 2014 sind das z.B. die Datenschutzbeauftragten von Irland und Mauritius, ein emeritierter Rechtsprofessor aus Frankreich, ein Mitarbeiter der Kanadischen Datenschutzbehörde als IT-Experte und jemand von der türkischen Nationalpolizei als Experte für die "internationale Polizeikooperation".

Auskunftsrecht

Auch Interpol hat sich im Laufe der Nullerjahre ein Auskunftsrecht gegeben, das durch die CCF wahrgenommen wird. Es gibt dazu Regeln, die im Groben auf folgendes rauslaufen:

  • Die CCF begutachtet Anfragen von Einzelpersonen oder ihren Anwält_innen zu über sie gespeicherten Informationen, und das kostet auch nichts
  • Die CCF sieht dann nach, ob eventuell gespeicherte Information auch den Bestimmungen entspricht.
  • Sollte sie finden, dass etwas passieren muss, schreibt sie dem Interpol-Generalsekretariat
  • Wenn die Quelle(n) zustimmt/zustimmen, *darf* die Kommission der anfragenden Partei die Informationen übermitteln (Artikel 11).

Insbesondere gibt es keine wirklichen Regeln, wie eine Auskunftsverweigerung aussieht; offenbar dürfte die CCF genau wie Europol lügen.

Angesichts der Zusammensetzung und der rechtlichen Stellung wundert kaum, dass eine Expertise von 2013 die CCF als wenig effektiv einschätzt. Insbesondere fehlen demnach der CCF:

(i) adversarial proceedings with a disclosure process; (ii) oral hearings in appropriate cases; (iii) binding, reasoned decisions, which should be published; and (iv) a right to challenge adverse decisions.

-- also eigentlich alles, was eine effektive Datenschutzaufsicht ausmacht.

Datenbanken von Interpol

  • Fusion -- 13000 verdächtigte "Terroristen".
  • Nominal data -- eine Art Kriminalaktennachweis, enthält 175000 (2009) Records von Beschuldigten, Vermissten, nicht identifizierten Leichen, etc. Die Datenbank enthält in irgendeiner Form Fotos und Fingerabdrücke; vor allem scheint beliebig Freitext ("criminal history") gespeichert zu werden.
  • DNA-Datenbank -- enthielt 2009 gerade mal 83000 Records.

  • Daktyloskopische Fingerabdrücke -- 2009 gab es 86000 Datensätze
  • SLTD (Stolen or lost travel documents) -- eingerichtet 2002, versucht SLTD offenbar die Komplettabdeckung. Jedenfalls waren 2006 schon 13 Millionen Einträge aus 118 Staaten in der Datenbank. 2015 waren es bereits 54 Millionen Einträge aus 170 Ländern.

  • Stolen Administrative Documents -- eine Ergänzung zu SLTD, bei dem es nicht um personenbezogene Dokumente geht (sondern etwa um Fahrzeugpapiere); 2009 knapp 200000 Einträge
  • Child Abuse Image Database (ICAID) -- offenbar zum Bildabgleich von Kinerpornographie
  • Stolen Motor Vehicles -- 2008 waren 4.6 Millionen Einträge in dieser Datenbank, Interpol verkündet stolz, 2007 6000 Treffer pro Monat gehabt zu haben, während sie 2008 31000 Kfz wiedergefunden haben wollen.

  • Stolen Works of Art -- Kunstfahndung war mal ein Schwerpunkt von Interpol (und immer noch verweist Schengen auf Interpol, wenn es um sowas geht). In ihrer Datenbank hatten sie 2009 33000 Einträge.

  • Eine Datenbank gefälschter Kreditkarten o.ä.

Die Regeln für den Zugriff auf diese Datenbanken sind eher knapp (TODO: Zusammenfassen)

Das ist sozusagen das SIS von Interpol, die Datenbank mit Ausschreibungen (in Interpol-Sprache: Notices). Seit 2009 werden diese Notices im Rahmen von i-link direkt von den Mitgliedsstaaten in eine Datenbank geschrieben und bekommen erstmal einen Flag, sie seien unbestätigt (sie sind aber schon sichtbar). Nach einer Prüfung durch das Generalsekretariat auf Verträglichkeit mit den Interpol-Statuten wird der Flag entfernt (vgl. Improving Interpol, PDF-S. 15).

Die Erfolgsgeschichte von i-link (2002: 1277, 2088: 3126, 2012: 8132 Neuausschreibungen zur Gefangennahme) zeigt schön, dass Verfahren durchaus relevant sind und dass eine Vernetzung eben durchaus zu tieferen Eingriffen in Menschenrechte führt.

Abkommen Europol-Interpol

Ein Kooperationsabkommen zwischen INTERPOL und Europol regelt den Datenaustausch zwischen den beiden Behörden. TODO: Zusammenfassen

Quellen

Verbindungsbeamte

Die Mitgliedsstaaten schicken Verbindungsbeamte zu Interpol, die BRD hat momentan 12 Verbindungsbeamte bei Interpol. Zudem findet reger Austausch innerhalb der Interpol-Staaten durch Verbindungsbeamte statt. Beim BKA gibt es momentan 10 Verbindungsbeamte aus anderen Staaten, die Nationalität wird allerdings nicht bekannt gegeben. Es kann sich daher auch um Verbindungsbeamte von Folterstaaten handeln.

Skandale

Wenig Berührungsängste mit Folter

Ein Junge World-Artikel von 2005 erzählt, für Dieter Schenk sei ein Grund für sein Ausscheiden aus dem BKA gewesen, wie kritiklos in den 80er und 90er Jahren deutschen Beamte im Rahmen von Interpol mit Polizisten kooperierten, in denen weit mehr gefoltert wird.

Politische Red Notices

Ein Bericht von Fair Trials International von 2013 beschreibt (ab PDF-Seite 24) eine Vielzahl von Ausschreibungen zur Auslieferung ("Red Notices") mit klar politischem Hintergrund, die durch Interpol verteilt wurden. Beispiele sind zwölf Kurden, die seit 20 Jahren im Exil in Schweden lebten und plötzlich durch den Iran verfolgt wurden, zwei Kurden, die in der BRD Asyl erhalten hatten und dann von der Türkei ausgeschrieben wurden, einen weiteren eingebürgerten Deutschen, der gleich zwei Wochen in polnischer Gefangenschaft saß, ein tschetschenischer Aktivist, dem russische Behörden Mord an einer Person vorwerfen, die zwischendurch höchst lebendig aufgetreten ist, und so fort.