Unterschiede zwischen den Revisionen 1 und 104 (über 103 Versionen hinweg)
Revision 1 vom 2010-01-24 16:38:47
Größe: 4474
Autor: LilaBlume
Kommentar: Ausfaktorisierung aus RechtsLage
Revision 104 vom 2018-01-20 09:08:54
Größe: 10403
Autor: LilaBlume
Kommentar:
Gelöschter Text ist auf diese Art markiert. Hinzugefügter Text ist auf diese Art markiert.
Zeile 1: Zeile 1:
<<TableOfContents>>
Zeile 3: Zeile 5:
Datenbanken erfassten Personen zurück (in der am weitesten gültigen Fassung
steht das heute in §19 Bundesdatenschutzgesetz).
Datenbanken erfassten Personen. Die generische Regelung steht in §19 BDSG,
der verlangt, dass auf Antrag kostenfrei Auskunft gegeben wird über
gespeicherte Daten, deren Herkunft, eventuelle Übermittlungen und den
Zweck der Speicherung (was idR auch die Rechtsgrundlage umfassen wird).
In §19 (2) BDSG gibt es dann zahlreiche Ausnahmetatbestände; so kann
Auskunft verweigert werden, wenn die Funktion der Behörde oder die
öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wäre.
Zeile 6: Zeile 13:
Dabei ist Betroffenen von der speichernden Stelle grundsätzlich unentgeltlich
Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Daten, oft auch
den Zweck der Speicherung, eventuelle Übermittlungen usf.
Landesdatenschutzgesetzte, Polizeigesetze und viele weitere
überschreiben die BDSG-Regelung (z.B.
[[http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__491.html|§491 StPO ]],
[[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/__15.html|§15 VerfschG]]);
da die BDSG-Formulierung allerdings kaum mehr als das verfassungsmäßig
gebotene Minimum kodifiziert, können sie kaum dahinter zurückbleiben.
Zeile 10: Zeile 20:
Leider hängt die Auskunftspflicht stark davon ab, welche Behörde in welchem
Bundesland die Datei führt (wobei nicht immer klar ist, wann verfassungsmäßige
Grenzen überschritten werden). Besonders krass ist in diesem Zusammenhang
(wenig überraschend) Bayern, wo der Verfassungsschutz das Recht auf
Auskunftserteilung gänzlich negiert und nur ein paar Ausnahmetatbestände
aufzählt, und im Polizeigesetz kurzerhand erklärt wird: "Art. 8 Abs. 1 , Art.
10 bis 13 , 15 Abs. 5 bis 8 , Art. 16 bis 22 und 26 bis 28 des Bayerischen
Datenschutzgesetzes finden keine Anwendung." (Art. 49 im 3. Unterabschnitt) --
diese Artikel sind genau die, die überhaupt Anwendung finden könnten. Frech?
Ja.
In der Praxis ist Auskunftsverweigerung bei den Polizeien eher selten;
passiert sie doch, können Daten von Spitzeln im Spiel sein, es kann aber
auch nur eine Familienpackung Ermittlungstaktik oder hohldrehende Polizei
vorliegen. In jedem Fall ist eine *polizeiliche* Auskunftsverweigerung eine
Ausnahme. Wer eine bekommt, sollte damit in aller Regel zum/r zuständigen
Datenschutzbeauftragten.
Zeile 21: Zeile 27:
Noch schlimer ist dies auf Europäischer Ebene (wo das Volkszählungsurteil
ja auch nicht wirklich einschlägig ist). [[Europol]] und [[SIS]] haben sehr
niedrige Hürden zur Auskunftsverweigerung und lassen insbesondere zu (oder
schreiben sogar vor), dass in bestimmten (oder allen) Fällen auch die Tatsache
einer Speicherung vor den Anfragenden geheim zu halten ist.
Anders ist die Situation bei etlichen Geheimdiensten, namentlich bei
denen des Bundes (BND, MAD und [[BfV]]) sowie den Landesämtern „für”
Verfassungsschutz von BaWü, Thüringen und Bayern. Für sie ist per
(verfassungsrechtlich nicht so arg genau überprüftem) Gesetz das
Auskunftsrecht faktisch ausgesetzt. In den Gesetzen ist dann meist die
Rede von „Angabe von Gründen”. Dagegen vorzugehen lohnt sich nur mit
''sehr'' langem Atem, und der ist wahrscheinlich besser investiert
in Arbeit für die Auflösung dieser Behörden.
Zeile 27: Zeile 36:
Zur Problematik der Geheimdienste vgl. unten. Das heißt nicht, dass verschiedene Polizeien sich nicht doch regelmäßig
das Auskunftsrecht behindern; in [[Thüringen]] beispielsweise kam um 2010
herum regelmäßig eine Rückfrage nach „Gründen” für die Anfrage, in
[[NRW]] hat sie es durch Konfusionierung versucht, indem im
Jahresrhythmus auskunftsgebene Stellen und Umfang der Auskunft geändert
wurde und (eingestandenermaßen) auf lokaler Ebene geführte [[Datenbanken
NRW#SKB-Datenbanken]] vom LKA nicht beauskunftet wurden. Wer solchen
Zumutungen ausgesetzt ist, ist herzlich willkommen, gemeinsam mit uns
dagegen vorzugehen.
Zeile 29: Zeile 46:
Als kleine Hilfe beim Stellen von Auskunftsersuchen gibt es auf dieser
Webseite einen PDF-Generator, vgl. AuskunftErsuchen.
Noch schlimmer ist Auskunfthandhabung allerdings auf Europäischer Ebene.
[[Europol]] und [[SIS]] haben sehr niedrige Hürden zur
Auskunftsverweigerung und lassen insbesondere zu, dass in bestimmten
(oder allen) Fällen auch die Tatsache einer Speicherung vor den
Anfragenden geheim zu halten ist; mithin kann dort gelogen werden. In
der BRD ist uns bisher kein Fall bekannt geworden, in dem die Behörden
bewusst gelogen hätten (es kommt aber schon vor, dass sie selbst nicht
verstehen, was sie gespeichert haben).


== Auskunftsgenerator ==

Als kleine Hilfe beim Stellen von Auskunftsersuchen gibt es auf dieser
Webseite einen [[/auskunft|Auskunfts-Generator]]. Vgl. auch AuskunftErsuchen.
Zeile 34: Zeile 63:
Eine gerade im politischen Bereich mit häufigen Spitzeleinsätzen ernsthafte
Einschränkung des Auskunftsrechts ist, dass bei Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung, bei Gefährdung von Ermittlungspersonal u.ä. die
Auskunft unterbleiben darf. In solchen Fällen erfolgt eine
Rechtsbehelfsbelehrung, und man sollte nicht zögern, mit solchen Nummern
zum/zur zuständigen Datenschutzbeauftragten zu gehen, da eine solche
Grundrechtsbeschränkung in jedem Fall ernst ist.
Eine gerade im [[Staatsschutz]]-Bereich mit häufigen Spitzeleinsätzen
kommen Auskunftsverweigerungen vor; nicht alle Auskunftsverweigerungen
deuten aber gleich auf Polizeispitzel hin, es kann auch einfach nur
Polizeitaktik dahinterstecken. In einigen Fällen, in denen
Auskunftsverweigerungen erfolgreich angefochten werden konnten, hatten
sie z.B. die Sorge, ihre eigenen Strukturen könnten ausgeforscht werden.

In einem bekannt gewordenen Fall, in dem die Polizei das Umfeld der
&quot;Freiheit statt Angst&quot;-Demos beobachtet hat, beruhte die
Auskunftsverweigerung darauf, dass die Polizei wohl ernstlich glaubte,
es gebe da eine &quot;kriminelle Vereinigung&quot;, die losschlagen oder in den
Untergrund abtauchen oder... wer weiß? könnte, wenn sie wüsste, dass ihr
das BKA auf der Spur ist. Der Albernheit behördlicher Fantasie in
diesen Fragen sind keine Grenzen gesetzt, und so kann sich eine
Anfechtung von Verweigerungen durchaus lohnen.

Wir empfehlen nach wie vor, eine solche Anfechtung über den/die
zuständige Datenschutzbeauftrage_n zu machen. Die werden zwar immer
zahnloser, funktionieren aber doch dann und wann noch.

Alternativ kommt auch der Gang vors Verwaltungsgericht in Frage. Das
kostet aber ernsthaft Geld, wenn ihr verliert und braucht einiges an
juristischer Technik. Wenn das System der Datenschutzbeauftragten
weiter so abbaut, wird sich irgendwer drum kümmern müssen, dass der Gang
vors VG irgendwie erleichtert wird.

Bei Datenbanken der Staatsanwaltschaften wird regelmäßig die Auskunft
verweigert, soweit laufende Verfahren betroffen sind. Das dürfte,
jedenfalls ohne Einzelfallabwägung, rechtswidrig sein, aber soweit
bekannt hat da noch niemand ein Verfahren führen wollen. Leider treibt
die Polizei gelegentlich auch solche Spiele; die Polizei Hamburg etwa
macht 2011 eine entsprechende Ansage
([[http://auskunftsersuchen.info/2011/02/03/die-antworten-der-letzten-woche/|Antwort LKA Hamburg, Februar 2011]]),
die sich aber ziemlich klar nicht mit der Auskunftspraxis deckt.

== Sanktionen bei Verstößen ==

Wenn die Polizei eine Auskunft verschlafen oder gar bewusst
unterschlagen hat (oft kommt es ja anderweitig raus), hat sie
ordnungswidrig gehandelt; §43 (1) Nr. 8a bis 8c sind da trotz wirklich
beeindruckender Veweiseritis, recht klar:

{{{#!blockquote
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig [...]

8a.   entgegen § 34 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3,
entgegen § 34 Absatz 1a, entgegen § 34 Absatz 2 Satz 1, auch in
Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 34 Absatz 2 Satz 5, Absatz 3 Satz
1

8b.   entgegen § 34 Abs. 2 Satz 3 Angaben nicht, nicht richtig, nicht
vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,

8c.   entgegen § 34 Abs. 2 Satz 4 den Betroffenen nicht oder nicht
rechtzeitig an die andere Stelle verweist,
}}}

-- als Bußgeldgrenze bietet das Gesetz 50000 Euro an.

Es ist nicht bekannt, dass mal wer auf diese Weise Geld bekommen hätte,
aber wenn mal wer einen guten Fall hat, wäre es einen Versuch wert.
Zeile 44: Zeile 127:
Zur Auskunft muss die Polizei die Identität des Anfragenden prüfen, was in der Regel durch eine beglaubigte Kopie des Personalausweises passiert. Weitergehende Anforderungen sind nicht statthaft (vgl. [[http://www.lfd.m-v.de/taetberi/tb6/6_203.html|6. TB des LfD MV]]). Die "Beglaubigung" kann für diese Zwecke (wiederum kostenlos) von der nächsten Polizeidienststelle vorgenommen werden; es ist ''nicht'' nötig, dafür irgendwelchen Bürgerämtern o.ä. Gebühren zukommen zu lassen. Vlg. [[AuskunftErsuchen#Ausweisfragen]].
Zeile 46: Zeile 129:
== Dienste == == BVerfG und xfDI zum Auskunftsrecht bei Geheimdiensten ==
Zeile 48: Zeile 131:
Einer Auskunftspflicht gegenüber den Betroffenen besteht auch für
Gehiemdienste, hier insbesondere den Verfassungsschutz (§15
Bundesverfassungsschutzgesetz, viele verschieden lautende Regelungen für die
Landesämter). Sehr häuft ist hier aber vorgeschrieben, dass ein
Auskunftsersuchen nur unter Hinweis auf einen konkreten Sachverhalt und/oder
eine besonderes Interessen an der Auskunft gestellt werden kann. Die
Auskunftserteilung kann i.d.R. ohne Benennung eventueller Gründe unterbleiben.
Immerhin ist das Opfer auf den Weg zum/zur zuständigen Datenschutzbeauftragten
hinzuweisen (es ist dann also klar, ''dass'' es etwas gibt, nicht aber, was).
Die Entscheidung
[[http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20001010_1bvr058690.html|1 BvR 586/90 und 1 BvR 673/90]]
des BVerfG zum Auskunftsrecht vom 10.10.2000 hat die grundsätzliche
Grundgesetzkonformität von §15 BVerfSchG (Angabe von Gründen)
festgestellt. In der Entscheidung gibt es allerdings gleichzeitig eine
genaue Handhabung, wie die Norm zu interpretieren sei. Danach sind auch
Auskunftsersuchen ohne Angabe eines konkreten Sachverhaltes nicht
pauschal abzulehnen. Desweiteren wird gesagt, dass die Auskunft bei
Angabe eines konkreten Grundes nur in gravierenden Ausnahmefällen zu
verweigern sei.
Zeile 58: Zeile 142:
Es muss wohl nicht eigens betont werden, dass gerade in einem praktisch nicht
kontrollierten Bereich wie den Geheimdiensten so etwas der Intention des
Verfassungsgerichts beim Volkszählungsurteil ins Gesicht fliegt, zumal z.B.
Brandenburg vormacht, dass der Russe nur in recht überschaubaren Zahlen kommt,
wenn man hier etwas verfassungsgemäßer vorgeht.
Zeile 64: Zeile 143:
Nach Lage der Dinge raten wir jedenfalls in der Regel von Auskunftsersuchen bei
den Geheimdiensten ab, soweit sie keine allgemeine Auskunftspflicht haben. Der
Deal, nach dem man zunächst selbst Information preiszugeben hat, um häufig
banale und unvollständige Infos vom Verfassungsschutz zu bekommen und dann
nicht viel gegen die Frechheit tun zu können, dieser Deal ist ein Mist.
Der BfDI kritisiert in seinem <<Doclink(2011-BfDI-TB23.pdf,23. Tätigkeitsbericht (2011))>>, 7.5.2 (S. 93),
das BfV stelle zu hohe Anforderungen an den im Gesetz verlangten
konkreten Sachverhalt stellt. Zudem würde das [[BfV]] bei einer
Auskunftsverweigerung, keine angemessene und in den Akten
nachvollziehbar dokumentierte Einzelfallabwägung vorgenommen, sondern
die Auskunft pauschal verweigert und somit nicht nach der Entscheidung
des BVerfG handelt.
Zeile 70: Zeile 151:
Es gab in diesem Bereich schon etliche Verfahren; je nach Sachlage könnten wir
uns vorstellen, auch mal eins zu betreuen und teilzufinanzieren, denn dieser
Skandal gehört regelmäßig publik gemacht.
In seinem
[[http://www.fh-giessen-friedberg.de/zaftda/component/option,com_docman/task,doc_download/gid,6/Itemid,9/|36. TB (2008) Kapitel 1/5.3.4 ]]
äußert sich der LfD Hessen relativ zufrieden über die Auskunftspraxis
des [[LfV]] in Hessen


== Missbrauch des Auskunftsrechts ==

=== &quot;Erweiteres Führungszeugnis&quot; ===

Zeitweise war es insbesondere bei Firmen im &quot;Sicherheitsbereich&quot; (Söldner,
Schwarze Sherriffs) üblich, von Bewerbern die Ergebnisse eines
Auskunftsersuchen zu fordern. Nicht selten hat die betreffende Firma den
Papierkram selbst erledigt. Fälle dieser Art sind beschrieben im
[[Irre Geschichten#Begehrlichkeiten|entsprechenden Abschnitt unserer Irren Geschichten]].

=== Auskunftsrecht statt Benachrichtigung für Gefährder ===

Völlig verquere Logik und ein alarmierendes Rechtsverständnis legte
die Bundesregierung 2011 an den Tag, als sie in der Antwort auf Frage 5 in
<<BtDS(17/4833)>>
zur Begründung einer nicht vorhandenen Benachrichtigungspflicht von als
&quot;[[Gefährder]]n&quot; gespeicherten Personen ausführte:

{{{#!blockquote
  Nach den Erfahrungen des BKA machen überwiegend Betroffene von diesem
  grundlegenden Datenschutzrecht [dem Auskunftsersuchen] Gebrauch, deren
  personenbezogene Daten auch tatsächlich gespeichert sind. Dies
  bestätigt die Grundannahme des Gesetzgebers, dass durch die
  gesetzlichen Vorschriften hinreichend erkennbar ist, unter welchen
  Voraussetzungen personenbezogene Daten durch die Polizei verarbeitet
  werden dürfen.
}}}

Die Argumentation nochmal in Zeitlupe:

(1) Fast alle, die fragen, sind auch gespeichert -- ''das ist nach Erfahrungen der Datenschutzgruppe eher unwahrscheinlich, aber soll das mal so sein''

(2) Daher können sich die Leute, die gespeichert werden, eh ausrechnen, was los ist -- ''dieser Schluss könnte vielleicht dann gemacht werden, wenn fast alle, die gespeichert sind, auch anfragen würden; aber (1) sagt etwas ganz anderes, und so ist das kein Argument, sondern leere Rhetorik.''

(3) Daher müssen diese Leute auch nicht benachrichtigt werden -- ''selbst wenn (2) wahr wäre, wäre dieser &quot;Schluss&quot; immer noch unzulässig, denn beim Rechtsschutz geht es ja gerade darum, den &quot;Unschuldigen&quot;, die mithin also gar nicht zu der in (1) stipulierten Gruppe gehören, eine Chance zu geben, sich gegen Rechtsmissbräuche oder Fehler zu wehren.''

Dass weder der Autor der Antwort noch der für ihn zuständige Minister für
so horrenden Quatsch Probleme bekommen haben, erlaubt tiefe Einblicke in
den Zustand der &quot;demokratischen Kontrolle&quot; der Exekutive.

Ein Eckpfeiler des durch das Volkszählungsurteil definierten Datenschutzkanons ist ein relativ weitgehendes Auskunftsrecht der in den Datenbanken erfassten Personen. Die generische Regelung steht in §19 BDSG, der verlangt, dass auf Antrag kostenfrei Auskunft gegeben wird über gespeicherte Daten, deren Herkunft, eventuelle Übermittlungen und den Zweck der Speicherung (was idR auch die Rechtsgrundlage umfassen wird). In §19 (2) BDSG gibt es dann zahlreiche Ausnahmetatbestände; so kann Auskunft verweigert werden, wenn die Funktion der Behörde oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wäre.

Landesdatenschutzgesetzte, Polizeigesetze und viele weitere überschreiben die BDSG-Regelung (z.B. §491 StPO, §15 VerfschG); da die BDSG-Formulierung allerdings kaum mehr als das verfassungsmäßig gebotene Minimum kodifiziert, können sie kaum dahinter zurückbleiben.

In der Praxis ist Auskunftsverweigerung bei den Polizeien eher selten; passiert sie doch, können Daten von Spitzeln im Spiel sein, es kann aber auch nur eine Familienpackung Ermittlungstaktik oder hohldrehende Polizei vorliegen. In jedem Fall ist eine *polizeiliche* Auskunftsverweigerung eine Ausnahme. Wer eine bekommt, sollte damit in aller Regel zum/r zuständigen Datenschutzbeauftragten.

Anders ist die Situation bei etlichen Geheimdiensten, namentlich bei denen des Bundes (BND, MAD und BfV) sowie den Landesämtern „für” Verfassungsschutz von BaWü, Thüringen und Bayern. Für sie ist per (verfassungsrechtlich nicht so arg genau überprüftem) Gesetz das Auskunftsrecht faktisch ausgesetzt. In den Gesetzen ist dann meist die Rede von „Angabe von Gründen”. Dagegen vorzugehen lohnt sich nur mit sehr langem Atem, und der ist wahrscheinlich besser investiert in Arbeit für die Auflösung dieser Behörden.

Das heißt nicht, dass verschiedene Polizeien sich nicht doch regelmäßig das Auskunftsrecht behindern; in Thüringen beispielsweise kam um 2010 herum regelmäßig eine Rückfrage nach „Gründen” für die Anfrage, in NRW hat sie es durch Konfusionierung versucht, indem im Jahresrhythmus auskunftsgebene Stellen und Umfang der Auskunft geändert wurde und (eingestandenermaßen) auf lokaler Ebene geführte [[Datenbanken NRW#SKB-Datenbanken]] vom LKA nicht beauskunftet wurden. Wer solchen Zumutungen ausgesetzt ist, ist herzlich willkommen, gemeinsam mit uns dagegen vorzugehen.

Noch schlimmer ist Auskunfthandhabung allerdings auf Europäischer Ebene. Europol und SIS haben sehr niedrige Hürden zur Auskunftsverweigerung und lassen insbesondere zu, dass in bestimmten (oder allen) Fällen auch die Tatsache einer Speicherung vor den Anfragenden geheim zu halten ist; mithin kann dort gelogen werden. In der BRD ist uns bisher kein Fall bekannt geworden, in dem die Behörden bewusst gelogen hätten (es kommt aber schon vor, dass sie selbst nicht verstehen, was sie gespeichert haben).

Auskunftsgenerator

Als kleine Hilfe beim Stellen von Auskunftsersuchen gibt es auf dieser Webseite einen Auskunfts-Generator. Vgl. auch AuskunftErsuchen.

Auskunftsverweigerung

Eine gerade im Staatsschutz-Bereich mit häufigen Spitzeleinsätzen kommen Auskunftsverweigerungen vor; nicht alle Auskunftsverweigerungen deuten aber gleich auf Polizeispitzel hin, es kann auch einfach nur Polizeitaktik dahinterstecken. In einigen Fällen, in denen Auskunftsverweigerungen erfolgreich angefochten werden konnten, hatten sie z.B. die Sorge, ihre eigenen Strukturen könnten ausgeforscht werden.

In einem bekannt gewordenen Fall, in dem die Polizei das Umfeld der "Freiheit statt Angst"-Demos beobachtet hat, beruhte die Auskunftsverweigerung darauf, dass die Polizei wohl ernstlich glaubte, es gebe da eine "kriminelle Vereinigung", die losschlagen oder in den Untergrund abtauchen oder... wer weiß? könnte, wenn sie wüsste, dass ihr das BKA auf der Spur ist. Der Albernheit behördlicher Fantasie in diesen Fragen sind keine Grenzen gesetzt, und so kann sich eine Anfechtung von Verweigerungen durchaus lohnen.

Wir empfehlen nach wie vor, eine solche Anfechtung über den/die zuständige Datenschutzbeauftrage_n zu machen. Die werden zwar immer zahnloser, funktionieren aber doch dann und wann noch.

Alternativ kommt auch der Gang vors Verwaltungsgericht in Frage. Das kostet aber ernsthaft Geld, wenn ihr verliert und braucht einiges an juristischer Technik. Wenn das System der Datenschutzbeauftragten weiter so abbaut, wird sich irgendwer drum kümmern müssen, dass der Gang vors VG irgendwie erleichtert wird.

Bei Datenbanken der Staatsanwaltschaften wird regelmäßig die Auskunft verweigert, soweit laufende Verfahren betroffen sind. Das dürfte, jedenfalls ohne Einzelfallabwägung, rechtswidrig sein, aber soweit bekannt hat da noch niemand ein Verfahren führen wollen. Leider treibt die Polizei gelegentlich auch solche Spiele; die Polizei Hamburg etwa macht 2011 eine entsprechende Ansage (Antwort LKA Hamburg, Februar 2011), die sich aber ziemlich klar nicht mit der Auskunftspraxis deckt.

Sanktionen bei Verstößen

Wenn die Polizei eine Auskunft verschlafen oder gar bewusst unterschlagen hat (oft kommt es ja anderweitig raus), hat sie ordnungswidrig gehandelt; §43 (1) Nr. 8a bis 8c sind da trotz wirklich beeindruckender Veweiseritis, recht klar:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig [...]

8a.   entgegen § 34 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen § 34 Absatz 1a, entgegen § 34 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 34 Absatz 2 Satz 5, Absatz 3 Satz 1

8b.   entgegen § 34 Abs. 2 Satz 3 Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,

8c.   entgegen § 34 Abs. 2 Satz 4 den Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig an die andere Stelle verweist,

-- als Bußgeldgrenze bietet das Gesetz 50000 Euro an.

Es ist nicht bekannt, dass mal wer auf diese Weise Geld bekommen hätte, aber wenn mal wer einen guten Fall hat, wäre es einen Versuch wert.

Identitätsprüfung

Vlg. AuskunftErsuchen#Ausweisfragen.

BVerfG und xfDI zum Auskunftsrecht bei Geheimdiensten

Die Entscheidung 1 BvR 586/90 und 1 BvR 673/90 des BVerfG zum Auskunftsrecht vom 10.10.2000 hat die grundsätzliche Grundgesetzkonformität von §15 BVerfSchG (Angabe von Gründen) festgestellt. In der Entscheidung gibt es allerdings gleichzeitig eine genaue Handhabung, wie die Norm zu interpretieren sei. Danach sind auch Auskunftsersuchen ohne Angabe eines konkreten Sachverhaltes nicht pauschal abzulehnen. Desweiteren wird gesagt, dass die Auskunft bei Angabe eines konkreten Grundes nur in gravierenden Ausnahmefällen zu verweigern sei.

Der BfDI kritisiert in seinem 23. Tätigkeitsbericht (2011), 7.5.2 (S. 93), das BfV stelle zu hohe Anforderungen an den im Gesetz verlangten konkreten Sachverhalt stellt. Zudem würde das BfV bei einer Auskunftsverweigerung, keine angemessene und in den Akten nachvollziehbar dokumentierte Einzelfallabwägung vorgenommen, sondern die Auskunft pauschal verweigert und somit nicht nach der Entscheidung des BVerfG handelt.

In seinem 36. TB (2008) Kapitel 1/5.3.4 äußert sich der LfD Hessen relativ zufrieden über die Auskunftspraxis des LfV in Hessen

Missbrauch des Auskunftsrechts

&quot;Erweiteres Führungszeugnis&quot;

Zeitweise war es insbesondere bei Firmen im "Sicherheitsbereich" (Söldner, Schwarze Sherriffs) üblich, von Bewerbern die Ergebnisse eines Auskunftsersuchen zu fordern. Nicht selten hat die betreffende Firma den Papierkram selbst erledigt. Fälle dieser Art sind beschrieben im entsprechenden Abschnitt unserer Irren Geschichten.

Auskunftsrecht statt Benachrichtigung für Gefährder

Völlig verquere Logik und ein alarmierendes Rechtsverständnis legte die Bundesregierung 2011 an den Tag, als sie in der Antwort auf Frage 5 in Bundestags-Drucksache 17/4833 zur Begründung einer nicht vorhandenen Benachrichtigungspflicht von als "Gefährdern" gespeicherten Personen ausführte:

  • Nach den Erfahrungen des BKA machen überwiegend Betroffene von diesem grundlegenden Datenschutzrecht [dem Auskunftsersuchen] Gebrauch, deren personenbezogene Daten auch tatsächlich gespeichert sind. Dies bestätigt die Grundannahme des Gesetzgebers, dass durch die gesetzlichen Vorschriften hinreichend erkennbar ist, unter welchen Voraussetzungen personenbezogene Daten durch die Polizei verarbeitet werden dürfen.

Die Argumentation nochmal in Zeitlupe:

(1) Fast alle, die fragen, sind auch gespeichert -- das ist nach Erfahrungen der Datenschutzgruppe eher unwahrscheinlich, aber soll das mal so sein

(2) Daher können sich die Leute, die gespeichert werden, eh ausrechnen, was los ist -- dieser Schluss könnte vielleicht dann gemacht werden, wenn fast alle, die gespeichert sind, auch anfragen würden; aber (1) sagt etwas ganz anderes, und so ist das kein Argument, sondern leere Rhetorik.

(3) Daher müssen diese Leute auch nicht benachrichtigt werden -- selbst wenn (2) wahr wäre, wäre dieser "Schluss" immer noch unzulässig, denn beim Rechtsschutz geht es ja gerade darum, den "Unschuldigen", die mithin also gar nicht zu der in (1) stipulierten Gruppe gehören, eine Chance zu geben, sich gegen Rechtsmissbräuche oder Fehler zu wehren.

Dass weder der Autor der Antwort noch der für ihn zuständige Minister für so horrenden Quatsch Probleme bekommen haben, erlaubt tiefe Einblicke in den Zustand der "demokratischen Kontrolle" der Exekutive.