Revision 5 vom 2009-05-10 17:53:04

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ViCLAS (INPOL)

Das Violent Crime Analysis System wird als Verbunddatei innerhalb von ["INPOL"] betrieben.

Rechtsgrundlage

Geschichte

ViCLAS ist als erster Versuch des BKA mit Data Mining ("Profiling") zu werten. Das System läuft auch in vielen weiteren Staaten (u.a. UK, S, B, A, CS, NL). Es wurde während der ersten Hälfte der 90er Jahre [http://www.rcmp-grc.gc.ca/viclas/viclas_e.htm von der kanadischen Staatspolizei RCMP] auf der Basis von Erfahrungen mit einem offenbar weniger populären analogen System des FBI entwickelt.

Der Einsatz von ViCLAS in der BRD begann 1996 mit einer Instanz in Bayern, die auch [http://www.datenschutz-bayern.de/tbs/tb19/k5.html#5.3.2 gleich Anlass zur Sorge gab]. Beim BKA läuft ViCLAS seit 2000

Inhalt

Gespeichert sind 7000 (aus welchem Jahr ist diese Zahl?) schwere Straftaten inkl. Angaben zu Sozialverhalten des Täters und Merkmalen des Opfers. Die Einrichtungsanordnung gibt als Zweck der Datei an:

  • Erkenung von Tatzusammenhängen bei Gewaltdelikten
  • Täteridentifizierung zun Zusammenführung im Bereich der Schwerkriminalität
  • Gewinnung von Präventionsansätzen
  • Beobachtung der Kriminalitätsentwicklung im Bereich Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Verschwundene, "Ansprechen von Kindern und Jugendlichen, wenn ein sexuelles Gewaltmotiv vermutet werden kann".

Man darf allerdings beruhigt davon ausgehen, dass die Erfahrungen mit diesen Bereichen großzügig auf den politischen Bereich übertragen werden. ViCLAS scheint dazu strukturell bedingt kaum zu taugen, es ist offenbar kein generischer Data Miner, sondern mehr ein Hack auf der Basis der Erfahrungen von ProfilerInnen.

Gespeichert werden Daten von Beschuldigten und Verdächtigen (soweit "Grund zu der Annahme einer positiven Rückfallprognose besteht", also vermutlich fast immer), von Vermissten, nicht identifizierten Leichen sowie potenzielle und tatsächliche Opfer. Bei letzteren ist in der Regel eine Einwilligung (nach Aufklärung) zur Speicherung nötig, die Einwilligung kann jedoch unterbleiben, wenn "der verfolgte Zweck gefährdet würde" (kann das wer erläutern? Meinen die hier Lockvögel?). Auch Altfälle können ("retrograd") erfasst werden.

Die Daten werden unterschieden nach Personendaten, Ereignisdaten, Untersuchtungsdaten, Institutionsdaten, Objektdaten, Sachdaten, Beziehungsdaten, Spuren und Hinweisen -- dies ist wohl aus Kanada so vorgegeben.

Im Einzelnen (grundsätzlich wäre es wünschenswert, jeweils die Wertebereiche der Attribute zu kennen. Es ist zu erwarten, dass diese bis auf die Freitextfelder jeweils aus einem kontrollierten Vokabular kommen, zumal die Datenerfassung wohl weitgehend mit Multiple-Choice-Fragen operiert -- andernfalls dürfte das Programm mit dem gewünschten "Linking" verschiedener Fälle heillos überfordert sein):

Personendaten: Neben den üblichen Personendaten wird auch hier eine "Volkszugehörigkeit" als sachdienlich angesehen. Dazu gibt es Angaben zu Beruf und Fertigkeiten, Hinweise auf ED-Behandlung, Fotos oder Haft, die Aufenthaltsorte der letzten 10 Jahre (ob das in der BRD aus Meldeämtern oder "polizeilichen Erkenntnissen" gespeist wird, ist nicht bekannt), ein Feld "allgemeiner Lebensstil" sowie recht grob umrissene "weitere Hinweise" (offenbar ein Freitextfeld, in dem wie üblich haarsträubende Daten zu erwarten sind). Bei (potenziellen) Opfern soll sich die Speicherung auf im Groben das, was auf dem Personalausweise steht sowie ggf. weitere zur Identifikation geeignete Merkmale sowie die Akten führende Dienststelle beschränken. Opfer, die nicht einwilligen, sollen anonym gespeichert werden.

Personenbeschreibung: Größe, scheinbares Alter, Geschlechte (Einrichtungsanordnung: "nach dem Eindruck des Beschreibers"), "Äußere Erscheinung", Motiv (!), diverse Angaben etwa zu Behinderungen oder Tätowierungen, Sprachfehler etc., "persönliche Verhaltensweisen", "andere Merkmale" -- und wieder ein Freitextfeld

Falldaten: Klassifikation, Sachverhalt, Besonderheiten, Tatort, -zeit, -mittel, Tatablauf, Nachtatverhalten, Absicherungsmaßnahmen, Kurzdarstellung und ein Freitextfeld

Untersuchungsdaten: Dienststelle, Ort, Datum, Obduktionsprotokoll (ist das nur ein Nachweis? Eine strukturierte Repräsentation?), Ergebnisse.

Institutionsdaten: Name, Abkürzung, Art der Institution, Erläuterung dazu, Rechtsform, Ort, Staat, Freitext

Objektdaten: Art, Erläuterung dazu, Namen, Standort, Land, Freitext -- "Objekt" meint hier wohl ein Gebäude o.ä., es wird offenbar nicht davon ausgegangen, dass sich seine Position ändern könnte.

Sachdaten: Art, Erläuterung dazu, Name, KfZ-Beschreibung (Modell, Hersteller, Kennzeichen, Fahrgestellnummer usf.), Herstellungsjahr, Herkunftsbezeichnung, Material, Farbe, Maße, Freitext.

Beziehungsdaten: Art, Bewertung, Zeitliche Einordnung, Freitext.

Spuren: Spurnummer, Bezeichnung, Art, Freitext (wie darauf Data Mining laufen soll, wissen die Götter)

Hinweise: Art, Bezeichnung, Freitext

Verwaltungsdaten: Eingangsdatum, Aktenzeichen, Dienststelle usf. Vermutlich werden die Verwaltungsdaten über n:m-Relation an die Nutzdatensätze gekoppelt.

Übermittlungen

ViCLAS-Daten werden von eigenen Dienststellen abgerufen (die RCMP schreibt "they had to learn to ask the right questions"). Auf Antrag kann aber jede Polizeidienststelle Zugriff bekommen. Wie verbreitet das ist, ist nicht bekannt.

Übermittlungen in Papierform finden nur an "Sicherheits"behörden statt.

Die Daten werden normal mit dem restlichen BKA-Bestand abgeglichen. Die Daten werden offenbar mit ausländischen ViCLAS-Instanzen abgeglichen, wobei nur bei Opfern eine Anonymisierung erfolgt.

Speicherfirst

Das übliche: Nach 10 Jahren bei Erwachsenen, nach 5 Jahren bei Jugendlichen wird die Ausonderung geprüft.

Lediglich bei potenziellen Opfern, die ohne ihr Einverständnis gespeichert wurden, beträgt die Prüffrist fix ein Jahr, es gibt eine harte Obergrenze von drei Jahren bis zu Löschung.

Weiteres

[http://www.rcmp-grc.gc.ca/viclas/viclas_e.htm Laut RCMP] ist ViCLAS in Delphi (also quasi Turbo Pascal) geschrieben. Wie das mit dem Rest von INPOL interagiert, wollen wir uns nicht vorstellen.