Fragen und Antworten zu Polizeidatenbanken, Auskunftsersuchen und verwandten Themen aus der Überwachungsbranche
Werden Polizei und Verfassungsschutz durch die Anfrage nicht erst auf mich aufmerksam?
Möglich ist das sicher, aber:
- Der behördliche Missbrauch von Datenbanken ist letztlich nur durch Herstellung von Öffentlichkeit zu beschränken. Der Nutzen überwiegt ein möglicherweise vorhandenes Restrisiko bei weitem.
- Wenn gegen euch etwas vorliegt, ist das Auskunftsersuchen sicher kein aufregendes Datum für die Behörden mehr (“X sorgt sich um informationelle Selbstbestimmung” — Wow!). Liegt nichts gegen euch vor, ist nicht damit zu rechnen, dass eigens ein Datensatz eingerichtet wird, schon, weil so etwas allenfalls in den kühnsten Spudok-Dateien auch nur im Entferntesten zu rechtfertigen wäre (und die Behörde aufs Dach bekommen würde, wenn der/die zuständige Datenschutzbeauftragte dahinterkäme — ok, dieser Einwand ist schwach…)
- Die Information, dass jemand ein Auskunftsersuchen gestellt hat, wird für die Behörden um so uninteressanter, je mehr Leute Auskunftsersuchen stellen (zumal die Trennung zwischen Geeks, Anarchos, Bürgerrechtler_innen, Ultras usf. auch nicht einfach sein wird).
- Der behördliche Missbrauch von Datenbanken ist letztlich nur durch Herstellung von Öffentlichkeit zu beschränken. Der Nutzen überwiegt ein möglicherweise vorhandenes Restrisiko bei weitem.
Sollte ich nicht eine Begründung für meine Anfrage beilegen?
Nein, auf keinen Fall. Die Auskunft ist nicht eine Gnade, die die Behörden euch erweisen, sie ist der Preis, den sie dafür bezahlen müssen, dass sie in eure Grundrechte eingreifen. Dementsprechend müssen sie begründen, warum sie das tun und nicht umgekehrt. Ausnahmen sind im Auskunftsersuchengenerator gekennzeichnet, und für diese können keine Ersuchen generiert werden. Wer viel Zeit und Kraft hat, könnte die Vereinbarkeit von Regelungen des Typs “besonderes Interesse muss angegeben werden” mit der Verfassung prüfen lassen. Wir würden bei so einem Prozess helfen, so gut wir können. Dazu kommt natürlich, ohne alle Menschenrechtsprosa, dass Aussagen bei der Polizei immer ein Fehler sind.
Was ist, wenn die Behörden eine beglaubigte oder bestätigte Ausweiskopie haben wollen?
Bestätigte und/oder beglaubigte Kopien bekommt ihr bei vielen Verwaltungsstellen und der Polizei. Erstere wollen in der Regel Geld für die Beglaubigung, die Polizei sollte für die Bestätigung (wenn ihr die Kopien mitbringt) nichts verlangen. Manche Polizeidienststellen versuchen immer noch, auf ahnungslos zu machen ("was sollen wir hier tun?"). Für diese Fälle nehmt den Schrieb der Behörde mit und sagt, sie sollen ggf. bei der Telefonnummer anrufen, die da drauf steht.
Ist die Sache mit der bestätigten Ausweiskopie nicht eine fiese Schikane?
Grenzwertig. Es soll natürlich tatsächlich nicht jedeR an die Polizeidaten rankommen -- wo so viele saftige Daten auf einem Haufen sind, fehlt es nicht an Interessenten, vgl. aller Tricks zur Abfrage.
Andererseits ist eine Bestätigung unter Umständen schon eine erhebliche Hürde, und zumindest für eine Negativauskunft finden wir das auch übertrieben. Die Datenschutzbeauftragten finden es aber in Ordnung.
Muss ich das Auskunftsersuchen als Einschreiben verschicken?
Die Behörden brauchen manchmal ein bisschen, aber Ausreden mit "verlorenen" Briefen sind uns nie zu Ohren gekommen. In dem Sinn könnt ihr euch das Geld für ein Einschreiben wahrscheinlich sparen.
Nach welcher Zeitspanne kommen Anfragen in der Regel zurück?
Zwischen ein paar Tagen und ein paar Wochen ist alles drin. Länger dauerts insbesondere dann, wenn die Behörden darüber nachdenken, ob sie bestimmte Infos aus Quellenschutzgründen nicht rausrücken oder ob sie Daten lieber löschen als zuzugeben, dass sie sowas gespeichert haben.
Als Faustregel sollten sich Behörden in der BRD auf keinen Fall länger als acht Wochen Zeit lassen. Solltet ihr dann noch keine Antwort bekommen haben, hakt bei der Behörde nochmals schriftlich nach und kontaktiert ggf. den/die zuständige Landesdatenschutzbeauftragte_n (je nach angefragter Behörde auf Bundes- oder Landesebene, vgl. Anschriftenseite des BfDI).
Mit was für einer Antwort kann ich rechnen?
Das hängt der Erfahrung nach stark von der angefragten Behörde/der_m jeweiligen Sachbearbeiter_in ab. Zu den drei möglichen Antworten (Negativauskunft, Auskunftsverweigerung, Auskunft) s.u.
Was ihr nie bekommt, sind rohe Datenbankauszüge (was eigentlich fragwürdig ist, denn sie wären in vielen Fällen -- [[DAD|DNA-Datenbank]! -- nötig, um Missbrauchsmöglichkeiten abzuschätzen), und auch nicht die Auszüge, die die Polizei bekommt. Die Prosa, die ihr seht, sollte die Speicheranlässe abdecken. Stammdaten ("Tätowierung am linken Schulterblatt, Italienischkenntnisse") werden häufig nicht mitgeteilt.
Mir wurde mitgeteilt, dass keine Daten über mich gespeichert sind. Kann ich sicher sein, dass ich bei Negativauskunft wirklich nicht in Polizeidateien auftauche?
Leider nicht — erstens machen die Behörden Fehler, zweitens gibt es in unserem Land unglaublich viele Polizeien, die eben nicht nur ihre eigenen Dateien abfragen, sondern auch die der Meldeämter, Bank-Stammdaten, das Ausländerzentralregister usf. Aber: Wenn euch das BKA und euer LKA sagen, sie hätten nichts über euch, dürfen auch die Polizist_innen bei einer Kontrolle -- etwa am Bahnhof, vor der Demo usf -- nichts über euch bekommen. Das hilft schon mal sehr, was willkürliches Filzen, präventive Platzverweise und andere inzwischen legalisierte Formen polizeilicher Menschenrechtseingriffe angeht.
Mir wurde die Auskunft verweigert – was kann ich jetzt tun?
Auskunftsverweigerung bedeutet in der Regel,
- dassein Ermittlungsverfahren gegen euch läuft, das euch nach Ansicht der Polizei nicht bekannt werden soll, weil ihr sonst euer Verhalten ändern würdet und sie nichts mehr zu ermitteln hätten, oder
- dass Polizeipersonal oder Quellen geschützt werden müssen.
Letzteres können V-Leute oder Verdeckte Ermittler sein, müssen es aber nicht. In beiden Fällen solltet ihr euch an die Rechtshilfegruppe eures Vertrauens wenden. Je nach Lage kommen verschiedene Reaktionen in Frage, typischerweise wird mensch aber den/die zuständige_n Datenschutzbeauftrage_n einschalten.
Ich habe eine Auskunft bekommen – was fange ich damit an?
Als erstes solltet ihr die aufgelisteten Einträge (Datum, Sachverhalt und je nach Behörde weitere Details) genau prüfen und gucken, was davon zu erwarten (Ermittlungsverfahren, …) war und was nicht. Bei einigen zentral vorgehaltenen Datenbanken (u.a. Gewalttäter Sport) kann es übrigens vorkommen, dass ihr die Antworten von mehreren Stellen (zeitversetzt) bekommt, da diese nach dem Datenbesitzerprinzip nur Auskunft über Einträge geben dürfen, die sie selbst angelegt haben.
Wenn ihr Fragen zu der Auskunft habt, kriegt ihr bei eurer lokalen Rechtshilfe, bei uns (Kontakt siehe Eingangsseite oder bei data:recollective Antworten. Bitte verschlüsselt eure Mails, unterlasst aber trotzdem Angaben, die über die Polizeiauskunft hinausgehen (“das war ich aber gar nicht”). Der Inhalt der Auskunft hingegen ist natürlich ok, denn dort steht eh nur, was mögliche Mitleser_innen eh schon wissen.
Danach könnt ihr die Löschung von Datensätzen beantragen. Sprecht euch dazu gerne mit uns ab. Für Verurteilungen im Politbereich wird die Löschung meist eher schwierig, bei den üblichen Geschichten (Einstellung nach 170 (2), Verfahrensausgang unbekannt) sieht es oft besser aus, denn die Polizei muss dann glaubhaft machen, wie diese Speicherung künftige Straftaten verhindern oder bei ihrer Aufklärung helfen soll.
Wenn Daten gespeichert sind, kann ich Auskunft über die erhebende Stelle, das Aktenzeichen oder weitere Informationen zu dem Sachverhalt erhalten?
Der Auskunftsumfang richtet sich nach den Gesetzen des Landes und der jeweiligen Behörde. Im Zweifel blättern im passenden Gesetz, etwa unter RechtsLage bzw. bei den Einzeldarstellungen der Länder.