Diese Seite behandelt alte, möglicherweise nicht mehr bestehende Infrastruktur des BKA. Das BKA bastelt gerade (2017-2019) in großem Stil an seiner EDV (und der der Länder), und es ist unklar, was eigentlich derzeit wie läuft. Mehr Infos bei PIAV. Wer konkrete Informationen hat, möge sie bitte hier (oder an geeigneter Stelle) einarbeiten.
TODO: Eine schöne Quelle zur FDR, die hier dringend ausgewertet werden sollte, ist Bundestags-Drucksache 18/10590.
Die Falldatei Rauschgift als Teil von INPOL wurde 1980 (so die Regierung in Bundestags-Drucksache 18/10590; nach anderen Angaben 1983) eingerichtet und war seitdem immer mal wieder wegen liberaler Speicherung oder schlampiger Löschpraxis im Gespräch.
Im Jahre 2006 enthielt sie rund 0.75 Millionen Datensätze, 2009 dann 1.4 Millionen (Bt-DS 16/13563). Bundestags-Drucksache 18/10396 hat dann 680000 im Jahr 2015,
Bundestags-Drucksache 17/7307 erwähnt zusätzlich eine "Auswertedatei Rauschgift", die Ende 2011 immerhin 137678 Personen zur "Verhütung und Verfolgung von Straftaten der Rauschgiftkriminalität" speicherte.
Skandale
Rechtswidrige Speicherung, unterlassene Löschung 1997
Der LfDI Baden-Württemberg berichtet in seinem Tätigkeitsbericht für 1997 von folgenden Einträgen in der FDR:
- über einen Ulmer Studenten in der FDR immer noch gespeichert, daß er m September 1990 auf dem Gelände der Universität Ulm einmal Haschisch geraucht haben soll;
- über einen 29 Jahre alten Straßenwart in der FDR immer noch registriert, daß er im Sommer 1990 in Ulm einmal eine Haschischzigarette erworben haben soll;
- über einen 37 Jahre alten Feinmechaniker in der FDR immer noch gespeichert, daß er im Sommer 1992 in Esslingen einmal Haschisch erworben haben soll;
- über einen amerikanischen Soldaten in der FDR immer noch festgehalten, daß er vor mehr als 10 Jahren einmal Haschisch besessen haben soll;
- über eine 35 Jahre alte Hotelfachfrau in der FDR immer noch registriert, daß sie im Oktober 1988 einmal Betäubungsmittel (Heroin) erworben haben soll.
Dass diese Datensätze nicht gelöscht wurden, lag offenbar daran, dass sie aus PAD kamen und dass die entsprechenden PAD-DSe nach einer Umstellung der Speicherfrist gelöscht wurden, ohne an die entsprechend in INPOL gespeicherten Daten zu denken (vielleicht ist hier die Einfachspeicherung in INPOL-neu doch ein Segen?). Dazu kam, dass Auszüge aus FDR, die das LKA vom BKA bekam, offenbar auch unvollständig waren.
Rechtswidrige Speicherung, unterlassene Löschung 2016
In einer Entschließung der 92. Konferenz der Datenschutzbehörden (2016) berichten die *fDs auch nach 33 Jahren noch von elementaren Defiziten beim Betrieb der FDR:
- Vielfach haben die Behörden nicht ausreichend geprüft, ob die Voraussetzungen des § 2 BKAG (Straftat von länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung) und des § 8 Abs. 2 BKAG (Negativprognose) vorliegen.
- Verbreitet fehlt es an einer nachvollziehbaren Dokumentation des Vorliegens der gesetzlichen Speicherungsvoraussetzungen.
- Dementsprechend fanden sich in der bundesweit abrufbaren Datei vielfach Speicherungen, die dem Bereich der Bagatellkriminalität zuzuordnen sind. Auch wurden Personen gespeichert, bei denen kein hinreichender polizeilicher Restverdacht festzustellen war.
- Das Ergebnis des jeweiligen Strafverfahrens war bei vielen Einträgen nicht berücksichtigt – entweder aufgrund organisatorischer Mängel oder weil die nach § 482 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) notwendige Mitteilung der Staatsanwaltschaft unterblieb.
Vor der Konsequenz, die FDR als permanenten Schauplatz des Missbrauchs polizeilicher Privilegien einfach stillzulegen – wozu braucht es eine bundesweite Datei zu Konsum und Straßenhandel von bestimmten Sorten von Drogen eigentlich genau? – schrecken die *fDs allerdings zurück.
Eine bemerkenswerte Propagandaleistung vollbringt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang in Bundestags-Drucksache 18/10590; Auf die Frage, welche Mängel in der FDR festgestellt wurden, verweist sie überspezifisch auf die Auskunft der BfDI, „das Bundeskriminalamt selbst [habe] keine unzulässigen Speicherungen vorgenommen“ – was keine Kunst ist, denn das BKA hat ja nicht viele Drogenbullen, die harmlose Kiffer einsammeln, und um diese ging es in dem Skandal ja. Darüber, dass die Länder in der BKA-Infrastruktur hunderttausende Soeicherungen vorgenommen haben, die noch nicht mal mit der selbst schon skandalösen Rechtslage vereinbar sind, muss mensch da natürlich nicht reden.
Reizvoll auch die Regierungsauskunft zur Frage, ob die Speicheropfer durch diese illegalen Praktiken vielleicht berufliche Nachteile in Kauf zu nehmen haben: „Die Möglichkeit des negativen Ausgangs einer Zuverlässigkeitsüberprüfung auf grund eines Arbeitsfehlers fälschlich oder rechtswidrig gespeicherten Datensatzes kann im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen werden.”