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Datenbanken der deutschen Geheimdienste
Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)
Offiziell gibt es nur die NADIS-Datenbank, dazu kann das BfV dank des Otto-Katalogs (Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002) im wesentlichen alle Datenbanken von Finanzinstitutionen sowie von Post, Telekom und Airlines nutzen (d.h. es sind inoffizielle Datenbanken des BfV). Wie weit diese Datenquellen regelmäßig genutzt werden, entzieht sich (wohl nicht nur) unserer Kenntnis.
Landesämter für Verfassungsschutz (LfV)
Informationen zu von den Landesämtern für Verfassungsschutz unterhaltenen Datenbanken -- soweit verfügbar -- finden sich in den Landesbeschreibungen unter Datenbanken auf Länderebene. NADIS wird als gemeinsame Datenbank von allen benutzt.
BND
Neben NADIS gibt es laut http://www.heise.de/ct/hintergrund/meldung/85995 ein "eigenen Intranet" namens VeNaGUA (Verbund Nachrichtengewinnung und Aufklärung), das "mehr als 100 Datenbanken" enthalten soll, die wiederum "über eine Suchmaschine" indiziert seien. Insgesamt klingt das stark so, als käme die Auskunft aus Gebrasel von Geheimdienstlern eher bescheidener technischer Kompetenz.
MAD
Nutzt auch NADIS
Die gemeinsame Datenbank aller Dienste: NADIS
Grundsätzliches
Datenbank des VS und der anderen Geheimdienste. Offenbar aufgeteilt in mehrere Bereiche, darunter
- PZD (Personenzentraldatei)
NADIS ist im wesentlichen eine Nachweisdatei, d.h. es zusätzlich zu den Daten der Person oder Gruppe (inklusive Identifizierungsmerkmalen) nur vermerkt, ob Erkenntnisse vorliegen und wenn ja, wo. Hier hat wohl die Paranoia auch ihre Vorteile.
Es besteht die Möglichkeit, dass ein Personeneintrag auf Sachakten verweist oder als Steigerung auf eine eigene Personalakte. Ein Personeneintrag mit Verweis auf Sachakten wird angelegt, wenn eine Person häufig in den Sachakten vorkommt. Wenn dann eine Person dem Diensten besonders gefährlich erscheint wird als Steigerung eine eigene Personalkte angelegt.
"Das BfV führt zur Ordnung der bei ihm gespeicherten Informationen sowohl Sach- als auch Personenakten. In den Sachakten werden die Informationen zusammengefasst geführt, die das BfV im Hinblick auf einzelne Beobachtungsfelder (z. B. Organisationen) für bedeutsam erachtet. Wenn eine Sachakte Informationen enthält, der das BfV auch im Hinblick auf eine Person Bedeutung beimisst, wird in dem behördeninternen elektronischen Informationssystem (NADIS) ein Datensatz zu dieser Person angelegt und eine Verknüpfung zwischen der Person und der Fundstelle hergestellt. Für personenbezogene Informationen in Sachakten, die das BfV - bezogen auf diese Person - für unerheblich hält, wird keine Verknüpfung vorgenommen. Wenn es dem BfV aufgrund der in NADIS zu einer Person erfassten Informationen geboten erscheint, wird zusätzlich eine Personenakte angelegt, in der nur die diese Person betreffenden Informationen zusammengefasst geführt werden." Quelle: Auszug Urteil des OVG NRW
Anmerkung: Das Urteil besagte (Kläger Bodo Ramelow), dass kein Auskunftsrecht auf in Sachakten gespeicherte Daten besteht, wenn es zu diesen keinen Verweis von NADIS gibt. Ich halte das problematisch, da die Sachakten inzwischen elektronisch gespeichert sind und so ein NADIS-Verweis jederzeit gelöscht und wiederhergesellt werden kann. (Dazu ganz interessant: Tätigkeitsbericht des hessischen LfD von 1999)
Statistik der gespeicherten Personen
- 2005 - 1.003.959
- 2004 - 985.300
- 2003 - 942.350
- 2002 - 925.650
- 2001 - 972.915
- 2000 - 908.328
(Quelle:VS-Jahresberichte)
Speicherungsdauer in NADIS im Regelfall 15 Jahre.
NADIS enthielt (mehr oder weniger anekdotisch) irgendwann in den 90er Jahren u.a.
- 4 Mio Datensätze über Kriegsdienstpflichtige (vom MAD)
- 1 Mio personenbezogene Datensätze des BND
- 2 Mio personenbezogene Datensätze des VS
(hat wer eine Quelle für sowas? Vielleicht eine aktuelle?). Die Daten des VS sind nur zu einem Teil "ExtremistInnen", enthalten sind etliche hunderttausend Personen, die Zuverlässigkeitsprüfungen bestanden haben (z.B. in der Rüstungsindustrie, AKW-ArbeiterInnen, Flughafenpersonal). 2009 schätzt der LfD Sachen (14. TB (2009), 5.14.1), 60% der personenenbezogenen Daten in NADIS (er meint vermutlich die des VS) kämen aus diesem Bereich, und er rechnet mit einem weiteren Anstieg in dem Bereich.
Sicherheitsüberprüfungen
Ein guter Teil der Speicherungen von Personen in NADIS sind Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen beschäftigt sind ("Zuverlässigkeitsprüfung"). Diese werden grundsätzlich gespeichert, um spätere Erkenntnisse korrellieren zu können (14. TB LfD Sachsen (2009), 5.14.1).
Ein paar Ratschläge zum Verhalten bei Sicherheitsüberprüfungen finden sich in 14. TB LfD Sachsen (2009), 5.10.1.
Storys
NADIS war in den 70er Jahren direkt mit INPOL gekoppelt. Diese Koppelung wurde nach Intervention des damaligen BfD 1980 aufgelöst, bis heute werden Queranfragen offenbar per Telex abgewickelt (mit der "Anti-Terror-Datenbank" wird eine solche Kopplung in Teilen wieder hergestellt; vgl. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9704/1.html).
Bei der Innenministerkonferenz am 1. Juli 2004 in Saarbrücken ist in der sog. "Saarbrücker Erklärung" die Modernisierung von NADIS beschlossen worden: "Modernisierung des nachrichtendienstlichen Informationssystems NADIS: Das antiquierte NADIS-System weist erhebliche Defizite auf. Der Bund hat deshalb die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen zu einer grundlegenden Modernisierung dieses auf der Datenbankarchitektur der 70-er Jahre beruhenden NADIS-Systems zu schaffen. Künftig müssen zu Personen und Objekten die Sachinformationen, die eine Gefährdungseinschätzung ermöglichen, beim Zugriff unmittelbar ersichtlich sein."
Fußball-WM 2006 -- Im Vorfeld der Fußball WM wird NADIS zur Überprüfung von ca 200.000 Personen (Bauarbeiter, Techniker, Hausmeister oder Würstchenverkäufer) herangezogen (Quelle: TAZ).
Nach einem Spiegel-Artikel "Blaues Wunder" vom 6.04.1992 ging der Verfassungsschutz recht freizügig mit der Weitergabe von Daten aus NADIS und den korrelierenden Sach- und Personalakten um. U.a. wurden die Einträge von dem jetzigen ULD Thilo Weichert an eine brandenburgische FDP-Abgeordnete weitergegebn, als er sich um das dortige Amt des Datenschutzbeauftragten beworben hatte. Blaues Wunder heißen übrigen die internen Richtlinien für V-Leute, das wirft ein anderes Licht auf den Brandanschlag in Dresden 2009...
Ende 2008 wurde nach 38 Jahren die Langezeitbeobachtung durch den VS von Rolf Gössner eingestellt. Dieses geschah erst, nachdem er Klage gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eingereicht hatte. Laut Stern vom 7.03.2008 hatte der Bundesbeauftragte für Datenschutz die Beobachtung nicht beanstandet. Das zeigt, dass die Datenschutzbeauftragten nicht gewillt sind oder nicht über die Möglichkeiten verfügen, Grundrechte zu verteidigen. Auch die Tatsache, dass der amtierende BfD ein wikileaks Dokument VS-NfD klassifiziert zeigt, daß die Datenschutzbeauftragten ihre Aufgaben nicht optimal war nehmen können oder wollen (hier: mögl. CIA Geheimgefängnis Mannheim, BRD Überflüge in Foltergefängnisse der USA).
Es gibt Pläne NADIS in eine Datenbank mit Volltextrecherche umzuwandeln. Die 80 0. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 3./4. November 2010 in Freiburg hat dieses kritisiert:
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert die Bundesregierung und die Landesregierungen auf, volltextbasierte Dateisysteme nur innerhalb der sehr engen verfassungsrechtlichen Grenzen auszugestalten. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder (Verfassungsschutz, Polizei) bauen zurzeit ihre elektronischen Dateisysteme aus. Dabei beziehen sie auch Daten mit ein, die bisher nur in Akten vorhanden sind, und streben eine umfassende Volltextverarbeitung mit Suchmöglichkeiten an. Nach jedem in einem Dokument vorkommenden Wort oder Datum kann elektronisch gesucht werden, weil das Dokument als Ganzes erfasst wird. Dies hat gravierende Folgen: In Akten befinden sich auch Daten von Personen, gegen die sich die behördlichen Maßnahmen nicht als Zielperson richten. Auch wer als unbescholtene Bürgerin oder unbescholtener Bürger unwissentlich Kontakt mit einer Zielperson hatte und beiläufig in den Akten genannt wird, wird nun gezielt elektronisch recherchierbar.
Dazu kann dann auf die Datenbank Data Mining angewand werden und so dürfte der Anteil der Staatsfeinde schnell erhöht werden.