MESTA

MESTA ("Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation") ist eine Vorgangsverwaltung der Staatsanwaltschaften verschiedener Länder.

Es wurde 1997 pilotiert, 1999 in den Regelbetrieb genommen und läuft mittlerweile mindestens in Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein- Westfalen und Berlin (vgl. Bundestags-Drucksache 19/15346).

Rechtsgrundlage

Für MESTA gibt es aus Schleswig-Holstein eine Errichtungsanordnung und dessen Grundlage, das StARegG (Statistikregistergesetz) In anderen Ländern dürften die Regelungen ähnlich, wenn auch weniger detailliert aussehen.

Daten

MESTA ist in erster Linie als Vorgangsverwaltung angelegt, d.h. viel dreht sich um das Ausfüllen von Formularen, um Dokumente zu generieren und den "Lebenszyklus" eines Falls zu begleiten.

Dabei fallen natürlich großen Mengen personenbezogener Daten an ("Anzeigende, Beschuldigte/Betroffene, Geschädigte, Nebenkläger, Zeugen, Leichen, Asservatengeber/-empfänger, gesetzliche Vertreter und Zustellungsbevollmächtigte"). Diese sind natürlich recherchierbar, nach Herstellerangaben auch über "Kölner Phonetik".

Zugriffrechte

Zugriff auf die Daten haben nach Herstellerangaben (s.u.) die Justizverwaltungen der beteiligten Länder an ca. 8000 Arbeitsplätzen.

Etwas konkreter sieht die bekannte Errichtungsanordnung vor, die "Daten aller Beschuldigten aus einem Ermittlungs- und Strafverfahren sowie der Betroffenen in Bußgeldverfahren" seien auf jeden Fall zu speichern, und nach Bedarf und bei Katalogstraftaten auch die Dritter, bis ein Tatverdächtiger ermittelt ist. Nett ist in diesem Zusammenhang Punkt 4.4.: "In Ermittlungsverfahren, denen offenkundig haltlose Vorwürfe zugrunde liegen, werden ausschließlich die Daten des oder der Anzeigenden gespeichert."

Gespeichert werden (jedenfalls in S-H) die üblichen Personendaten plus Beruf, Geburtsname der Mutter, besondere Kennzeichen und "Berechtigungen", was Führerscheine und ähnliches meint. Dazu kommen Verfahrensdaten, also insbesondere der Tatvorwurf, Asservate und Daten zur Vollstreckung.

Dazu kommen offenbar zunehmend umfangreichere Teile der Ermittlungsakten bis hin zur kompletten Akte. Diese werden durch Stichwortsuchen erschlossen. 2007 war das aber noch in der Pilotphase.

Die Daten sind nach Errichtungsanordnung über Aktenzeichen oder über Personen-Stammdaten (es ist zu bezweifeln, dass alle Teile des Datensatzes bekannt sein müssen, zumal der Hersteller phonetische Suche verspricht).

Übermittlung an die Polizei

Daten aus MESTA werden mit der Eintragung an die Polizei übermittelt. Bei Abschluss des Verfahrens geht ein weiterer Datensatz mit den entsprechenden Infos an die Polizei. Wie der TB 2004/05 des LfD Brandenburg (S. 85) richtig anmerkt, mag letzteres ein gewisser Vorteil sein, weil es die Zahl der "Ausgang unbekannt"-Einträge in den polizeilichen Auskunftssystem reduzieren könnte. Dieser Hoffnung schließt sich auch der hessische LfD in seinem 35. TB (2006) (S. 64) an. Emprirische Belege für positive Wirkungen sind indes nicht bekannt.

Die Polizei soll keinen Online-Zugriff auf die MESTA-Daten haben.

Übermittlung von der Polizei

Eine Recherchemöglichkeit aus MESTA heraus in verschiedenen Polizeidatenbanken war offenbar immer ein großer Wunsch; die Anbindung an die Fallbearbeitungen beim BKA („INPOL-Fall“) wurde jedoch aufgegeben; Bundestags-Drucksache 19/15346 sagt weiter, dass zumindest der Zugriff auf Verbunddaten und (später?) das PIAV bis Ende 2020 möglich sein soll.

Löschfristen

Die Löschfristen richten sich in S-H nach dem StARegG; das sind normalerweise 5 Jahre, für Jugendliche drei, nach Erledigung des Verfahrens. Wenn das Verfahren mit Haftstrafen endet, wird bis mindestens ein Jahr nach der Freilassung gespeichert. Dazu werden Daten, die wegen Aufbewahrungsfristen aufgehoben werden müssen, nach entsprechender Maßgabe weitergespeichert, sollen aber dann nur noch "aufbewahrt" werden. Dass "Aufbewahrung" bei MESTA Suchbarbarkeit einschließt, erzählt der Rechtsanwalt Thomas Wings in einem Blogeintrag von 2011: In einem Prozess hatte die Staatsanwältin längst aus dem Zentralregister gelöschte Verfahren aus dem Hut gezaubert. Dabei wurden als Aufbewahrungsfrist 30 Jahre genannt (TODO: aus welchen Normen ergibt sich diese Zeit?). Die betreffende Staatsanwältin wurde zwar für diese Nutzung von MESTA gerüffelt, sonstige Konsequenzen wurden aber offenbar nicht gezogen.

Wie üblich ist für die Löschfrist die letzte Zuspeicherung relevant (siehe auch RechtsLage.

Hersteller

MESTA wurde von der Firma Dataport entwickelt, die später analoge Systeme unter dem Titel @rtus für die Polizeien geliefert hat. In einer früheren Version der anfangs zitierten Seite gab die Firma an, das System basiere auf "Oracle, SQL-Server, Informix" sowie "WINNT, WIN2000, LINUX, SUN SOLARIS" und sei geschrieben in "Uniface, C, Visual-Basic, XML, XSLT, .NET". Wem das nach horröser Frickelei klingt, mag richtig liegen.

Inzwischen soll das System auf J2EE basieren.

Jedenfalls in Brandenburg wird an sechs Standorten ein Server betrieben; die verschiedenen Server replizieren offenbar untereinander die Stammdaten.

Weitere Quellen

  • Datenschutzbeauftragter Hessen: -- wohlwollende Beurteilung des LfD Hessen aus der Frühzeit.

  • Rückblick aus Sicht des Brandenburger Generalstaatsanwalts

  • PM der Stadt Hamburg: -- Ein "Statistik-Modul" hat MESTA auch; allerdings scheint es dann und wann Probleme zu bereiten.

  • NJW 1996, 2984 -- ein Artikel, der die Motivation der Gesetzgebung in S-H diskutiert und bejammert, dass andere Länder nichts dergleichen planen.
  • Tagesspiegel 13.10.2007 -- elektronische Akte der Berliner Justiz (Modesta)