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Revision 1 vom 2009-10-12 19:20:03
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Die europäische "Zentralpolizei" Europol betreibt eigene Computersysteme, die dann und wann wohl als TECS ("The Europol Computer Systems") bezeichnet werden.
Entsprechend des dann und wann stark geheimpolizeilichen Charakters von Europol ist nicht viel über TECS bekannt.

Europol steht fest in der dritten Säule der EU ("Gemeinsame Innenpolitik"),
während SIS traditionell eher "zweite Säule" (d.h. Migration) bedient. De
facto enthält SIS aber durchaus auch Daten von straffälligen
EU-Inländer''''''Innen (und es
[http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/cig/g4000s.htm ist umstritten], ob es
nicht auch dritte Säule sein kann).

Zwei "Pfeiler"
 1. "Informationssystem", Registerdatenbank über Verurteilte, Verdächtige und potentiell verdächtige Personen
 2. "Analysesystem", zusätzlich Opfer, Kontaktpersonen, Zeug''''''Innen, "andere Personen", Daten über Gesundheit, Sexualität u.a. erlaubt. Unmittelbarer Zugang hier nur durch Europol und ausgesuchte "Expert''''''Innen".

Jede Person hat das Recht, die jeweilige nationale Kontrollinstanz zu ersuchen, die Zulässigkeit der Eingabe und Übermittlung von sie betreffenden Daten an EUROPOL sowie des Abrufs dieser Daten durch den jeweiligen Mitgliedstaat zu überprüfen.

 * http://www.bfd.bund.de/dsvonaz/e5.html
 * Zu datenschutzrechtlichen Aspekten siehe auch http://europoljsb.ue.eu.int/.
 * http://www.infolinks.de/cilip/ausgabe/61/tecs.htm
<<TableOfContents>>

= EUROPOL =

Europol gehört zur ehemaligen dritten Säule der EU, der Polizeilich Justiziellen Zusammenarbeit in [[Datenbanken EU|Europa]].

== Aufgaben von Europol ==

Die Aufgabe Europols besteht derzeit vor allem in der systematischen Sammlung und Auswertung von personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit grenzüberschreitender organisierter Kriminalität stehen. Die Zentrale in Den Haag kommuniziert dabei mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über sogenannte "nationale Stellen" (in der Bundesrepublik Deutschland das Bundeskriminalamt in Wiesbaden). Bei Europol selbst arbeiten auch [[Verbindungsbeamte]] der Mitgliedstaaten, die unter anderem an Analyseprojekten mitwirken. Sie nehmen gleichzeitig für Europol und für die Mitgliedstaaten die Funktion von Ansprechpartnern wahr. Nach der Grundkonzeption der EPK versorgen die nationalen Stellen Europol mit Einzelinformationen. Das europäische Polizeiamt bewerkstelligt danach nun zweierlei:

(1) Es führt die Informationen der einzelnen nationalen Stellen zusammen, bündelt also alle personenbezogenen Daten in einem zentralen "Informationssystem" [[Europol#Informationssystem_.28IS.29| IS]], auf das wiederum die nationalen Stellen in den Mitgliedstaaten zugreifen können (bundesstaatlich strukturierte Mitgliedstaaten wie Deutschland und [[Österreich]] haben faktisch auch einen Online-Durchgriff der Landeskriminalämter auf den zentralen Europol-Datenbestand eingerichtet). Daneben bezieht es Daten von Drittstaaten und Drittstellen (wie beispielsweise [[Interpol]]) und stellt diese in das Informationssystem ein.

(2) Außerdem "analysiert" Europol die eingehenden Informationen (Art. 10 EPK) in Analysedateien [[Europol#Analysedateien_.28AWF.29|AWF]]. Der Analysevorgang kann Einzelfälle betreffen und konkrete Ermittlungen unterstützen, er kann aber auch losgelöst von konkreten Ermittlungsverfahren allgemein strategischer Natur sein. In diesem Fall werden die Ergebnisse allen Mitgliedstaaten mitgeteilt. Bei Einzelfallanalysen werden grundsätzlich nur die betroffenen Mitgliedstaaten beteiligt.

== Rechtliches ==

=== Rechtsstatus von Europol ===

Gemäß Artikel 26 der Europol-Konvention (EPK) soll Europol "Rechtsfähigkeit" besitzen, also eine selbständige völkerrechtliche Institution sein. Das steht zumindest in einem Spannungsverhältnis mit der Eingliederung des Europäischen Polizeiamtes in die Europäische Union.


=== Rechtliche Grundlagen ===

==== Europol Konvention EPK ====

Die <<Doclink(C316Europol.pdf,Europol-Konvention)>> von 1995 besteht zu ca. 50% aus Regelungen zu Datenbanken u.ä., die wohl auch tatatsächlich im Zentrum der Arbeit von Europol stehen sollen.

==== Ersetzung der EPK durch den Ratsbeschluss vom 6.4.2009 ====

Im Hinblick auf die "EU-Verfassung" bzw. den Lissabon-Vertrag soll die
Konvention ersetzt werden.

 <<Doclink(europol_rat.pdf, Ratsbeschluss vom 6.4.2009 zur Europol-Konvention mit dem Lissabon-Vertrag)>>

==== Regelung in der BRD durch das Europol-Gesetz ====

In der BRD werden diese Geschichten umgesetzt durch das Europol-Gesetz, das ansonsten noch regelt, dass das BKA nationale Stelle (für den Datenaustausch) und Behörde (für Auskunft) ist, der BfDI die nationale Kontrollinstanz.

 <<Doclink(EuropolG.pdf, Europol-Gesetz)>> (pdf)

==== Ratsbeschluss zum Austausch mit Drittstaaten ====

Die Regeln zum Austausch von Daten mit Drittparteien werden in einem Ratsbeschluss von 2009 geregelt.
''Anmerkung: Um Datenschutz im eigentlichen Sinn geht es dabei anscheinen nicht wirklich, denn die Summe der entsprechenden Vorschriften lässt sich mit "Wenn Europol es für nötig hält" umfassend beschreiben.''

 <<Doclink(2009-europol-datenaustausch.pdf, Ratsbeschluss von 2009)>> (pdf)

==== Geheimschutzregeln von Europol ====

Angesichts der geheimpolizeilichen Tendenzen von Europol lohnt vielleicht ein Blick in die Geheimschutzregeln von Europol:

 <<Doclink(2009-europol-geheimschutz.pdf,Geheimschutz-Regeln von Europol)>>.

== Datenbanken von Europol ==


=== Informationssystem (IS) ===

Das Informationssystem bekommt Daten von nationalen Polizeien, von Analysendateien von Europol und auch durch
Drittstaaten nach Artikel 7 der EPK. Zugriff haben Europol-Beamte und die nationalen Polizeien. Jede dieser
Abfragen wird aufgezeichnet (Art. 16 EPK). Bei Datenbankabfragen innerhalb von Europol sollen das mindestens 10% der Abfragen aufgezeichnet werden Die datenschutzrechtliche Verantwortung (d.h. insbesondere Löschung) trägt die einspeisenden Behörden.

2008 gab es 125000 Anfragen im Europol-IS, das zu dem Zeitpunkt 90000 "Objekte"
enthielt.
''Anmerkung: Die Wachstumsrate ist beeindruckend, denn Anfang 2007 enthielt das Informationssystem gerade mal 35000 Datensätze''

Folgende Staaten geben ihre Daten direkt in Europol ein:

 * BRD (11/2005)
 * Niederlande (9/2006)
 * Dänemark (3/2007)
 * Spanien (11/2007)
 * Belgien (12/2007)
 * vier weitere 2008.

''Anmerkung: Eigentlich war geplant, dass bereit 2006 alle Staaten direkt ihre Daten in Europol eingeben können.([[http://www.europol.europa.eu/index.asp?page=publar2005#INFOSYS|Europol-Webseite]])''


Offiziell ist der Sinn von Europol-IS Verbindungen zwischen Daten aus
verschiedenen Mitgliedsstaaten zu finden.

Europol greift auch auf die Daten von [[SIS]] zu, vermutlich auch schreibend.

==== Technische Details von IS ====

Europol spricht von einer "mobile office capability", es gibt also offenbar
eine mehr oder minder öffentlich zugängliche Schnittstellen zu Europol-IS von den Mitgliedsstaaten.
'' Anmerkung:Es könnte aber auch sein, dass der Kram unter dem Schlagwort sTesta
läuft und auf irgendeine Sorte von privatem Netzwerk aufsetzt''

In verschiedenen Berichten spricht Europol von Attachments die an die Datensätze angehängt werden.
Dabei scheint es sich um Freitext, Fotos oder ähnliches zu handeln.

=== Informationsaustauschsystem InfoEx ===

InfoEx ist eine Anwendung zum Datenaustausch zwischen den Einzelstaaten und
Europol.

==== Zahlen zum Datenaustausch ====

|| Jahr || Zahl der "Nachrichten" ||
|| 2000 || 35366 ||
|| 2001 || 45093 ||
|| 2002 || 70079 ||
|| 2003 || 96860 ||
|| 2004 || 155050 ||
|| 2005 || 183526 ||
|| 2006 || 210268 ||
|| 2007 || 260463 ||
|| 2008 || 283820 ||

Aus diesem Datenaustausch ergeben sich "Fälle" (2007 etwa 7500), von
denen je nach Jahr zwischen 20 und 30 Prozent im Drogenbereich liegen.

Augenscheinlich hängt das Info``Ex mit dem IS zusammen, diese
"Anwendung" könnte also einfach eine Schnittstelle zum IS sein.


=== Analysedateien (AWF) ===

Die "Analysesysteme" waren von Anfang an stark umstritten, denn in ihnen kann
Europol realtiv unkontrolliert alles Mögliche speichern.

Im Jahre 2007 gab es 16 Analysedateien (Analysis Work Files,AWF) und im Jahre 2008 18 Analysedateien. Die Analysedateien werden in unterschiedliche Bereiche, wei Drogenhandel, Mord und Organisierte Kriminalität eingeteilt.

||Bereich || 2007 || 2004 || 2003 ||
||Drogenhandel ||3 || 4 || 4 ||
||"Verbrechen gegen Personen" (Menschenhandel?)||3||3||3||
||Wirtschaftskriminalität ||2 || 5 || 5 ||
||"Organisierte Kiminalität"||4 || 2 || 3 ||
||"Terrorismus" ||2 || 2 || 2 ||
||Geldfälschung ||2 || 2 || 2 ||

Quellen: Die Zahlen für 2003 und 2004 kommen aus dem Europol Jahresbericht 2005, Die Daten von 2007 aus dem Jahresbericht von 2007

==== Speicherfristen ====

Die [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnung]] sehen als Aussonderungsprüffrist ein Jahr vor, wobei drei Jahre nach der letzten Zuspeicherung gelöscht werden muss. Der [[JSB]] muss informiert werden, wenn ein Datum durch Zuspeicherungen länger als fünf Jahre in
einem AWF liegt.
''Anmerkung: Angesichts des quasi-ehrenamtlichen Charakters des JSB ist nicht vorstellbar, dass die entsprechende Fälle tatsächlich ansehen können.''

==== Handling Codes für AWFs ====

Datensätze in den Analysedateien haben einen von den speichernden Staaten bestimmten Handling Code:
 * ohne Handling Code -- können die Daten an die Analysegruppe und an andere interessierten Mitglieder von Europol weitergereicht werden.
 * Bei Handlig Code Stufe I -- Dürfen die Daten vor Gericht nur mit Zustimmung der speichernden Partei verwendet werden.
 * Bei Handling Code Stufe II -- Die Daten dürfen auch innerhalb der Mitgliedsstaaten von Europol nur mit Zustimmung der speichernden Partei weitergegeben werden.
 * Bei Handling Code III -- Hier legt die speichernde Stelle die Weitergabepraxis der Daten per Freitext fest.

Quelle: <<Doclink(2009-europol-workfiles.pdf,"FAQ" zu den Analysedateien)>>(pdf)

==== Politisch relevante AWFs ====

 * AWF-03-029 DOLPHIN (seit 2003) -- Non-Islamist extremist terrorist organisation. Das bezieht sich auf die EU-Terrorliste und auf Tierschutz- und Umweltorganisationen
 * AWF 05-037 CHECKPOINT (seit 2006) -- Facilitated Illegal Immigration. Klingt zwar mehr, als ginge es um Zwangsprostitution und ähnliches, aber im Ziel stehen offenbar Organisationen wie eine "Pachtou", die angeblich Menschen aus Kurdisch-Irak und Afghanistan in die EU gebracht haben soll.
 * AWF 09-041 CYBORG (seit 2009) -- soll Organisierte Kriminalität im Netz verfolgen.

==== Errichtungsanordnungen ====

Für Analysedateien sind [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnungen]] (opening orders),nach deutschem Vorbild,
vorgesehen. Der [[JSB]] darf dazu "Stellungnahmen" abgeben. Diese [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnungen]] werden per Formular ausgehandelt. Dabei müssen nur "Racial origin", "Glaube", "Politische Ansichten" und "Sexual life or health" begründet werden, wenn sie gespeichert werden. So dass es bei den Analysedateien möglich ist sehr viel zu speichern. Die [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnungen]] werden vom Verwaltungsrat oder genehmigt oder bei "Dringlichkeit" direkt vom Direktor von Europol. Zusätzlich zu den [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnungen]] gibt es jeweil zwei "Arbeitsdokumente", die beschreiben, was das alles bedeutet (Project Plan) und woher die Daten kommen sollen (Data Collection Plan).

Ein Beispiel vor für eine [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnung]] ist in FAQ von Europol zu den AWFs angegeben:

 <<Doclink(2009-europol-workfiles.pdf,FAQ zu Workfiles von Europol)>> (pdf)

==== Technische Umsetzung ====

Technisch sind die AWFs durch ein Programm namens iBase von rola Security Solutions auf (vgl. [[Hersteller]]) realisiert.

Innerhalb von Europol heißt das Programm, welches die AWFs ermöglicht.
OASIS, "Overall Analysis System for Intelligence and Support". Dieses war nach Aussagen von Europol im Jahre 2007 voll einsatzfähig. Laut Berichten von Europol ist OASIS ein System, welches verschiedene Software-Anwendungen ermöglicht. Insbesondere auch Text- und [[Data Mining]].


==== Austausch mit Drittstaaten ====

Der [[http://www.datenschutz.hessen.de/download.php?download_ID=180&download_now=1|37. TB LfD Hessen]], 2.1.2.3 (2008) erwähnt Verträge nach dem Dänischen
Protokoll, das den Zugriff von Drittstaaten auf Analysedateien erlaubt, und zwar
mit Australien, Kroatien, USA, Schweiz, [[Interpol]] und [[Eurojust]]. Im Zuge der Prüfungen kam heraus, dass schon etliche
Verträge dieser Art geschlossen waren, ohne dass der [[JSB]] informiert worden wäre.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass im Rahmen der Verfahren
nach dem dänischen Protokoll Europol Datenschutzberichte zu Drittstaaten
erstellt ("Bock zum Gärtner-Prinzip"). Der [[http://www.datenschutz.hessen.de/download.php?download_ID=180&download_now=1|37. TB LfD Hessen 2008]], 2.1.2.4 erwähnt hier Russland und Israel als Fälle mit Nachbesserungsbedarf.

==== Weitere Infos zu AWFs ====

 * <<Doclink(2009-europol-workfiles.pdf,"FAQ" zu den Analysedateien)>>(pdf)
 * <<Doclink(2009-europol-workfiles.pdf, Europol Workfiles)>>(pdf)
 * [[http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/09/st15/st15140.de09.pdf|Eurpol-Regelungen für die AWFs]] (pdf)


TODO: AWFs sollen zusammengelegt werden: http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/11/st06/st06049.en11.pdf

=== "Check the Web" ===

Offenbar irgendeine Sorte von Wiki o.ä. in dem "offene Quellen" im Internet
gemeinsam gesammelt werden sollten, die "mit Terrorismus in Zusammenhang
gebracht werden könnten" (siehe 4 Teilbericht des JSB).

[[http://euobserver.com/9/24162||EU observer]] berichtet, dass der Zweck von
Check the Web ist es Redundanzen zu vermeiden:
  ''If you see that a website is [already being] checked by another country, you can save energy.''

=== Europe Bomb Database ===

2009 hat Europol eine "Europe Bomb Database" ausgeschrieben, was immer
das sein mag. Grundsätzlich mag sich ein Blick auf die Ausschreibungen von Europol auf der
[[http://www.europol.europa.eu/index.asp?page=procurement|Webseite von Europol]]
lohnen.

== Verbindungsbeamte ==

Die einzelnen Mitgliedstaaten benennen nach Artikel 8 des Europol-Beschlusses jeweils eine nationale Stelle, über die der Kontakt zur Europol verläuft. Sie ist eine Einrichtung des jeweiligen Mitgliedstaates und kein Organ von Europol. Die nationalen Stellen entsenden jeweils [[Verbindungsbeamte]] zu Europol, die in Den Haag die Interessen des Mitgliedstaates vertreten. Im Jahre 2008 arbeiteten rund 622 Menschen für Europol. Davon waren 124 [[Verbindungsbeamte]]. Die [[Verbindungsbeamte]]n bestehen nicht nur aus den jeweiligen Mitgliedstaaten der europäischen Union. Australien, Kanada, Kolumbien, Kroatien, Island, Norwegen, Russland, Schweiz, die USA und die internationale Polizeibehörde Interpol entsenden zusätzlich zu den einzelnen Mitgliedstaaten einen oder mehrere Verbindungsbeamte

[[http://www.europol.europa.eu/publications/Annual_Reports/Annual%20Report%202008.pdf|Europol Jahresbericht 2008]] (pdf)
== Kontrolle von Europol ==

=== Kontrolle durch das Parlament ===

Nach Artikel 88 des [[http://de.wikipedia.org/wiki/AEUV|AEU-Vertrages]] soll die Kontrolle von Europol auch durch das EU-Parlament gewährleistet werden. Bis jetzt (Anfang 2011) gibt es dafür nur Pläne und keine Umsetzung.

=== Die Kontrolle durch die nationalen Datenschutzbeauftragten ===

Die nationalen [[Datenschutzbeauftragten|Datenschutzbeauftragten]] dürfen nach Art. 23/32 prüfen, ob Datenübermittlungen und -abrufe ihrer Behörden in Ordnung waren und dürfen dazu bei den nationalen Verbindungsbeamten vorbeischauen. In der BRD teilen sich BfD und LfDs
die Aufsicht in irgendeiner Weise. In [[http://www.datenschutz.hessen.de/download.php?download_ID=180&download_now=1|37. TB LfD Hessen]], 2.1 sagt der LfD Hessen, er sei für die LfDen im JSB.

=== Gemeinsame Kontroll Instanz (GKI) oder Joint Supervisory Body (JSB) ===

Die Arbeit von Europol selbst überwacht nach Art. 24/33 eine extra "Aufsichtsbehörde" aus maximal je zwei staatlichen Datenschützer``Innen der Mitgliedsstaaten, den [[http://europoljsb.ue.eu.int/|JSB]] (Joint Supervisory Body oder Gemeinsame Kontrollinstanz GKI). [[http://www.bfdi.bund.de/cln_111/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Taetigkeitsberichte/Functions/TB_GKI_Europol_table.html|Tätigkeitsberichte auf Deutsch]] gibts beim BfDI. Der JSB hat ein eigenes Sekretariat und tagt etwas weniger als monatlich. Das JSB besteht aus jeweils zwei Vertreter_innen der nationalen [[Datenschutzbeauftragten|Datenschutzbehörden]] der Mitgliedstaaten.

==== Aufgaben des JSBs ====

Der JSB unterhält Arbeitsgruppen, etwa zu [[RechtsLage#Errichtungsanordnungen_und_Verzeichnisse|Errichtungsanordnungen]] für Analysedateien ([[Europol#Analysdateien_.28AWF.29|AWF]]) oder Beziehungen zu Drittstaaten.
Dazu ist er für individuelle [[Europol#Beschwerdemöglichkeit beim JSB|Beschwerden]] bei [[RechtsLage/Auskunftsrecht|Auskunftsverweigerung]] nach einem[[AuskunftErsuchen|Auskunftsersuchen]] oder bei sonstiger individueller Verletzung des Datenschutzes zuständig.

Die Aufgaben der JSB werden in der [[http://europoljsb.ue.eu.int/media/63193/lexuriserv.en.pdf|Rule of Procedure]] festgelegt. Darin steht auch genau, wie bei einer Beschwerde vorgegangen wird.

== Auskunftsrecht ==

Das Auskunftsrecht ist einer der Punkte, an denen eine tendenziell
geheimpolizeiliche Note von Europol besonders spürbar wird. Zwar gibt es
grundsätzlich ein Auskunftsrecht (nach Art. 19/29), das sich einerseits
"kostenlos" und andererseits an nationalstaatlichen Regelungen orientiert
sein soll (da hat wohl wer bei der Redaktion geschlafen). Dieses
Auskunftsrecht ist aber eingeschränkt nicht nur durch die übliche Staats-
und Polizeisicherheit, sondern auch durch "Rechte und Freiheiten Dritter"
-- dabei sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt.

Noch dramatischer ist, dass "unmittelbar betroffene Mitgliedsstaaten" unter
nicht ganz klaren Voraussetzungen Einspruch gegen die Auskunft einlegen
können. Die Auskunft unterbleibt ''ohne Hinweis auf den Einspruch'', die
Kommunikation von Europol darf stattdessen
keinen Hinweis enthalten, dass gespeichert wird.

=== Beschwerdemöglichkeit beim JSB ===

Es gibt die Möglichkeit gegen die Auskunft beim Joint Supervisory Body ( [[Europol#Gemeinsame_Kontroll_Instanz_.28GKI.29_oder_Jonit_Supervisory_Body_.28JSB.29|JSB]] ) Beschwerde einzulegen. Der JSB (deutsch: Gemeinsame Kontrollinstanz) hat die Möglichkeit eine Auskunftsverweigerung von Europol mit Zweidrittelmehrheit
zu beanstanden.

Bis jetzt hatte nur eine Person welche in den Niedelanden lebt Erfolg,
da sich die Auskunft an dem jeweiligen Datenschutzgesetzen orientiert. In den Niederlanden ist das Recht auf informelle Selbstbestimmung recht
weitgehend, daher wurde ihm zugestanden zu wissen ob etwas gespeichert ist.
Theoretisch sollte daher jeder/e sein Auskunftersuchen auf Niederländisch an die dortige Polizei schicken...

[[http://europoljsb.consilium.europa.eu|Webseite der Kontrollkomission]]

=== Anzahl Auskunftsanträge bei Europol ===

Zahlen: 2008 135 Auskunftsersuchen -- Kinder, das können wir verzehnfachen,
oder?

== Weiteres ==

=== Beteiligung am EU-Rahmenforschungsprogramm ===

Im Rahmen des 7. [[Datenbanken EU|EU-Rahmenforschungsprogramms]] hat die EU 1.4 Milliarden Euro
für "sicherheitsrelevante" Forschung reserviert. In diesem Rahmen ist Europol
an verschiedenen Projekten beteiligt. (vgl [[Datenbanken EU]])

=== EU-weite Verdeckte Ermittler im Rahmen von Europol ===

Nach Information des polizeikritischen Blog [[http://euro-police.noblogs.org/2011/02/cross-border-spying-on-euro-anarchists/| Euro Police]] war Europol über den Einsatz des [[Verdeckte Ermittler|Verdeckten Ermittler]] [[http://www.powerbase.info/index.php/Mark_Kennedy|Marc Kennedy]] aus [[Datenbanken UK|UK]] informiert und wusste auch den echten Namen Marc Stone.
Nach [[http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34241/1.html|Telepolis]] unterhält Europol zudem mit der "Cross-Border Surveillance Working Group" eine Arbeitsgruppe, um die Vermittlung und Honorierung von [[V-Leute|V-Leuten]] und [[Verdeckte Ermittler]] unter den EU-Mitgliedsstaaten zu vereinfachen. Polizeien der Mitgliedsstaaten, darunter das deutsche [[Datenbanken BKA|BKA]] und das [[Datenbanken des Zoll|Zollkriminalamt]], koordinieren sich in einer "European Cooperation Group on Undercover Acitvities" (ECG). Vermutlich geschah der Spitzelaustausch in diesem Rahmen.


=== Kooperation mit FRONTEX ===

Europol kooperiert mit [[FRONTEX]] im Rahmen des Grenzschutzregimes.


== Links ==

 * [[http://www.cilip.de/ausgabe/61/tecs.htm|Cilip-Artikel von 1998 zu Europol]]
 * [[http://europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/police_customs_cooperation/l14005b_de.htm|EU-Info zu Europol]]
 * [[http://www.europol.europa.eu/index.asp?page=publications|Publikationen, insbesondere Jahresberichte]]; Der Kram ist zu 90% freischwebendes EU-Machergeschwurbel, das eher auf Produktion destillierter heißer Luft schließen lässt. Mit Geduld findet man aber doch da und dort ein Faktoidchen.
 * [[http://heise-online.mobi/news/Bruessel-will-die-Befugnisse-von-Europol-deutlich-ausdehnen-635958.html|Heise zum Ratsbeschluss]]
 * [[http://www.datenschutzzentrum.de/faq/europol.htm|ULD Schleswig-Holstein zu Europol]]
 * [[http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:42002A1216(01):EN:HTML|2002/C 312/1]] -- Rechtsakt zu Ermittlergruppen aus Europol und Drittstaaten

EUROPOL

Europol gehört zur ehemaligen dritten Säule der EU, der Polizeilich Justiziellen Zusammenarbeit in Europa.

Aufgaben von Europol

Die Aufgabe Europols besteht derzeit vor allem in der systematischen Sammlung und Auswertung von personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit grenzüberschreitender organisierter Kriminalität stehen. Die Zentrale in Den Haag kommuniziert dabei mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über sogenannte "nationale Stellen" (in der Bundesrepublik Deutschland das Bundeskriminalamt in Wiesbaden). Bei Europol selbst arbeiten auch Verbindungsbeamte der Mitgliedstaaten, die unter anderem an Analyseprojekten mitwirken. Sie nehmen gleichzeitig für Europol und für die Mitgliedstaaten die Funktion von Ansprechpartnern wahr. Nach der Grundkonzeption der EPK versorgen die nationalen Stellen Europol mit Einzelinformationen. Das europäische Polizeiamt bewerkstelligt danach nun zweierlei:

(1) Es führt die Informationen der einzelnen nationalen Stellen zusammen, bündelt also alle personenbezogenen Daten in einem zentralen "Informationssystem" IS, auf das wiederum die nationalen Stellen in den Mitgliedstaaten zugreifen können (bundesstaatlich strukturierte Mitgliedstaaten wie Deutschland und Österreich haben faktisch auch einen Online-Durchgriff der Landeskriminalämter auf den zentralen Europol-Datenbestand eingerichtet). Daneben bezieht es Daten von Drittstaaten und Drittstellen (wie beispielsweise Interpol) und stellt diese in das Informationssystem ein.

(2) Außerdem "analysiert" Europol die eingehenden Informationen (Art. 10 EPK) in Analysedateien AWF. Der Analysevorgang kann Einzelfälle betreffen und konkrete Ermittlungen unterstützen, er kann aber auch losgelöst von konkreten Ermittlungsverfahren allgemein strategischer Natur sein. In diesem Fall werden die Ergebnisse allen Mitgliedstaaten mitgeteilt. Bei Einzelfallanalysen werden grundsätzlich nur die betroffenen Mitgliedstaaten beteiligt.

Rechtliches

Rechtsstatus von Europol

Gemäß Artikel 26 der Europol-Konvention (EPK) soll Europol "Rechtsfähigkeit" besitzen, also eine selbständige völkerrechtliche Institution sein. Das steht zumindest in einem Spannungsverhältnis mit der Eingliederung des Europäischen Polizeiamtes in die Europäische Union.

Rechtliche Grundlagen

Europol Konvention EPK

Die Europol-Konvention von 1995 besteht zu ca. 50% aus Regelungen zu Datenbanken u.ä., die wohl auch tatatsächlich im Zentrum der Arbeit von Europol stehen sollen.

Ersetzung der EPK durch den Ratsbeschluss vom 6.4.2009

Im Hinblick auf die "EU-Verfassung" bzw. den Lissabon-Vertrag soll die Konvention ersetzt werden.

Regelung in der BRD durch das Europol-Gesetz

In der BRD werden diese Geschichten umgesetzt durch das Europol-Gesetz, das ansonsten noch regelt, dass das BKA nationale Stelle (für den Datenaustausch) und Behörde (für Auskunft) ist, der BfDI die nationale Kontrollinstanz.

Ratsbeschluss zum Austausch mit Drittstaaten

Die Regeln zum Austausch von Daten mit Drittparteien werden in einem Ratsbeschluss von 2009 geregelt. Anmerkung: Um Datenschutz im eigentlichen Sinn geht es dabei anscheinen nicht wirklich, denn die Summe der entsprechenden Vorschriften lässt sich mit "Wenn Europol es für nötig hält" umfassend beschreiben.

Geheimschutzregeln von Europol

Angesichts der geheimpolizeilichen Tendenzen von Europol lohnt vielleicht ein Blick in die Geheimschutzregeln von Europol:

Datenbanken von Europol

Informationssystem (IS)

Das Informationssystem bekommt Daten von nationalen Polizeien, von Analysendateien von Europol und auch durch Drittstaaten nach Artikel 7 der EPK. Zugriff haben Europol-Beamte und die nationalen Polizeien. Jede dieser Abfragen wird aufgezeichnet (Art. 16 EPK). Bei Datenbankabfragen innerhalb von Europol sollen das mindestens 10% der Abfragen aufgezeichnet werden Die datenschutzrechtliche Verantwortung (d.h. insbesondere Löschung) trägt die einspeisenden Behörden.

2008 gab es 125000 Anfragen im Europol-IS, das zu dem Zeitpunkt 90000 "Objekte" enthielt. Anmerkung: Die Wachstumsrate ist beeindruckend, denn Anfang 2007 enthielt das Informationssystem gerade mal 35000 Datensätze

Folgende Staaten geben ihre Daten direkt in Europol ein:

  • BRD (11/2005)
  • Niederlande (9/2006)
  • Dänemark (3/2007)
  • Spanien (11/2007)
  • Belgien (12/2007)
  • vier weitere 2008.

Anmerkung: Eigentlich war geplant, dass bereit 2006 alle Staaten direkt ihre Daten in Europol eingeben können.(Europol-Webseite)

Offiziell ist der Sinn von Europol-IS Verbindungen zwischen Daten aus verschiedenen Mitgliedsstaaten zu finden.

Europol greift auch auf die Daten von SIS zu, vermutlich auch schreibend.

Technische Details von IS

Europol spricht von einer "mobile office capability", es gibt also offenbar eine mehr oder minder öffentlich zugängliche Schnittstellen zu Europol-IS von den Mitgliedsstaaten. Anmerkung:Es könnte aber auch sein, dass der Kram unter dem Schlagwort sTesta läuft und auf irgendeine Sorte von privatem Netzwerk aufsetzt

In verschiedenen Berichten spricht Europol von Attachments die an die Datensätze angehängt werden. Dabei scheint es sich um Freitext, Fotos oder ähnliches zu handeln.

Informationsaustauschsystem InfoEx

InfoEx ist eine Anwendung zum Datenaustausch zwischen den Einzelstaaten und Europol.

Zahlen zum Datenaustausch

Jahr

Zahl der "Nachrichten"

2000

35366

2001

45093

2002

70079

2003

96860

2004

155050

2005

183526

2006

210268

2007

260463

2008

283820

Aus diesem Datenaustausch ergeben sich "Fälle" (2007 etwa 7500), von denen je nach Jahr zwischen 20 und 30 Prozent im Drogenbereich liegen.

Augenscheinlich hängt das InfoEx mit dem IS zusammen, diese "Anwendung" könnte also einfach eine Schnittstelle zum IS sein.

Analysedateien (AWF)

Die "Analysesysteme" waren von Anfang an stark umstritten, denn in ihnen kann Europol realtiv unkontrolliert alles Mögliche speichern.

Im Jahre 2007 gab es 16 Analysedateien (Analysis Work Files,AWF) und im Jahre 2008 18 Analysedateien. Die Analysedateien werden in unterschiedliche Bereiche, wei Drogenhandel, Mord und Organisierte Kriminalität eingeteilt.

Bereich

2007

2004

2003

Drogenhandel

3

4

4

"Verbrechen gegen Personen" (Menschenhandel?)

3

3

3

Wirtschaftskriminalität

2

5

5

"Organisierte Kiminalität"

4

2

3

"Terrorismus"

2

2

2

Geldfälschung

2

2

2

Quellen: Die Zahlen für 2003 und 2004 kommen aus dem Europol Jahresbericht 2005, Die Daten von 2007 aus dem Jahresbericht von 2007

Speicherfristen

Die Errichtungsanordnung sehen als Aussonderungsprüffrist ein Jahr vor, wobei drei Jahre nach der letzten Zuspeicherung gelöscht werden muss. Der JSB muss informiert werden, wenn ein Datum durch Zuspeicherungen länger als fünf Jahre in einem AWF liegt. Anmerkung: Angesichts des quasi-ehrenamtlichen Charakters des JSB ist nicht vorstellbar, dass die entsprechende Fälle tatsächlich ansehen können.

Handling Codes für AWFs

Datensätze in den Analysedateien haben einen von den speichernden Staaten bestimmten Handling Code:

  • ohne Handling Code -- können die Daten an die Analysegruppe und an andere interessierten Mitglieder von Europol weitergereicht werden.
  • Bei Handlig Code Stufe I -- Dürfen die Daten vor Gericht nur mit Zustimmung der speichernden Partei verwendet werden.
  • Bei Handling Code Stufe II -- Die Daten dürfen auch innerhalb der Mitgliedsstaaten von Europol nur mit Zustimmung der speichernden Partei weitergegeben werden.
  • Bei Handling Code III -- Hier legt die speichernde Stelle die Weitergabepraxis der Daten per Freitext fest.

Quelle: FAQ zu den Analysedateien(pdf)

Politisch relevante AWFs

  • AWF-03-029 DOLPHIN (seit 2003) -- Non-Islamist extremist terrorist organisation. Das bezieht sich auf die EU-Terrorliste und auf Tierschutz- und Umweltorganisationen
  • AWF 05-037 CHECKPOINT (seit 2006) -- Facilitated Illegal Immigration. Klingt zwar mehr, als ginge es um Zwangsprostitution und ähnliches, aber im Ziel stehen offenbar Organisationen wie eine "Pachtou", die angeblich Menschen aus Kurdisch-Irak und Afghanistan in die EU gebracht haben soll.
  • AWF 09-041 CYBORG (seit 2009) -- soll Organisierte Kriminalität im Netz verfolgen.

Errichtungsanordnungen

Für Analysedateien sind Errichtungsanordnungen (opening orders),nach deutschem Vorbild, vorgesehen. Der JSB darf dazu "Stellungnahmen" abgeben. Diese Errichtungsanordnungen werden per Formular ausgehandelt. Dabei müssen nur "Racial origin", "Glaube", "Politische Ansichten" und "Sexual life or health" begründet werden, wenn sie gespeichert werden. So dass es bei den Analysedateien möglich ist sehr viel zu speichern. Die Errichtungsanordnungen werden vom Verwaltungsrat oder genehmigt oder bei "Dringlichkeit" direkt vom Direktor von Europol. Zusätzlich zu den Errichtungsanordnungen gibt es jeweil zwei "Arbeitsdokumente", die beschreiben, was das alles bedeutet (Project Plan) und woher die Daten kommen sollen (Data Collection Plan).

Ein Beispiel vor für eine Errichtungsanordnung ist in FAQ von Europol zu den AWFs angegeben:

Technische Umsetzung

Technisch sind die AWFs durch ein Programm namens iBase von rola Security Solutions auf (vgl. Hersteller) realisiert.

Innerhalb von Europol heißt das Programm, welches die AWFs ermöglicht. OASIS, "Overall Analysis System for Intelligence and Support". Dieses war nach Aussagen von Europol im Jahre 2007 voll einsatzfähig. Laut Berichten von Europol ist OASIS ein System, welches verschiedene Software-Anwendungen ermöglicht. Insbesondere auch Text- und Data Mining.

Austausch mit Drittstaaten

Der 37. TB LfD Hessen, 2.1.2.3 (2008) erwähnt Verträge nach dem Dänischen Protokoll, das den Zugriff von Drittstaaten auf Analysedateien erlaubt, und zwar mit Australien, Kroatien, USA, Schweiz, Interpol und Eurojust. Im Zuge der Prüfungen kam heraus, dass schon etliche Verträge dieser Art geschlossen waren, ohne dass der JSB informiert worden wäre.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass im Rahmen der Verfahren nach dem dänischen Protokoll Europol Datenschutzberichte zu Drittstaaten erstellt ("Bock zum Gärtner-Prinzip"). Der 37. TB LfD Hessen 2008, 2.1.2.4 erwähnt hier Russland und Israel als Fälle mit Nachbesserungsbedarf.

Weitere Infos zu AWFs

TODO: AWFs sollen zusammengelegt werden: http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/11/st06/st06049.en11.pdf

"Check the Web"

Offenbar irgendeine Sorte von Wiki o.ä. in dem "offene Quellen" im Internet gemeinsam gesammelt werden sollten, die "mit Terrorismus in Zusammenhang gebracht werden könnten" (siehe 4 Teilbericht des JSB).

http://euobserver.com/9/24162 berichtet, dass der Zweck von Check the Web ist es Redundanzen zu vermeiden:

  • If you see that a website is [already being] checked by another country, you can save energy.

Europe Bomb Database

2009 hat Europol eine "Europe Bomb Database" ausgeschrieben, was immer das sein mag. Grundsätzlich mag sich ein Blick auf die Ausschreibungen von Europol auf der Webseite von Europol lohnen.

Verbindungsbeamte

Die einzelnen Mitgliedstaaten benennen nach Artikel 8 des Europol-Beschlusses jeweils eine nationale Stelle, über die der Kontakt zur Europol verläuft. Sie ist eine Einrichtung des jeweiligen Mitgliedstaates und kein Organ von Europol. Die nationalen Stellen entsenden jeweils Verbindungsbeamte zu Europol, die in Den Haag die Interessen des Mitgliedstaates vertreten. Im Jahre 2008 arbeiteten rund 622 Menschen für Europol. Davon waren 124 Verbindungsbeamte. Die Verbindungsbeamten bestehen nicht nur aus den jeweiligen Mitgliedstaaten der europäischen Union. Australien, Kanada, Kolumbien, Kroatien, Island, Norwegen, Russland, Schweiz, die USA und die internationale Polizeibehörde Interpol entsenden zusätzlich zu den einzelnen Mitgliedstaaten einen oder mehrere Verbindungsbeamte

Europol Jahresbericht 2008 (pdf)

Kontrolle von Europol

Kontrolle durch das Parlament

Nach Artikel 88 des AEU-Vertrages soll die Kontrolle von Europol auch durch das EU-Parlament gewährleistet werden. Bis jetzt (Anfang 2011) gibt es dafür nur Pläne und keine Umsetzung.

Die Kontrolle durch die nationalen Datenschutzbeauftragten

Die nationalen Datenschutzbeauftragten dürfen nach Art. 23/32 prüfen, ob Datenübermittlungen und -abrufe ihrer Behörden in Ordnung waren und dürfen dazu bei den nationalen Verbindungsbeamten vorbeischauen. In der BRD teilen sich BfD und LfDs die Aufsicht in irgendeiner Weise. In 37. TB LfD Hessen, 2.1 sagt der LfD Hessen, er sei für die LfDen im JSB.

Gemeinsame Kontroll Instanz (GKI) oder Joint Supervisory Body (JSB)

Die Arbeit von Europol selbst überwacht nach Art. 24/33 eine extra "Aufsichtsbehörde" aus maximal je zwei staatlichen DatenschützerInnen der Mitgliedsstaaten, den JSB (Joint Supervisory Body oder Gemeinsame Kontrollinstanz GKI). Tätigkeitsberichte auf Deutsch gibts beim BfDI. Der JSB hat ein eigenes Sekretariat und tagt etwas weniger als monatlich. Das JSB besteht aus jeweils zwei Vertreter_innen der nationalen Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten.

Aufgaben des JSBs

Der JSB unterhält Arbeitsgruppen, etwa zu Errichtungsanordnungen für Analysedateien (AWF) oder Beziehungen zu Drittstaaten. Dazu ist er für individuelle Beschwerden bei Auskunftsverweigerung nach einemAuskunftsersuchen oder bei sonstiger individueller Verletzung des Datenschutzes zuständig.

Die Aufgaben der JSB werden in der Rule of Procedure festgelegt. Darin steht auch genau, wie bei einer Beschwerde vorgegangen wird.

Auskunftsrecht

Das Auskunftsrecht ist einer der Punkte, an denen eine tendenziell geheimpolizeiliche Note von Europol besonders spürbar wird. Zwar gibt es grundsätzlich ein Auskunftsrecht (nach Art. 19/29), das sich einerseits "kostenlos" und andererseits an nationalstaatlichen Regelungen orientiert sein soll (da hat wohl wer bei der Redaktion geschlafen). Dieses Auskunftsrecht ist aber eingeschränkt nicht nur durch die übliche Staats- und Polizeisicherheit, sondern auch durch "Rechte und Freiheiten Dritter" -- dabei sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt.

Noch dramatischer ist, dass "unmittelbar betroffene Mitgliedsstaaten" unter nicht ganz klaren Voraussetzungen Einspruch gegen die Auskunft einlegen können. Die Auskunft unterbleibt ohne Hinweis auf den Einspruch, die Kommunikation von Europol darf stattdessen keinen Hinweis enthalten, dass gespeichert wird.

Beschwerdemöglichkeit beim JSB

Es gibt die Möglichkeit gegen die Auskunft beim Joint Supervisory Body ( JSB ) Beschwerde einzulegen. Der JSB (deutsch: Gemeinsame Kontrollinstanz) hat die Möglichkeit eine Auskunftsverweigerung von Europol mit Zweidrittelmehrheit zu beanstanden.

Bis jetzt hatte nur eine Person welche in den Niedelanden lebt Erfolg, da sich die Auskunft an dem jeweiligen Datenschutzgesetzen orientiert. In den Niederlanden ist das Recht auf informelle Selbstbestimmung recht weitgehend, daher wurde ihm zugestanden zu wissen ob etwas gespeichert ist. Theoretisch sollte daher jeder/e sein Auskunftersuchen auf Niederländisch an die dortige Polizei schicken...

Webseite der Kontrollkomission

Anzahl Auskunftsanträge bei Europol

Zahlen: 2008 135 Auskunftsersuchen -- Kinder, das können wir verzehnfachen, oder?

Weiteres

Beteiligung am EU-Rahmenforschungsprogramm

Im Rahmen des 7. EU-Rahmenforschungsprogramms hat die EU 1.4 Milliarden Euro für "sicherheitsrelevante" Forschung reserviert. In diesem Rahmen ist Europol an verschiedenen Projekten beteiligt. (vgl Datenbanken EU)

EU-weite Verdeckte Ermittler im Rahmen von Europol

Nach Information des polizeikritischen Blog Euro Police war Europol über den Einsatz des Verdeckten Ermittler Marc Kennedy aus UK informiert und wusste auch den echten Namen Marc Stone. Nach Telepolis unterhält Europol zudem mit der "Cross-Border Surveillance Working Group" eine Arbeitsgruppe, um die Vermittlung und Honorierung von V-Leuten und Verdeckte Ermittler unter den EU-Mitgliedsstaaten zu vereinfachen. Polizeien der Mitgliedsstaaten, darunter das deutsche BKA und das Zollkriminalamt, koordinieren sich in einer "European Cooperation Group on Undercover Acitvities" (ECG). Vermutlich geschah der Spitzelaustausch in diesem Rahmen.

Kooperation mit FRONTEX

Europol kooperiert mit FRONTEX im Rahmen des Grenzschutzregimes.