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Rechtsgrundlagen

Auskunftssysteme der Polizei

Die Systeme werden in NRW vom "Landesamt für Zentrale Polizeitechnische Dienste" (LZPD) mit Sitz in Duisburg betreut.

POLAS

Früher betrieb NRW Eigenentwicklungen unter Namen wie CEBI oder PIKAS. Mittlerweile setzt auch NRW auf POLAS, vgl. Länderübergreifende Software. In NRW sind damit landesweit rund 26.000 Polizeirechner in über 450 Dienststellen miteinander verbunden.

ViVA

Das Vorgangsbearbeitungssystem ViVA (Verfahren zur integrierten Vorgangsbearbeitung und Auskunft) soll die IT-Verfahren POLAS NRW (ab 2/2017) und das Vorgangsbearbeitungssystem IGVP (ab 2018) ablösen und unter einer einheitlichen Oberfläche vereinen. ViVA ist in den Datenverbund INPOL eingebunden. ViVA soll das zentrale Werkzeug von etwa 46.000 Polizeibeschäftigten werden.

Aktueller Stand aus dem Landtag NRW Januar 2017

Sexualstraftäter-Datei

Wie üblich wird im Bereich sexualisierter Gewalt die nächste Repressionsstufe getestet: Eine Datei, die nach der Haftentlassung weiter munter Daten sammelt und verbreitet. Eine Pressemitteilung des NRW-Justizministeriums von 2010 erklärt, sie sei im Rahmen eines "Konzepts" names "KURS NRW" eingerichtet worden. Es gehe nicht "nicht um das konzeptionslose Sammeln von Daten, sondern darum, ein auf den die Allgemeinheit gefährdenden Sexualstraftäter zugeschnittenes softwaregestütztes Fallmanagement" bereitzustellen. Dies soll durch Zusammenführung von Daten von Staatsanwaltschaft, Justiz, Führungsaufsicht, Forensik und Polizei passieren, was inbesondere auch "Erkenntnisse und Prognosen aus dem Strafverfahren sowie dem Straf- bzw. Maßregelvollzug," sowie zu "Therapiebereitschaft und Therapieergebnisse" einschließe.

Wer Zugriff auf die Datenbank hat, ist unklar. Beschlossen ist aber, dass die Daten bei Umzügen der Gespeicherten an die "beteiligten Behörden" an den Zielorten fließen.

TODO: Kriegt man was über das Ding aus der NRW-Parlamentsdoku raus?

Staatsschutzdatei

Nach einem Erlass des NRW-Innenministerium vom 3.5.2004 zur Aufgabenbeschreibung des Staatsschutzes, führen die Staatsschutz-Abteilungen eigene Datensammlungen unter den Titeln "Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlungen Staatsschutz (KpS-ST)" und "Organisationsakten Staatsschutz (OA ST)" (Artikel 7). Datenschutzrechtliche Verantwortung und Auskunftspflicht sind unklar.

SKB-Datenbanken

Auch in NRW gibt es SKB-Datenbanken für "Szenekundige Beamte" mit Weisheiten zu Fußballfans. 2015 waren darin laut NRW-Landtagsdrucksache 16/10462 Daten von 6500 Personen gespeichert.

Wie früher in Baden-Württemberg (vgl. Baden-Württemberg#SKB-Datei), werden in NRW die SKB-Dateien auf der Ebene von Polizeipräsidien geführt, fröhlich ignorierend, dass der LfD BaWü 2010 ziemlich schockiert war über den Murks, der dort lief und durchgesetzt hat, dass sich künftig das LKA darum kümmert. Das hat insbesondere zur Folge, dass das LKA Daten aus den SKB-Dateien nicht beauskunftet. Auf der anderen Seite sind die Daten wohl auch nur den mit Fußballgeschichten betrauten (eben den "szenekundigen") Beamten zugänglich (in Hamburg allerdings gibts dann doch noch einen Haufen andere, u.a. dort auch der "Kriminaldauerdienst"; vgl. Datenbanken Hamburg#SKB-Datenbank.

NRW-Landtagsdrucksache 16/10462 führt zur Funktion der SKB-Dateien aus:

Die Erkenntnisse der sogenannten SKB-Datei dienen demgegenüber insbesondere den für die jeweilige Szene zuständigen szenenkundigen Beamtinnen und Beamten als Arbeitsdatei und speziell zur Vorbereitung und Durchführung verwaltungsgerichtsfester präventiv polizeilicher Maßnahmen, zur Verhinderung anlassbezogener Sicherheitsstörungen sowie der konsequenten Strafverfolgung.

-- was im Wesentlichen dem entspricht, was für angegeben wird SKB BaWü, eben das ganze Spektrum von Gefährderansprachen bis Stadionverboten.

2016 zeigte sich das das Innenministerium in NRW ganz von der autoritären Seite, weil es die Beauskunftung der Verfahrensverzeichnisse der SKB-Dateien (bzw. des Musterverfahrensverzeichnisses, nach dem die gestrickt sind) verweigerte, weil es „Rückschlüsse auf polizeiliche Techniken und Taktiken” zulasse Dokumentation bei fragdenstaat.de.

Ein schöner Artikel zu NRW-SKB erschien 2016 im CILIP-Blog.

Weiterleitung an Europol und SIS

Die Weiterleitung von Daten an ausländische Staaten ist in § 27 Polizeigesetz NRW geregelt. In diesem steht, dass das Innenministerium eine Verordnung zur genaueren Spezifizierung erläßt. Dieses Verordung heißt PolDÜV. Nach § 1 PolDÜV und § 3 PolDÜV leiten die Polizeibehörden Daten an das Schengener Informationssystem SIS mit Unterstützung von LKA und LPZD weiter. An Europol und Eurojust dürfen nur das LKA und das LPZD Daten weiterleiten.

Vorgangsbearbeitung

NRW setzt auf die bayrische IGVP-Entwicklung, vgl. Länderübergreifende Software. Betrieben wird das System ebenfalls vom LZPD.

Die offizielle Mitarbeiterzeitung der NRW-Polizei zu IGVP.

Im IGVP ist jede Person eine gewisse Zeit suchfähig gespeichert, von der einmal die Personalien aufgenommen wurden. Da das IGVP anscheinend auch zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung benutzt wird, widerspricht dieses vermutlich dem PolG NRW (Paragraph 24, Absatz 2).

Ein Papier der Deutschen Polizeigewerkschaft von 2009 beschreibt ein haarsträubendes Verfahren:

Ein in IGVP erstellter Vorgang wird nach Findus gespiegelt und dann in Findus die jeweilige Sofortmeldung gefertigt. Dabei bleiben Daten auf der Strecke, werden einfach nicht oder anders übernommen. Für den jeweiligen Bereich muss der Sachbearbeiter sehr kreativ sein, um eine lupenreine Sofortmeldung zu erzeugen.

Wenn diese Leute da etwas nicht völlig missverstanden haben, muss sich der LfDI natürlich die Frage gefallen lassen, wie er so etwas dulden kann -- es ist offensichtlich, dass eine automatische Übertragung von Daten aus einer Vorgangsverwaltung in ein "Recherchesystem" schon wegen der Zweckbindung nicht datenschutzkonform (oder auch nur sinnvoll) sein kann.

Im Oktober 2010 war das Programm laut WAZ auf Grund eines Updates nur begrenzt einsatzfähig. Auch auf Grund dessen soll IGVP in Zukunft durch Poliks ersetzt werden (vgl GdP PM).

Fallanalysesysteme

Findus

Eine Pressemitteilung des NRW-Innenministeriums von 2002 erwähnt ein "Recherchesystem" namens FINDUS zur Unterstützung operativen Fallanalyse:

  • Das moderne und komplexe Recherchesystem "FINDUS" war zuletzt bei der Rasterfahndung nach islamistischen Terroristen erfolgreich. Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen die elektronische Fahndung abgeschlossen. "Hessen beginnt in diesen Tagen erst mit der Rasterfahndung - ein Jahr nach den terroristischen Anschlägen in den USA", sagte Behrens. Im Alltag hat sich das System beim Aufspüren von Falldaten bisher bestens bewährt. Es ist in allen Kreispolizeibehörden und beim Landeskriminalamt im Einsatz.

rsCase

Seit 2007 wird zusätzlich zu Findus nach einer Pressemitteilung von rola aus dem Jahr 2007 noch rsCASE verwendet (vgl. Hersteller#rola).

Strategische Fahnung

Das PolG NRW sieht seit ca. 2018 die "Strategische Fahnung" vor; dabei handelt es sich um eine vorübergehende Aussetzung von Menschenrechten in einer begrenzten Region für (bis zu) 28 Tage, die der Polizei erlaubt, nach Gutdünken alle Menschen zu kontrollieren und (in gewissem Rahmen) zu filzen, um Gefahren abzuwehren.

In ihrem 25. TB (2020) berichtet die LfDI von einer Aktion dieser Art zur Abwehr von Einbrüchen. Die Polizei hat 5000 Personen und 2000 Fahrzeuge durchsucht. Ergebnis: Null (S. 82). Die LfDI:

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist das Ergebnis katastrophal: Die Daten tausender Personen sind polizeilich verarbeitet worden, ohne dass diese hierzu einen Anlass gegeben hätten.

Es soll 2019 44 solche Aktionen gegeben haben (aaO, S. 83).

Verfassungsschutz

Benutzt NADIS und behördeneigene Amtsdateien (vgl. § 10 VSG NRW; u.a. zur Mitwirkungs- und Nachberichtspflicht für Aufenthalts-, Luftverkehrs-, Hafensicherheits- sowie Atomgesetz), wie z.B. eine so genannte „Personen-Informations-Datei“.

Eine "elektronische Sachakte" wurde mit der 2006 verabschiedeten Änderung des § 8 VSG NRW eingeführt. Die Volltextsuche nach personenbezogenen Daten ist darin angeblich nur zu Auskunftszwecken zulässig.

Weiteres

Polizeigesetzänderung 2010

Nachdem sich der ehemalige Inneminister Wolf zu Beginn seiner Amtszeit durch die Online-Durchsuchung und somit bei der Aushebelung von Grundrechten hervor getan hat, hat er gegen Ende einer Amtszeit, vermutlich auf Druck seiner liberalen Parteifreunde, ein im Vergleich zu anderen Bundesländer relativ harmlose Polizeigesetzverschärfung verabschiedet (die SPD hatte es in einer PM als unzureichend zur Bekämpfung der neuen Formen der Kriminalität angesehen)

Legal-Tribune:Der Kampf um die innere Sicherheit geht weiter

Skandale

Rosa Liste

2005 hat "Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter" (Velspol) bekannt gemacht, dass in der Vorgangsverwaltung offenbar nach Homosexualität gesucht werden kann.

Indymedia Artikel: NRW: Polizeicode "901" für Homosexuelle

Rasterfahndung

Die LfD berichtet im 17. Tätigkeitsbericht, dass im Zuge der 9/11-Rasterfahndung aus 5 Millionen Datensätzen aus dem AZR, Meldeämtern und Hochschulen 11000 Datensätze herausgerastert wurden, die dann in zwei Schritten 2003 (9500 Datensätze) und 2004 vernichtet wurden. Dass die ganze Rasterfahndung rechtswidrig war, konnte damals natürlich noch niemand wissen. Das entsprechende Urteil kam erst 2006.

Big Brother Award für Fritz Behrens

Der ehemalige SPD-Innenminister bekam 2006 den Big Brother Award, weil er trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Videoüberwachung im Polizeigesetz durchgesetzt hat.

Illegale Weiterleitung an INPOL

Ebenfalls im 17. TB steht der Fall eines Ökos, der sich von einer Rheinbrücke abgeseilt hat und deshalb ein Verfahren wg. Verstoß gegen das Versammlungsgesetz eingefangen hat. Obwohl das Verfahren eingestellt wurde und der Vorgang aus den lokalen Staatsschutzakten verschwunden ist, blieb die INPOL-Speicherung (Verbunddatei APIS) aufgrund der Pflichtmeldung nach Wiesbaden erhalten. Diese Praxis ist so natürlich auch in anderen Ländern Usus, wurde hier aber von der LfDI erfolgreich gerügt (allerdings noch zu rot-grünen Zeiten).

Gesinnungstest NRW

Das Innenministerium hat einen verpflichtenden Fragebogen für AusländerInnen aus islamischen Ländern erstellt, welche eine Aufenthaltsverländerung beantragen. Darin wird gefragt, ob die Person Kontakt zu angeblich terroristischen Gruppierungen hätte.

Asta Uni-Münster über den Gesinnungstest

Datenschutzbeauftragte verlässt NRW

Bettina Sokol wechselt zum Landesrechnungshof in Bremen u.a. weil der damalige FDP-Innenminister Ingo Wolf nicht auf die Kritik an der personellen Unterbesetzung der Behörde reagiert hat.

foebud zu der Personalie

Ex-Innenminister Wolfs Onlinedurchsuchung

Gegen das neue Verfassungsschutzgesetz von Innenminister Wolf gab es eine erfolgreiche Verfassungsklage seines Parteifreundes Gerhard Baum u.a. wegen der Online-Durchsuchung.

Lotta nicht extremistisch

Im Verfassungsschutzbericht 2008 des Verfassungsschutz NRW tauchte auf einmal der Abschnitt diskursorientierte Linksextremisten auf. U.a. wurde da auch die antifaschistische Zeitung Lotta erwähnt. Die hat auf Grund dessen gegen die Erwähnung geklagt und Recht bekommen. Dem Verfassungsschutz NRW fiel nur ein, dass das Ansehen der Zeitung durch die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht bei den LeserInnen ja gesteigert würde. Der Verdacht liegt nahe, dass die Erwähnung nur auf Grund der Intention der schwarz/gelben Regierung geschah.

Unrast-Blog über Klage gegen LfV

Vertrauliche Gespräche werden nicht gelöscht

Ende Oktober 2009 wurde bekannt, dass beim LKA NRW Aufzeichnungen aus dem Kernbereich der privaten Lebensführung auf Grund von Personalmangel nicht gelöscht werden. Dieses Problem ist unter dem Vorzeichen "Löschung technisch nicht möglich" auch im Rahmen der Staatstrojaner-Affäre ans Licht gekommen.

taz-Artikel dazu

Innenminister propagiert Vorratsdatenspeicherung

Der Innenminister Ralf Jäger setzt sich trotz anders lautenden Vereinbarungen im Koalitionsvertrag im Juni 2011 massiv für die Vorratsdatenspeicherung ein und wird deswegen vom Koaltionbspartner kritisiert.

Ruhrbarone:NRW Grüne gegen anlasslose Vorratsdatenspeicherung

DNA-Abnahme von Opfern eines Naziangriffes

Im Sommer 2011 wurden Opfern eines Naziangriffes in Dortmund laut WAZ nach Anzeige des Vorfalles bei der Polizei DNA-Proben abgenommen. Der Grund soll gewesen sein, dass sie im Verdacht standen Anti-Nazi-Aufkleber verklebt zu haben. (Ob das mit richterlicher Genehmigung geschah oder ob die Betroffenen ihre Rechte nicht kannten, geht aus dem Artikel nicht hervor. Weiss jemand mehr ?)https://www.datenschmutz.de/moin/Datenbanken%20der%20Dienste

Weiterhin bizarres Auskunftsverhalten

Eine zeitlang hat das LKA versucht die Auskunftspflicht zu umgehen, indem es nur Auskunft über die selbst eingegebenen Daten gegeben hat. Dieses Verhalten schien das LKA anscheinend inzwischen abgeschaltet zu haben. (vgl auskunftsersuchen.info/category/lka-nordrhein-westfalen/) Nach einem Auskunftsersuchen eines Berliner Piraten, welcher lange in NRW gelebt hatte, scheint das LKA die Praxis fortzuführen. So bekam er von dort die Antwort, dass soweit personenbezogene Daten von Ihm bei einer anderen Polizeibehörde des Landes Nordrhein-Westfalen eventuell gespeichert seien, entziehe sich die Auskunft hierüber folglich deren Befugnis (siehe ennolenze.de/auskunftsersuchen/804/). Überraschenderweise bekam er dann noch einen Brief vom der Polizei Bochum, dass das LKA NRW hat sein Ersuchen zuständigkeitshalber an weitergeleitet hätte.