15845
Kommentar:
|
16307
|
Gelöschter Text ist auf diese Art markiert. | Hinzugefügter Text ist auf diese Art markiert. |
Zeile 1: | Zeile 1: |
[[TableOfContents]] | <<TableOfContents>> |
Zeile 3: | Zeile 3: |
= Überblick = | = Rechtslage = == Gesetze == |
Zeile 7: | Zeile 9: |
* Die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder * Die Polizei- und Verfassungsschutzgesetze der Länder * Das BKA-Gesetz und das Verfassungsschutzgesetz * Die Strafprozessordnung ([http://www.jwilhelm.de/stpofol1.pdf Ein paar halbwegs verständliche Worte dazu]) |
* [[http://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/index.html|Bundesdatenschutzgesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/bkag_1997/index.html|BKA-Gesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/index.html|Verfassungsschutzgesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/index.html|Strafprozessordnung]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/atdg/index.html|Antiterror Dateigesetz]] * [[http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/azrg/index.html|Ausländerzentralregistergesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/g10_2001/index.html|G10 Gesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/zfdg/index.html|Gesetz über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/awg/index.html|Außenwirtschaftsgesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/bgsg_1994/index.html|Bundepolizeigesetz]] * [[http://www.gesetze-im-internet.de/tk_v_2005/index.html|Telekommunikationsüberwachungsverordnung]] * [[Polizeigesetze|Polizeigesetze der Länder]] * [[http://europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/free_movement_of_persons_asylum_immigration/jl0040_de.htm|Rechtsakt-Übersicht auf EU-Ebene]] Dazu kommen im Einzelnen noch ein ganzer Schwung weiterer [[http://www.datenschutz.de/recht/gesetze/|Gesetze]]. |
Zeile 12: | Zeile 24: |
Dazu kommen im Einzelnen noch ein ganzer Schwung weiterer Gesetze. | Das Datenschutzrecht in der BRD ist noch nicht alt. Anfang der 70er Jahre führten erste Länder Datenschutzgesetze ein, doch so richtig los ging es eigentlich erst 1983 mit dem sog. "Volkszählungsurteil" des Bundesverfassungsgerichts, das im Groben feststellte, dass ein Staat, dessen Bürger``Innen nicht zu jederzeit wüssten, was wer über sie speichert, keine funktionierende Demokratie mehr sein kann, weil der/die Bürger``In keine Möglichkeit mehr hat, die Konsequenzen einer Handlung oder Äußerung zu übersehen und daher Handlungen und Äußerungen nach vorauseilenden Opportunitätskriterien organisieren wird. |
Zeile 14: | Zeile 26: |
Das Datenschutzrecht in der BRD ist noch nicht alt. Es begann eigentlich erst 1985 mit dem sog. "Volkszählungsurteil" des Bundesverfassungsgerichts, das im Groben feststellte, dass ein Staat, dessen Bürger``Innen nicht zu jederzeit wüssten, was wer über sie speichert, keine funktionierende Demokratie mehr sein kann, weil der/die Bürger``In keine Möglichkeit mehr hat, die Konsequenzen einer Handlung oder Äußerung zu übersehen und daher Handlungen und Äußerungen nach vorauseilenden Opportunitätskriterien organisieren wird. | == Das Volkszählungsurteil == |
Zeile 16: | Zeile 28: |
Die Datenschutzregelungen im Gefolge dieses bahnbrechenden Urteils dienten dann eigentlich nur noch dazu, die Realität (in der natürlich fast alle Panik haben, wegen Bibifax in fiesen Datenbanken zu landen) zu dieser Forderung hinzuschönen bzw. die vom Gericht zugelassene Einschränkung auf der Basis von Gesetzen zu bestimmen. Spätestens seit Kochs Wahlsieg in Hessen und der folgenden Panik der ersten rot-grünen Regierung beginnt dann die offene Missachtung der Grundsätze von 1985. | Das <<Doclink(1983-volkszaehlungsurteil.pdf,Volkzählungsurteil)>> definiert das '''Recht auf informationelle Selbstbestimmung''' ("Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen") (BVerfG 15.12.1983) als Grundrecht. Es darf, wie das mit Grundrechten mal so ist, auf Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden. |
Zeile 18: | Zeile 30: |
= Das Volkszählungsurteil = | Daraus ergeben sich die Grundsätze des Datenschutzes: |
Zeile 20: | Zeile 32: |
Das Volkzählungsurteil definiert das '''Recht auf informationelle Selbstbestimmung'' ("Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen") (BVerfG 15.12.1985) als Grundrecht. Es darf, wie das mit Grundrechten mal so ist, auf Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden. | Datensparsamkeit:: Daten dürfen nur dann erhoben und gespeichert werden, wenn es einen zwingenden Grund dafür gibt (jede Speicherung braucht einen definierten Zweck). In der Umkehr ist das das Erforderlichkeitsprinzip: Eine Datenverarbeitung ist nur dann rechtmäßig, wenn sie einen verhältnismäßigen Zweck ist. Zweckbindung:: der definiterte Zweck einer Speicherung kann sich nicht ändern. wenn der Speicherungsgrund wegfällt, muss gelöscht werden. Transparenz:: Sowohl die Speicherung als auch deren Zweck muss den Betroffenen bekannt sein, und sie müssen Einblick in die über sie gespeicherten Daten nehmen können. |
Zeile 22: | Zeile 36: |
Darauf ergibt sich u.a. das '''Finalitätsprinzip''': Zweckbindung von der Erhebung der Daten bis zu ihrer Löschung (auch "informationelle Gewaltenteilung", BVerfGE 65, 1, 46, da Daten, die für einen Zweck erhoben wurden, in der Regel nicht für einen anderen Zweck verwendet werden dürfen). |
Vgl. auch [[http://de.wikipedia.org/wiki/Volksz%C3%A4hlungsurteil|Deutscher Wikipedia-Artikel zum Volkszählungsurteil]] |
Zeile 25: | Zeile 38: |
= Bereichsspezifische Regelungen = | === Realitäten bei der Polizei === |
Zeile 27: | Zeile 40: |
Die erwähnten gesetzlichen Einschränkungen des Grundrechts -- sie regeln u.a. die Erhebung und Weiterverwendung personenbezogener Daten regeln -- gehen als "bereichsspezifische Regelungen" dem Bundesdatenschutzgesetz bzw. den Landesdatenschutzgesetzen der Bundesländer vor. Die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben liegt (nach wie vor weitgehend) in der Hoheitsgewalt der einzelnen Bundesländer, die Rechtslage variiert dementsprechend bisweilen beträchtlich. Datenbanken der Polizei, die personenbezogene Daten speichern, brauchen in der Regel eine '''Einrichtungsanordnung''' samt genauer Zweckbestimmung. Diese kommt wohl in Regel vom zuständigen Innenministerium. Eine parlamentarische Befassung findet nur dann statt, wenn die geltende Rechtslage die Einrichtung einer bestimmten Datenbank nicht hergibt; dies war etwa bei der ["DAD"] oder der [""Anti-Terror-Datenbank""] der Fall. Allerdings können Datenbanken offenbar auch über lange Zeit im "Probebetrieb" ohne Einrichtungsanordnung laufen (vgl. z.B. ["AFIS"]), ohne dass das für irgendwen ernsthaftere Konsequenzen hätte. In Baden-Württemberg und vermutlich auch anderen Ländern müssen öffentliche Stellen, die Daten per EDV verarbeiten, zusätzlich ein Verfahrensverzeichnis führen, in dem insbesondere festzulegen ist, über welche Personen denn Daten gespeichert werden dürfen. = Speicherfristen = Grundsätzlich legt das Finalitätsprinzip fest, dass Daten zu löschen sind, wenn der Grund ihrer Erhebung und Speicherung nicht mehr besteht. Nun ist das aus Sicht der Polizei und schon gar des Verfassungsschutzes (a) hinderlich und (b) auch schwierig, etwa, wenn eine Dienststelle nichts von der Einstellung eines Verfahrens mitbekommt. Deshalb sind grundsätzlich in allen Datenbanken "Aussonderungsprüfungsfristen" vorgesehen, nach denen ein Datensatz ''angesehen'' werden ''muss''. Er muss aber normalerweise nicht gelöscht werden, wenn ein Grund gefunden werden kann, warum der Zweck seiner Speicherung doch weiter besteht. In der Praxis sieht das typischerweise so aus, dass für eine Datenbank eine Prüffrist festgelegt wird, typischerweise fünf bis zehn Jahre, für Jugendliche und Kinder gern etwas weniger, dann und wann auch mal mehr -- etwa für "gewaltgeneigten Ausländerterrorismus" und "völkerrechtswidrige Bestrebungen" beim VS 15 Jahre. Das reflektiert die Verjährung bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. In üblichen Datenbanken wird nach dieser Frist reichlich bedingungslos gelöscht, im politischen Bereich kann davon allerdings nicht ausgegangen werden. Weiter laufen die Fristen normalerweise bei "Zuspeicherung" neu an. Was genau eine Zuspeicherung darstellt, obliegt natürlich einem weiten Ermessenspielraum -- Datenbanken sind normalerweise nicht so organisiert, dass es einen Eintrag "Friedrich Schmidt" gibt, bei dem alles steht, was er so angestellt hat, sondern in Tabellen. Dabei steht in einer Tabelle ("Personen") Friedrich Schmidt, in einer anderen ("Taten") was von illegalem Plakatieren, einer Sitzblockade und einer Demoteilnahme. Dass all diese Verbrechen gerade Friedrich Schmidt zur Last gelegt werden, geht aus einer weiteren Tabelle hervor, die Personen und Taten verbindet. Dass nun die Speicherfrist fürs Plakatieren neu anläuft, wenn Friedrich Schmidt in der Nähe eines AKWs wandernd aufgefunden wurde, ist eigentlich nicht klar, wird aber üblicherweise so gehandhabt. Die übliche Begründung dafür ist, dass all die mit Friedrich Schmidt zusammenhängenden Vergehen zur Prävention oder Aufklärung künftiger Straftaten hilfreich sein können (das ist der "Zweck", an den sie gebunden sind) und jede Zuspeicherung dokumentiert, dass dies auch weiter der Fall ist (hätte Schmidt nicht weiter Staatsfeindliches im Sinn, wäre er woanders spazieren gegangen). Auf der anderen Seite zeigt das Verhalten der Behörden bei Auskunftsersuchen, dass durchaus Unrechtsbewusstsein vorhanden ist, denn nicht selten scheint vor der Auskunft eine Aussonderungsprüfung mit positivem Ausgang zu stehen... |
Natürlich sind diese Dinge in der "Verfassungspraxis" nur fromme Wünsche, aber es ist doch tröstend, um die Verfassungswidrigkeit polizeilichen Handelns zu wissen. Beispiele aus der Gesetzgebung dazu: |
Zeile 57: | Zeile 43: |
= Auskunftsrecht = | * Das Erforderlichkeitsprinzip wird mit großer Kreativität vom 2008er Polizeigesetz in BaWü verhöhnt. Es sieht vor, dass die Polizei für zwei Jahre ''beliebige'' Daten speichern darf, also nicht mal mehr probieren muss, irgendwelche "Gefahrenprognosen" zusammenzustöpseln, aus denen der Zweck ([[Prävention]] oder Aufklärung d.h. Strafverfolgung) ableitbar wäre. Zwar kräht auch andernorts kein Hahn nach diesen Zwecken, aber dort stehts wenigstens nicht im Gesetz. * Die Zweckbindung wird zu einer Farce, wenn z.B. Ausschreibungen in [[SIS]] "wenn es die Staatssicherheit verlangt" in nationale Datenbanken übernommen werden. * Von Transparenz kann natürlich nicht mehr annähernd die Rede sein, wenn Bürger``Innen bei der [["Anti-Terror-Datenbank"]] rund 40 Behörden fragen müssen, um rauszukriegen, ob sie gespeichert sind, und etliche davon [[Geheimdienste]] sind, für die die Verfassung offenbar nur recht eingeschränkt gilt; der Bundesverfassungsschutz etwa schreibt sich eine Auskunftspflicht mehr als Gnadenakt in sein Gesetz. * Darüber hinaus dokumentieren rasche Blicke in Datenschutzberichte oder Pressemitteilungen der Innenministerien, dass selbst die schon verfassungswidrigen Gesetze von den Behörden häufig zuungunsten der Bevölkerung gebrochen werden. Immerhin lässt sich da dann aber manchmal noch was reparieren, wenn es rauskommt. * Ein makaberes Beispiel zur Zweckbindung und ihrer Verletzung aus Opportunitätsgründen hat der [[LfDI]] [[Sachsen]] in seinem <<Doclink(2009-LfDSachsen-Bericht14.pdf,14. TB (2009))>>, 5.9.3: Eine HIV-positive Blutspenderin begeht Selbstmord, in ihrem Notizbuch finden sich Namen von acht Männern, mit denen sie in den vergangenen drei Monaten Sex hatte. Die lokale Blutbank fragt die Polizei nach diesen acht Namen; der [[LfDI]] sagt, die Änderung des "Speicherzwecks" (in dem Fall dürften die Namen noch nicht mal in der [[Vorgangsverwaltung]] aufgetaucht sein, aber grundsätzlich ist sowas ein klassischer Fall von "sonstiger Person") sei ok, aber im vorliegenden Fall (Daten zu Gesundheit und Sexualität) nur mit Zustimmung der Betroffenen. |
Zeile 59: | Zeile 49: |
Ebenfalls auf das Volkszählungsurteil geht ein recht weitgehendes Auskunftsrecht der in den Datenbanken erfassten Personen zurück (in der am weitesten gültigen Fassung steht das heute in §19 Bundesdatenschutzgesetz). | |
Zeile 61: | Zeile 50: |
Dabei ist Betroffenen von der speichernden Stelle grundsätzlich unentgeldlich Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Daten, oft auch den Zweck der Speicherung, eventuelle Übermittlungen usf. Details regeln jeweils die Polizeigesetze der Länder. Eine gerade im politischen Bereich mit häufigen Spitzeleinsätzen ernsthafte Einschränkung des Auskunftsrechts ist, dass bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, bei Gefährdung von Ermittlungspersonal u.ä. die Auskunft unterbleiben darf. In solchen Fällen erfolgt eine Rechtsbehelfsbelehrung, und man sollte nicht zögern, mit solchen Nummern zum/zur zuständigen Datenschutzbeauftragten zu gehen, da eine solche Grundrechtsbeschränkung in jedem Fall ernst ist. |
== Errichtungsanordnungen und Verzeichnisse == |
Zeile 64: | Zeile 52: |
Zur Auskunft muss die Polizei die Identität des Anfragenden prüfen, was in der Regel durch eine beglaubigte Kopie des Personalausweises passiert. Weitergehende Anforderungen sind nicht statthaft (vgl. [http://www.lfd.m-v.de/taetberi/tb6/6_203.html 6. TB des LfD MV]). | [[Datenbanken]], die personenbezogene Daten speichern, brauchen in der Regel eine Errichtungsanordnung (auch Verfahrensverzeichnisse genannt) mit der genauen Zweckbestimmung. Errichtungsordnungen regeln u.a. die Erhebung und Weiterverwendung personenbezogener Daten. Diese wird normalerweise von der Behörde selbst unter Ausschluss der Öffentlichkeit verfasst und durch den [[BfDI]] oder [[LfDI]] abgesegnet. Die Errichtungsanordnungen sind allerdings teilweise durch [[IFG]] (Informationsfreiheitsgesetz) Anfragen einzusehen. Allerdings ist dieses bei den Amtsdateien der [[Datenbanken der Dienste|Geheimdienste]] und einigen Dateien des [[BKA]]s und in einigen Polizei-[[Datenbanken]] der Länder (wie z.B in BaWü und [[Bayern]] mit ihren Spezialdatenbanken) nicht möglich. Diese sind nur von MitgliederInnen des [[PKGr]] oder des Innenausschuss einsehbar. |
Zeile 66: | Zeile 54: |
Leider hängt die Auskunftspflicht stark davon ab, welche Behörde in welchem Bundesland die Datei führt (wobei nicht immer klar ist, wann verfassungsmäßige Grenzen überschritten werden). Besonders krass ist in diesem Zusammenhang (wenig überraschend) Bayern, wo der Verfassungsschutz das Recht auf Auskunftserteilung gänzlich negiert und nur ein paar Ausnahmetatbestände aufzählt, und im Polizeigesetz kurzerhand erklärt wird: "Art. 8 Abs. 1 , Art. 10 bis 13 , 15 Abs. 5 bis 8 , Art. 16 bis 22 und 26 bis 28 des Bayerischen Datenschutzgesetzes finden keine Anwendung." (Art. 49 im 3. Unterabschnitt) -- diese Artikel sind genau die, die überhaupt Anwendung finden könnten. Frech? Ja. |
=== Rechtsgrundlagen === |
Zeile 69: | Zeile 56: |
Einer Auskunftspflicht gegenüber den Betroffenen hat auch der Verfassungsschutz nach zu kommen (§ 15 Bundesverfassungsschutzgesetz). Der Antragsteller hat jedoch auf einen konkreten Sachverhalt und eine besonderes Interessen an der Auskunft nachzuweisen. Auch hier kann die Auskunftserteilung jedoch aus diversen Gründen ohne Benennung der Gründe unterbleiben. Der Betroffene ist jedoch darauf hinzuweisen, dass er sich an den Bundesbeauftragten für Datenschutz wenden kann. Diesem wiederum ist auf ein Ersuchen hin Auskunft zu erteilen. | * [[http://bundesrecht.juris.de/stpo/__490.html| § 490 StPO ]] (html) * [[http://bundesrecht.juris.de/bdsg_1990/__10.html| § 9 BDSG]] (html) * [[http://bundesrecht.juris.de/bkag_1997/__34.html| § 34 BKA Gesetz]] (html) * [[http://bundesrecht.juris.de/bkadv/BJNR071610010.html| BKA Datenverordnung ]] (html) |
Zeile 71: | Zeile 61: |
Ähnliche Regelungen beinhaltet auch §15 des Landesverfassungsschutzgeseztes des Landes Baden-Württemberg und analoge Regelungen vieler anderer Länder: Pflicht zur unentgeldlichen Auskunftserteilung über gespeicherte Daten, die im Normalfall ohne Nennung der Gründe unterbleibt. | === Beispiele von Errichtungsanordnungen === |
Zeile 73: | Zeile 63: |
Es muss wohl nicht eigens betont werden, dass gerade in einem praktisch nicht kontrollierten Bereich wie den Geheimdiensten so etwas der Intention des Verfassungsgerichts beim Volkszählungsurteil ins Gesicht fliegt, zumal z.B. Brandenburg vormacht, dass keineswegs der Russe kommt, wenn man hier etwas verfassungsgemäßer vorgeht. Nach Lage der Dinge raten wir jedenfalls in der Regel von Auskunftsersuchen bei den Geheimdiensten ab. Der Deal, nach dem man zunächst selbst Information preiszugeben hat, um häufig banale und unvollständige Infos vom Verfassungsschutz zu bekommen und dann nicht viel gegen die Frechheit tun zu können, dieser Deal ist ein Mist. | * [[https://www.datenschmutz.de/li/docs/IgaSt.pdf|Errichtunganordnung Igast]] Internationale gewaltbereite Störer (Teildatenbank von [[INPOL]]) * [[http://www.datenschmutz.de/li/docs/FIT_anordnung.pdf|Errichtungsanordnung FIT]] Fundstellennachweis islamischer Terrorismus (Teildatenbank von [[INPOL]] ) |
Zeile 75: | Zeile 66: |
Wer möchte, könnte die Frage, ob der VS sowas darf, mal bis zu Verfassungsgericht durchklagen. Wir betreuen und teilfinanzieren das gern, Kontakt über die Adresse unten. | Weiter Links zu Teildatenbanken von [[INPOL]] (mit Errichtungsanordnungen) finden sich auf der Seite [[Datenbanken BKA]]. |
Zeile 77: | Zeile 68: |
= Daten aus eingestellten Ermittlungsverfahren = | === Merkwürdigkeiten === |
Zeile 79: | Zeile 70: |
Vor allem im politischen Bereich, in dem der Einsatz von oft hanebüchenen Ermittlungsverfahren nicht selten als informelles und außergesetzliches Bestrafungsinstrument der Polizei eingesetzt wird, ist die Einstellung von Verfahren Regel und nicht Ausnahme. | * Wenn es keine Verfahrensverzeichnis gibt, ist nur das Datenschutzgesetz verletzt, was nach Ansicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (11 UE 2982/02, 16.12.2004) aber nicht schadet, wenn irgendwann mal ein Waschzettel nachgereicht wird. * Eine parlamentarische Befassung findet nur dann statt, wenn die geltende Rechtslage die Einrichtung einer bestimmten Datenbank nicht hergibt; dies war etwa bei der [[DAD]] (DNA-Auskunftsdate) oder der [["Anti-Terror-Datenbank"]] der Fall. * Dazu laufen Datenbanken gerne auch über lange Zeit im "Probebetrieb" ohne Errichtungsanordnung (vgl. z.B. [[AFIS]], Automatisierte Fingerabdruck-Indentifizierungssytem) * Das BKA-Gesetz sieht vor, dass das Innenministerium (ggf. im [[Benehmen]] mit dem Bundesrat) die Natur der zu speichernden Daten per Rechtsverordnung (die veröffentlicht wird) genau spezifizieren muss. Unter Hinweis auf diese Regelung hat etwa das (typischerweise recht progressive) VG Hannover (10 A 2412/07) 2008 geurteilt, die Datei "Gewalttäter Sport" (analog wohl die übrigen Gewalttäter-Dateien) werde rechtswidrig betrieben. Leider stehen dem Urteile etwa des VG Mainz (1 K 363/08.MZ) ebenfalls von 2008 entgegen, die finden, die Rechtsverordnung sei "deklaratorisch" und nicht "konstitutiv" (also: Es braucht sie nur, damit was gesagt ist). == Speicherfristen == Grundsätzlich legt das Finalitätsprinzip des Volkszähkungsurteils fest, dass Daten zu löschen sind, wenn der Grund ihrer Erhebung und Speicherung nicht mehr besteht; dazu kommt eine Analogie zur Verjährung, die ihrerseits auf Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes zurückgeführt wird -- im Groben muss jedeR eine zweite, dritte, vierte und fünfte Chance bekommen, weil er/sie ein Mensch ist. Deswegen gibt es in allen Datenbanken "Aussonderungsprüfungsfristen" vorgesehen, nach denen ein Datensatz ''angesehen'' werden ''muss''. Er muss aber normalerweise nicht gelöscht werden, wenn ein Grund gefunden werden kann, warum der Zweck seiner Speicherung doch weiter besteht. === Speicherfristen bei der Polizei === ==== Speicherfristen oder Prüffristen bei Straftaten (Nachweisakten) ==== In der Praxis sieht das typischerweise so aus, dass für eine polizeiliche Datenbanken wie [[INPOL]] oder [[POLAS]] auf [[Datenbanken auf Länderebene|Länderebene]] eine Prüffrist festgelegt wird, welche typischerweise fünf bis zehn Jahre beträgt. Im BKA-Gesetz ist für die Löschung und Sperrung von Daten [[http://www.gesetze-im-internet.de/bkag_1997/__32.html|§32 BKA Gesetz]] zuständig. Danach sind für Erwachsene 10 Jahre Speicherdauer und 5 Jahre Speicherdauer bei Jugendlichen vorgesehen. ===== Verlängerung der Speicherfristen bei Zuspeicherung ===== Weiter laufen die Speicherfristen normalerweise bei "Zuspeicherung" (d.h. neuen Einträgen bei anderen Verfahren) neu an (das wurde dann und wann auch von Gerichten kritisiert, aber nie endgültig verurteilt). Was genau eine Zuspeicherung darstellt, obliegt natürlich einem weiten Ermessenspielraum. Dass nun die Speicherfrist fürs Plakatieren neu anläuft, wenn Friedrich Schmidt in der Nähe eines AKWs wandernd aufgefunden wurde, ist eigentlich nicht klar, wird aber üblicherweise so gehandhabt. Die übliche Begründung dafür ist, dass all die mit Friedrich Schmidt zusammenhängenden Vergehen zur [[Prävention]] oder Aufklärung künftiger Straftaten hilfreich sein können (das ist ja der "Zweck", an den sie gebunden sind) und jede Zuspeicherung dokumentiert, dass dies auch weiter der Fall ist (hätte Schmidt nicht weiter Staatsfeindliches im Sinn, wäre er woanders spazieren gegangen). ===== Speicherungen wegen der PKS in Nachweisakten ===== Besonders kitzlig ist die Frage bei den PKS (Polizeiliche Kriminalitäts Statistik) Speicherungen , die im 29. Teilbericht des [[LfDI]] BaWü diskutiert weren. Diese Speicherungen dienen zur polizeilichen Kriminalstatistik, werden aber trotzdem im Auskunftssystem [[POLAS]] geführt. Wer sowas macht, schreckt fast sicher nicht davor zurück, Speicherfristen zurückzusetzen (und diese PKS-Fälle können sein das "Staatsanwaltschaft gesagt, irgendwas sei nicht strafbar gewesen"). <<Doclink(2008-LfDBaWue-Bericht29.pdf,29. TB LfD BaWü)>>, 2.1/2.2.3, ==== Speicherfristen für die Vorgangsverwaltung der Polizei ==== [[Länderübergreifende Software#Vorgangsverwaltungen|Vorgangsverwaltungen]] speichern alles was beim Polizeialltag so passiert, d.h. auch Ordungswidrigkeiten oder die Anmeldung eines Infotisches. Dafür gibt es in der Regel (d.h.je nach Bundes oder Länderregelung) eine Speicherfrist von 1-5 jahren. Danach sollten die Daten in gelöscht werden. Nur bei einer Neueröffnung eines alten Vorganges können die Daten länger gespeichert werden (siehe [[http://www.datenschutz-bayern.de/tbs/tb21/k7.html#7.2|Datenschutzbericht 21 von Bayern]] ). ==== Daten aus eingestellten Ermittlungsverfahren bei der Polizei ==== Im Prinzip sollen Daten, die nach [[http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__170.html|§170 (2) StPO]] eingestellt wurden, gelöscht werden. Da nach §170 (2) die Staatsanwaltschaft vor einer Klageerhebung vor Gericht abgesehen hat. Bei [[http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__153.html|§153 StPO]] ist das schon schwieriger, denn dort wurden die Verfahren erst vor dem Gericht eingestellt. '''Vgl''' [[Eingestellte Verfahren]] === Speicherfristen bei der Staatsanwaltschaft === In Strafverfahren, die mit einem Urteil (ohne Freispruch) enden, erfolgt die Löschung aus dem [[ZStV]] bei gleichzeitiger sofortiger Eintragung der Urteilsdaten in das [[Bundeszentralregister]]. Wird der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, sind sie Daten nach zwei Jahren zu löschen. Wird in dieser Zeit jedoch ein weiteres Verfahren eröffnet, bleiben die alten Daten bis zur Löschung auch der neueren erhalten ([[http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__493.html|§ 493 StPO]]). === Speicherfristen beim VS === In der Regel sollen die Daten 5 Jahre (Sicherheitsüberprüfung), 10 Jahre (Bestrebungen gegen die FDGO) oder 15 Jahre (bei Agententätigkeit für ein anderes Land oder gegen die Völkerverständigung) nach [[http://www.gesetze-im-internet.de/bverfschg/__12.html|§12 Bundesverfassungsschutzgesetz]] nach dem letzten Eintrag gelöscht werden. D.h. nach den 5, 10 oder 15 Jahren wird der [[Datenbanken der Dienste/NADIS|NADIS]]-Eintrag gelöscht, die korrespondierenden Sachakten werden in der Regel nicht vernichtet (denn da stehen noch andere Personen drin). Sogar die korrespondierenden Personenakten werden nur als Sachakten umbenannt, falls dort noch andere Personen erwähnt werden (zumindestens nach dem [[http://www.deutschesfachbuch.de/info/detail.php?isbn=3415037738|Handbuch des Verfassungsschutzrechts]] geschrieben von einer ehemaligen leitenden Mitarbeiterin des [[Datenbanken der Dienste|BfV]]). == Auskunftsrecht == Im Prinzip hat jeder nach [[http://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/__19.html|§19 BDSG]] oder ähnlich lautenden Gesetzen der Länder das Recht auf Auskunft über die über seine Person gespeicherten Daten. Dieses Recht wird allerdings durch Ausnahmeregeln bei den Sicherheitsbehörden eingeschränkt (Innere Sicherheit, Rechte Dritter ..). '''Vgl''' [[RechtsLage/Auskunftsrecht|Auskunftsrecht]]. == Datensammeln == Die Strafprozessordnung, die Polizeigesetze, die Außenwirtschafts- und Zollgesetze, die Geheimdienstgesetze und das Gesetz zu Artikel 10 GG bieten eine Vielzahl von Gesetzenvorschriften zum [[/Datensammeln]], aufgrund derer Sicherheitsbehörden und Geheimdienste nicht nur Täter, sondern auch Personen, die vermeintlich dem Täterumkreis zugeordnet werden, (auch [[Prävention|präventiv]]) überwacht werden können. Die Überwachung geschieht dabei mit technischen Hilfsmitteln (siehe [[Überwachungstechnik]] ) oder klassisch durch [[Observation]], [[Verdeckte Ermittler]] und [[V-Leute]]. Ganz besonders viele Rechte haben die Repressionsbehörden bei angeblichem Terrorismus, d.h. [[129a Verfahren]]. |
Zeile 81: | Zeile 131: |
Nach der Einstellung eines Ermittlungs- oder Gerichtsverfahrens ''muss'' die Polizei ''anhand des Urteils'' prüfen, ob ein Tatvorwurf zu löschen ist und darf nur weiterspeichern, wenn ein "Verdacht übrig bleibt" und/oder tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass der/die Betroffene künftig eine Straftat begehen wird. Die Polizei geht dabei in der Regel viel zu restriktiv vor und speichert mehr als sie dürfte. Ein Fall dieser Art ist im [http://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/lfd/tb/2005/tb-2.htm 2005er-Bericht des LfD Ba-Wü] unter 4.2 beschrieben. Grundsätzlich gilt: Eine Einstellung wegen mangelnden Tatverdachts legt ''sehr'' nahe, dass gelöscht werden muss. = Allgemeine gesetzliche Grundlagen = == Europäisches Recht == === Europäisches Datenschutzrecht === http://www.lfd.nrw.de/fachbereich/fach_3_0.html#europ%E4isches === Eurpäische "Justiz" / Staatasanwaltschaft === == Bundesgesetze == *[^http://www.gesetze-im-internet.de Alle Bundesgestzte sind hier zu finden] * [^http://www.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/835/bundesdatenschutzgesetz_2003.pdf Bundesdatenschutzgesetz]; [http://www.bfd.bund.de/information/BDSG_syn.pdf Synopse der 2001er Änderungen zum Umsetzung der EU-Richtline] *[^http://www.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/835/tdg_neu.pdf Teledienstegesetz] *[^http://www.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/835/tddsg_neu.pdf Teledienstedatenschutzgesetz] *[^http://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/ Telekommunikationsgesetz] *[^http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl102s3317.pdf Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV)] *[^http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bverfschg/ Bundesverfassungsschutzgesetz] * [^http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bzrg/Bundeszentralregistergesetz] * [^http://www.bnd.bund.de/cln_028/nn_373286/SharedDocs/Publikationen/DE/Downloads/Dateien/bnd__gesetz,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/bnd_gesetzBND-Gesetz] *[^http://www.verfassungsschutz-mv.de/download/MADG.pdf MAD-Gesetz] *[^http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bkag_1997/ BKA-Gesetz] *[^http://www.bka.de/profil/bka_gesetz.pdf BKA-Gesetz] *[^http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bgsg_1994/ Bundesgrenzschutzgesetz] *[^http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stpo/ Strafprozeßordnung] *[^http://www.datenschutz-berlin.de/recht/de/rv/tk_med/fuev.htm Fernmeldeüberwachungsverordnung (FÜV)] wurde von TKÜV abgelöst *[^http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl102003s0361.pdf Terrorismusbekämpfungsgesetz] *[^http://www.verfassungsschutz-mv.de/download/PkgrG.pdf Kontrollgremiumsgesetz-PKGrG] *[^http://kai.iks-jena.de/law/iukdg.html Teledienstegesetz - TDG] *[^http://kai.iks-jena.de/law/awg.html Aussenwirtschaftsgesetz (AWG) § 39-41] *[^http://kai.iks-jena.de/misc/filterpilot4.html#mdstv Mediendienstestaatsvertrag] *[^http://kai.iks-jena.de/law/appell.html Grosser Lauschangriff (Artikel 13 GG)] *[^http://kai.iks-jena.de/law/vbkg.html Verbrechensbekämpfungsgesetz] *[^http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/g10_2001/ Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- undFernmeldegeheimnisses (G-10 Gesetz)] *[^http://www.lrz-muenchen.de/~rgerling/gesetze/ZFdG.html Zollfahndungsdienstgesetz] *[^http://www.bundesrecht.juris.de/bundesrecht/owig_1968/ Gesetz über Ordnungswidrigkeiten] *[^http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/index.html Strafgesetzbuch (StGB)] *[^http://www.rechtliches.de/info_Informationsfreiheitsgesetz.html Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes - Informationsfreitsgesetz (IFG)] *[^http://www.iukdg.de/Telemediengesetz_Entwurf.pdf Entwurf Telemediengesetz von Bundeswirtschaftsministerium] *[^http://www.telemediengesetz.de.vu/ Neues Telemedienrecht Forderungen aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer ] == Landesgesetze == Vgl. die Seiten zu den einzelnen Ländern. == detailliertere Betrachtungen == [^http://kai.iks-jena.de/law/ Die rechtlichen Waffen des Überwachungsstaates] *[^http://kai.iks-jena.de/law/tkuev.html Die Telekommunikations-Überwachungsverordnung und Technische Richtlinie (Internet) (TKÜV-E/TKÜV-TR)] * Der BfD zur [http://www.bfd.bund.de/information/tb9900/kap11/11_03.html Zulässigkeit der Speicherung verdachtsunabhängiger Daten im KAN] -- im Gegensatz zu Spudok? * Übersicht über die [http://www.uni-mainz.de/~pommeren/DSVorlesung01/Grundprobleme/Gesetze.html Datenschutzgesetze] = KPMD = Die "Richtlinien für den kriminalpolizeilichen Meldedienst" sind wohl eine Art Durchführungsverordnung zur Datenerhebung und legen fest, wann was gemeldet (und damit potenziell in EDV-Anlagen gespeichert) werden muss. Vor allem im politischen Bereich interessant sind die Richtlinien für den kriminalpolizeilichen Meldedienst in Staatsschutzsachen (KPMD-S) -- hat wer eine Quelle dafür? Unklar ist uns, ob die KPMD-S mittlerweile durch die neue KPMD-PMK von 2001 abgelöst sind. In diesen steht jedenfalls, dass Straftaten, die in Würdigung der Umstände, der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür geben, dass sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten, meldepflichtig seien. [http://www.bmi.bund.de/cln_007/nn_122778/sid_0319BC9F7BAD1ADD3C02B90CA7B06618/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/2004/05/Schily__Politisch__motivierte__Id__94880__de.html] ---- CategoryCategory |
== Weitere Links == * [[http://hp.kairaven.de/law/index.html| ravenhorst Webseite]] -- mit einer Zusammenstellung der Gesetze zur Datenerhebung * [[http://www.datenschutz.de/recht/gesetze/| Webseite der Datenaschutzbeauftragten]] -- mit einer Linksammlung aller irgendwie relevanten Gesetze * [[http://www.daten-speicherung.de/index.php/ueberwachungsgesetze/| Webseite daten-speicherung ]] -- mit allen Überwachungsgesetzen und dem Abstimmungsverhalten der Parteien * [[http://www.jwilhelm.de/stpofol1.pdf|Ein paar halbwegs verständliche Worte zum Datenspeicherungsrecht nach der StPO]] -- vor allem §483ff (Speicherung), §487f (Übermittlung) und §489 (Löschung, Berichtigung, Sperrung), §491 (Auskunft). |
Inhaltsverzeichnis
Rechtslage
Gesetze
Für das Datenbank(un)wesen der "Sicherheits"organe sind in erster Linie einschlägig:
Dazu kommen im Einzelnen noch ein ganzer Schwung weiterer Gesetze.
Das Datenschutzrecht in der BRD ist noch nicht alt. Anfang der 70er Jahre führten erste Länder Datenschutzgesetze ein, doch so richtig los ging es eigentlich erst 1983 mit dem sog. "Volkszählungsurteil" des Bundesverfassungsgerichts, das im Groben feststellte, dass ein Staat, dessen BürgerInnen nicht zu jederzeit wüssten, was wer über sie speichert, keine funktionierende Demokratie mehr sein kann, weil der/die BürgerIn keine Möglichkeit mehr hat, die Konsequenzen einer Handlung oder Äußerung zu übersehen und daher Handlungen und Äußerungen nach vorauseilenden Opportunitätskriterien organisieren wird.
Das Volkszählungsurteil
Das Volkzählungsurteil definiert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ("Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen") (BVerfG 15.12.1983) als Grundrecht. Es darf, wie das mit Grundrechten mal so ist, auf Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden.
Daraus ergeben sich die Grundsätze des Datenschutzes:
- Datensparsamkeit
- Daten dürfen nur dann erhoben und gespeichert werden, wenn es einen zwingenden Grund dafür gibt (jede Speicherung braucht einen definierten Zweck). In der Umkehr ist das das Erforderlichkeitsprinzip: Eine Datenverarbeitung ist nur dann rechtmäßig, wenn sie einen verhältnismäßigen Zweck ist.
- Zweckbindung
- der definiterte Zweck einer Speicherung kann sich nicht ändern. wenn der Speicherungsgrund wegfällt, muss gelöscht werden.
- Transparenz
- Sowohl die Speicherung als auch deren Zweck muss den Betroffenen bekannt sein, und sie müssen Einblick in die über sie gespeicherten Daten nehmen können.
Vgl. auch Deutscher Wikipedia-Artikel zum Volkszählungsurteil
Realitäten bei der Polizei
Natürlich sind diese Dinge in der "Verfassungspraxis" nur fromme Wünsche, aber es ist doch tröstend, um die Verfassungswidrigkeit polizeilichen Handelns zu wissen. Beispiele aus der Gesetzgebung dazu:
Das Erforderlichkeitsprinzip wird mit großer Kreativität vom 2008er Polizeigesetz in BaWü verhöhnt. Es sieht vor, dass die Polizei für zwei Jahre beliebige Daten speichern darf, also nicht mal mehr probieren muss, irgendwelche "Gefahrenprognosen" zusammenzustöpseln, aus denen der Zweck (Prävention oder Aufklärung d.h. Strafverfolgung) ableitbar wäre. Zwar kräht auch andernorts kein Hahn nach diesen Zwecken, aber dort stehts wenigstens nicht im Gesetz.
Die Zweckbindung wird zu einer Farce, wenn z.B. Ausschreibungen in SIS "wenn es die Staatssicherheit verlangt" in nationale Datenbanken übernommen werden.
Von Transparenz kann natürlich nicht mehr annähernd die Rede sein, wenn BürgerInnen bei der "Anti-Terror-Datenbank" rund 40 Behörden fragen müssen, um rauszukriegen, ob sie gespeichert sind, und etliche davon Geheimdienste sind, für die die Verfassung offenbar nur recht eingeschränkt gilt; der Bundesverfassungsschutz etwa schreibt sich eine Auskunftspflicht mehr als Gnadenakt in sein Gesetz.
- Darüber hinaus dokumentieren rasche Blicke in Datenschutzberichte oder Pressemitteilungen der Innenministerien, dass selbst die schon verfassungswidrigen Gesetze von den Behörden häufig zuungunsten der Bevölkerung gebrochen werden. Immerhin lässt sich da dann aber manchmal noch was reparieren, wenn es rauskommt.
Ein makaberes Beispiel zur Zweckbindung und ihrer Verletzung aus Opportunitätsgründen hat der LfDI Sachsen in seinem 14. TB (2009), 5.9.3: Eine HIV-positive Blutspenderin begeht Selbstmord, in ihrem Notizbuch finden sich Namen von acht Männern, mit denen sie in den vergangenen drei Monaten Sex hatte. Die lokale Blutbank fragt die Polizei nach diesen acht Namen; der LfDI sagt, die Änderung des "Speicherzwecks" (in dem Fall dürften die Namen noch nicht mal in der Vorgangsverwaltung aufgetaucht sein, aber grundsätzlich ist sowas ein klassischer Fall von "sonstiger Person") sei ok, aber im vorliegenden Fall (Daten zu Gesundheit und Sexualität) nur mit Zustimmung der Betroffenen.
Errichtungsanordnungen und Verzeichnisse
Datenbanken, die personenbezogene Daten speichern, brauchen in der Regel eine Errichtungsanordnung (auch Verfahrensverzeichnisse genannt) mit der genauen Zweckbestimmung. Errichtungsordnungen regeln u.a. die Erhebung und Weiterverwendung personenbezogener Daten. Diese wird normalerweise von der Behörde selbst unter Ausschluss der Öffentlichkeit verfasst und durch den BfDI oder LfDI abgesegnet. Die Errichtungsanordnungen sind allerdings teilweise durch IFG (Informationsfreiheitsgesetz) Anfragen einzusehen. Allerdings ist dieses bei den Amtsdateien der Geheimdienste und einigen Dateien des BKAs und in einigen Polizei-Datenbanken der Länder (wie z.B in BaWü und Bayern mit ihren Spezialdatenbanken) nicht möglich. Diese sind nur von MitgliederInnen des PKGr oder des Innenausschuss einsehbar.
Rechtsgrundlagen
§ 490 StPO (html)
§ 9 BDSG (html)
§ 34 BKA Gesetz (html)
BKA Datenverordnung (html)
Beispiele von Errichtungsanordnungen
Errichtunganordnung Igast Internationale gewaltbereite Störer (Teildatenbank von INPOL)
Errichtungsanordnung FIT Fundstellennachweis islamischer Terrorismus (Teildatenbank von INPOL )
Weiter Links zu Teildatenbanken von INPOL (mit Errichtungsanordnungen) finden sich auf der Seite Datenbanken BKA.
Merkwürdigkeiten
- Wenn es keine Verfahrensverzeichnis gibt, ist nur das Datenschutzgesetz verletzt, was nach Ansicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (11 UE 2982/02, 16.12.2004) aber nicht schadet, wenn irgendwann mal ein Waschzettel nachgereicht wird.
Eine parlamentarische Befassung findet nur dann statt, wenn die geltende Rechtslage die Einrichtung einer bestimmten Datenbank nicht hergibt; dies war etwa bei der DAD (DNA-Auskunftsdate) oder der "Anti-Terror-Datenbank" der Fall.
Dazu laufen Datenbanken gerne auch über lange Zeit im "Probebetrieb" ohne Errichtungsanordnung (vgl. z.B. AFIS, Automatisierte Fingerabdruck-Indentifizierungssytem)
Das BKA-Gesetz sieht vor, dass das Innenministerium (ggf. im Benehmen mit dem Bundesrat) die Natur der zu speichernden Daten per Rechtsverordnung (die veröffentlicht wird) genau spezifizieren muss. Unter Hinweis auf diese Regelung hat etwa das (typischerweise recht progressive) VG Hannover (10 A 2412/07) 2008 geurteilt, die Datei "Gewalttäter Sport" (analog wohl die übrigen Gewalttäter-Dateien) werde rechtswidrig betrieben. Leider stehen dem Urteile etwa des VG Mainz (1 K 363/08.MZ) ebenfalls von 2008 entgegen, die finden, die Rechtsverordnung sei "deklaratorisch" und nicht "konstitutiv" (also: Es braucht sie nur, damit was gesagt ist).
Speicherfristen
Grundsätzlich legt das Finalitätsprinzip des Volkszähkungsurteils fest, dass Daten zu löschen sind, wenn der Grund ihrer Erhebung und Speicherung nicht mehr besteht; dazu kommt eine Analogie zur Verjährung, die ihrerseits auf Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes zurückgeführt wird -- im Groben muss jedeR eine zweite, dritte, vierte und fünfte Chance bekommen, weil er/sie ein Mensch ist. Deswegen gibt es in allen Datenbanken "Aussonderungsprüfungsfristen" vorgesehen, nach denen ein Datensatz angesehen werden muss. Er muss aber normalerweise nicht gelöscht werden, wenn ein Grund gefunden werden kann, warum der Zweck seiner Speicherung doch weiter besteht.
Speicherfristen bei der Polizei
Speicherfristen oder Prüffristen bei Straftaten (Nachweisakten)
In der Praxis sieht das typischerweise so aus, dass für eine polizeiliche Datenbanken wie INPOL oder POLAS auf Länderebene eine Prüffrist festgelegt wird, welche typischerweise fünf bis zehn Jahre beträgt. Im BKA-Gesetz ist für die Löschung und Sperrung von Daten §32 BKA Gesetz zuständig. Danach sind für Erwachsene 10 Jahre Speicherdauer und 5 Jahre Speicherdauer bei Jugendlichen vorgesehen.
Verlängerung der Speicherfristen bei Zuspeicherung
Weiter laufen die Speicherfristen normalerweise bei "Zuspeicherung" (d.h. neuen Einträgen bei anderen Verfahren) neu an (das wurde dann und wann auch von Gerichten kritisiert, aber nie endgültig verurteilt).
Was genau eine Zuspeicherung darstellt, obliegt natürlich einem weiten Ermessenspielraum. Dass nun die Speicherfrist fürs Plakatieren neu anläuft, wenn Friedrich Schmidt in der Nähe eines AKWs wandernd aufgefunden wurde, ist eigentlich nicht klar, wird aber üblicherweise so gehandhabt.
Die übliche Begründung dafür ist, dass all die mit Friedrich Schmidt zusammenhängenden Vergehen zur Prävention oder Aufklärung künftiger Straftaten hilfreich sein können (das ist ja der "Zweck", an den sie gebunden sind) und jede Zuspeicherung dokumentiert, dass dies auch weiter der Fall ist (hätte Schmidt nicht weiter Staatsfeindliches im Sinn, wäre er woanders spazieren gegangen).
Speicherungen wegen der PKS in Nachweisakten
Besonders kitzlig ist die Frage bei den PKS (Polizeiliche Kriminalitäts Statistik) Speicherungen , die im 29. Teilbericht des LfDI BaWü diskutiert weren. Diese Speicherungen dienen zur polizeilichen Kriminalstatistik, werden aber trotzdem im Auskunftssystem POLAS geführt. Wer sowas macht, schreckt fast sicher nicht davor zurück, Speicherfristen zurückzusetzen (und diese PKS-Fälle können sein das "Staatsanwaltschaft gesagt, irgendwas sei nicht strafbar gewesen").
29. TB LfD BaWü, 2.1/2.2.3,
Speicherfristen für die Vorgangsverwaltung der Polizei
Vorgangsverwaltungen speichern alles was beim Polizeialltag so passiert, d.h. auch Ordungswidrigkeiten oder die Anmeldung eines Infotisches. Dafür gibt es in der Regel (d.h.je nach Bundes oder Länderregelung) eine Speicherfrist von 1-5 jahren. Danach sollten die Daten in gelöscht werden. Nur bei einer Neueröffnung eines alten Vorganges können die Daten länger gespeichert werden (siehe Datenschutzbericht 21 von Bayern ).
Daten aus eingestellten Ermittlungsverfahren bei der Polizei
Im Prinzip sollen Daten, die nach §170 (2) StPO eingestellt wurden, gelöscht werden. Da nach §170 (2) die Staatsanwaltschaft vor einer Klageerhebung vor Gericht abgesehen hat. Bei §153 StPO ist das schon schwieriger, denn dort wurden die Verfahren erst vor dem Gericht eingestellt.
Speicherfristen bei der Staatsanwaltschaft
In Strafverfahren, die mit einem Urteil (ohne Freispruch) enden, erfolgt die Löschung aus dem ZStV bei gleichzeitiger sofortiger Eintragung der Urteilsdaten in das Bundeszentralregister. Wird der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, sind sie Daten nach zwei Jahren zu löschen. Wird in dieser Zeit jedoch ein weiteres Verfahren eröffnet, bleiben die alten Daten bis zur Löschung auch der neueren erhalten (§ 493 StPO).
Speicherfristen beim VS
In der Regel sollen die Daten 5 Jahre (Sicherheitsüberprüfung), 10 Jahre (Bestrebungen gegen die FDGO) oder 15 Jahre (bei Agententätigkeit für ein anderes Land oder gegen die Völkerverständigung) nach §12 Bundesverfassungsschutzgesetz nach dem letzten Eintrag gelöscht werden. D.h. nach den 5, 10 oder 15 Jahren wird der NADIS-Eintrag gelöscht, die korrespondierenden Sachakten werden in der Regel nicht vernichtet (denn da stehen noch andere Personen drin). Sogar die korrespondierenden Personenakten werden nur als Sachakten umbenannt, falls dort noch andere Personen erwähnt werden (zumindestens nach dem Handbuch des Verfassungsschutzrechts geschrieben von einer ehemaligen leitenden Mitarbeiterin des BfV).
Auskunftsrecht
Im Prinzip hat jeder nach §19 BDSG oder ähnlich lautenden Gesetzen der Länder das Recht auf Auskunft über die über seine Person gespeicherten Daten. Dieses Recht wird allerdings durch Ausnahmeregeln bei den Sicherheitsbehörden eingeschränkt (Innere Sicherheit, Rechte Dritter ..).
Vgl Auskunftsrecht.
Datensammeln
Die Strafprozessordnung, die Polizeigesetze, die Außenwirtschafts- und Zollgesetze, die Geheimdienstgesetze und das Gesetz zu Artikel 10 GG bieten eine Vielzahl von Gesetzenvorschriften zum /Datensammeln, aufgrund derer Sicherheitsbehörden und Geheimdienste nicht nur Täter, sondern auch Personen, die vermeintlich dem Täterumkreis zugeordnet werden, (auch präventiv) überwacht werden können. Die Überwachung geschieht dabei mit technischen Hilfsmitteln (siehe Überwachungstechnik ) oder klassisch durch Observation, Verdeckte Ermittler und V-Leute. Ganz besonders viele Rechte haben die Repressionsbehörden bei angeblichem Terrorismus, d.h. 129a Verfahren.
Weitere Links
ravenhorst Webseite -- mit einer Zusammenstellung der Gesetze zur Datenerhebung
Webseite der Datenaschutzbeauftragten -- mit einer Linksammlung aller irgendwie relevanten Gesetze
Webseite daten-speicherung -- mit allen Überwachungsgesetzen und dem Abstimmungsverhalten der Parteien
Ein paar halbwegs verständliche Worte zum Datenspeicherungsrecht nach der StPO -- vor allem §483ff (Speicherung), §487f (Übermittlung) und §489 (Löschung, Berichtigung, Sperrung), §491 (Auskunft).